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Grenzen(-los)?! Jugendsozialarbeit redet mit Zeitzeugen

Wenigentaft. Zu einem Gesprächsabend mit den Zeitzeugen Klaus Tiller (68), Geisa und Rainer Rothe (54), Ketten hatte die Jugendsozialarbeit des Caritasverbands für die Regionen Fulda und Geisa e.V. in das Dorfgemeinschaftshaus Wenigentaft eingeladen. „Grenzen (-los)?!“ sei die Veranstaltung genannt worden, weil nach 22 Jahren friedlicher Revolution ein Blick zurück in die Geschichte eines Staatssystems getan werden solle, das Menschen überwachte und die persönliche Freiheit einschränkte, in dem es aber auch Menschen gegeben habe, die sich mutig gegen das System aufgelehnt hätten, so Jugendsozialarbeiterin Silke Grosch (Caritas Geisa), die den Abend moderierte. Heute sei auch bei jungen Menschen eine Art „ Nostalgie – Ostalgie“ zu spüren und es stelle sich die Frage, warum sie sich nach einem totalitären repressiven Staatssystem zurücksehnten, das sie nie erlebt hätten.

Zeitzeuge Klaus Tiller schilderte sich als ängstlichen Menschen. Er habe sich in der ehemaligen DDR eine Nische gesucht und diese als Sozialarbeiter der Caritas in der Kirche gefunden. Es habe im DDR _ Regime nichts Gutes gegeben, weil alles unter ideologischen Vorzeichen gestanden habe. Obwohl ihm viele Dinge durch seine Arbeit in der Caritas erspart geblieben seien, so Klaus Tiller, konnte er doch an Beispielen aus seiner eigenen Familie und Ratsuchenden aufzeigen, wie Menschen unter dem System leiden mussten, weil ihnen Berufswege verwehrt oder sie bespitzelt wurden. Klaus Tiller war Initiator der Montagsdemonstrationen in Geisa gemeinsam mit dem zweiten Zeitzeugen Rainer Rothe und Siegfried Schilling, der heute in Rasdorf lebt.

Rainer Rothe, der aus der Nähe von Merseburg stammt, ist Lehrer an der Schule in Geisa. Als 17 jähriger war er wegen „Rowdytum“ inhaftiert worden. Er hatte bei einem Konzert der im Jahre 1975 verbotenen Musikgruppe „Klaus Renft Combo“ gegen das Vorgehen der Staatssicherheit protestiert. Die Haftbedingungen seien eine massive psychische Bedrohung gewesen wie nackt ausziehen, kahl geschoren und aus dem Schlaf gerissen werden mit nächtlichen Verhören. Nur weil sein Berufsschullehrer für ihn gebürgt habe, sei er nach 10 Tagen frei gekommen. Als Lehrer musste er sich weitestgehend anpassen. Trotzdem sei er mit Schülern zum Fußballspiel anstatt zur Rudi – Arnstadt – Gedenkfeier gefahren. Gute gab es für ihn bei der Vermittlung von naturwissenschaftlichem und mathematischem Lernstoff.

Die angeregte Diskussion zwischen Zuhörern und Zeitzeugen machte deutlich, dass es ein sinnvolles Unterfangen ist, mit Zeitzeugen die Vergangenheit zu bearbeiten. Dass betonten auch Bürgermeisterin Rosa Kind, Gesamtgemeinde Buttlar, und Christian Reuter, Borsch, seit 01.06.2012 Geschäftsführer des Caritasverbands für die Regionen Fulda und Geisa, die eigene Erlebnisse beisteuern konnten. Zum Abschluss betonte Rainer Rothe, dass Lehrer eine wichtige Rolle bei der Vermittlung geschichtlichem Wissen spielten und Klaus Tiller betonte, dass Fehler im Einigungsprozess uns „heute auf die Füße fallen“ würden. Wichtig sei auch welches Bild der DDR Großeltern und Eltern ihren Enkeln und Kindern vermitteln würden, betonte einer der jugendlichen Zuhörer.

Zu Beginn  war der Film „Zentrale des Terrors“, die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in Berlin Hohenschönhausen gezeigt worden.

Text und Fotos: Caritasverband für die Regionen Fulda und Geisa e.V., Winfried Möller(rcvfdge)

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