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Potential bei Beschäftigung von Frauen wird noch nicht ausreichend genutzt

Frankfurt am Main. Trotz aller Bemühungen der letzten Jahren durch Elterngeld, betriebliche Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, junge Mädchen und Frauen für MINT-Berufe zu interessieren oder dem gesetzlichen Anspruch auf einen Kitaplatz zeigt sich für Frauen: Ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt unterscheidet sich immer noch deutlich von der der Männer.  Obwohl in Hessen die Arbeitsmarktintegration von Frauen verbessert werden konnte, gibt es noch zu viele ungenutzte Potenziale, findet Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen:
„Trotz punktueller Verbesserungen gibt es weiterhin Handlungsbedarf. Auf der einen Seite bemühen sich Betriebe um Fachkräfte, auf der anderen Seite bietet die Personengruppe der Frauen ein erhebliches Potenzial. Arbeitslosigkeit zu beenden, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen oder regional mobil zu sein, ist häufig nur möglich, wenn eine entsprechende Kinderbetreuung gewährleistet ist und individuelle Arbeitszeitmodelle vorhanden sind. Viele gute Ansätze existieren bereits heute, jedoch müssen wir intensiv an einer Verbreitung arbeiten. Elternauszeiten dürfen nicht länger als KO-Kriterien in die Erwerbsbiografien von Frauen zementiert werden.“

Genderbericht der Regionaldirektion:
Arbeitsplatzgewinne vor allem aus Anstieg der Teilzeitbeschäftigung von Frauen

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Hessen hat in den letzten zehn Jahren insgesamt leicht zugenommen; von 2.192.552 im Juni 2002 auf 2.272.259 im Juni 2012. Die Arbeitsplatzgewinne resultierten dabei in den letzten Jahren vor allem aus der Zunahme der Teilzeitbeschäftigten. Obwohl sich die Zahl teilzeitbeschäftigter Männer seit 2001 stetig erhöht hat, betrifft Teilzeit in größerem Maße Frauen. Gingen 2001 noch 4,2 Prozent aller erwerbstätigen Männer in Hessen einer Teilzeitbeschäftigung nach, waren es 2011 bereits 6,9 Prozent. Dem gegenüber stehen Frauen mit einem Anteil von 37,1 Prozent (2001: 29,9 Prozent).
Die Beschäftigungsquote von Frauen lag 2012 in Hessen bei 48,6 Prozent, die der Männer bei 56,4 Prozent.

Frauen häufiger geringfügig beschäftigt
2012 waren 514.103 Frauen und Männer unter 65 Jahren geringfügig beschäftigt. 41,5 Prozent aller geringfügig Beschäftigten sind Frauen, die außer ihrem Minijob kein weiteres Erwerbseinkommen haben; bei den Männern sind es 18,8 Prozent. Die Zahl der Minijobs, die neben einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit ausgeübt werden, ist weiter gestiegen, seit 2003 um 122 Prozent.

Diese Entwicklung korrespondiert mit den Ergebnissen einer bundesweiten Umfrage (Statistisches Bundesamt, März 2012), nach der sich rund die Hälfte der Teilzeit- oder geringfügig beschäftigten Frauen eine Ausweitung ihrer Arbeitszeiten wünscht, die Ausübung einer ganztägigen Arbeit jedoch für jede fünfte Frau mit der Betreuung von Kindern und Angehörigen nicht vereinbar ist. Eine Ausweitung der individuellen Arbeitszeiten von Frauen würde einer möglichen Altersarmut vorbauen und den Beitrag von Frauen zum Haushaltseinkommen steigern (Beitrag Frauen: 19 Prozent des Paarhaushaltes mit Kindern zwischen drei und sechs Jahren laut BIB, Juli 2013)

Handlungsfelder der Beauftragten für Chancengleichheit (BCA)
Die Bundesagentur für Arbeit verfolgt die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Prinzip der Arbeitsförderung. Ihre Förderleistungen sollen insbesondere die berufliche Situation von Frauen verbessern, indem sie auf die Beseitigung bestehender Nachteile sowie auf die Überwindung eines geschlechtsspezifisch geprägten Ausbildungs- und Arbeitsmarktes hinwirkt. Frauen sollen entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit von Arbeitslosigkeit gefördert werden.

Die BCA der Agenturen arbeiten in Netzwerken und Kooperationen, beraten Arbeitgeber genauso wie Frauen, die einen Job suchen.. Das Angebot reicht von Telefonaktionen für Wiedereinsteigerinnen und Frauen-Info-Tage über Speed-Datings für Alleinerziehende mit Arbeitgebern zur Einrichtung von Fördermaßnahmen für arbeitslose Berufsrückkehrende, wie die „Perspektive Wiedereinstieg“. Es umfasst neue Kooperationen mit Mehrgenerationenhäusern und Familienzentren sowie die bewährte Zusammenarbeit mit den kommunalen Partnern.

IAB-Betriebspanel:
Weibliche Führungskräfte sind in Hessen rar
Immer wieder im Raum steht die Frage, inwieweit Frauen in Führungspositionen anzutreffen sind. Zum dritten Mal wurden im Rahmen des IAB-Betriebspanels die Betriebe 2012 erneut zu diesem Thema befragt, um Entwicklungen aufzuzeigen. Hierbei sind nur langsame Fortschritte zu verzeichnen, wie die Auswertung des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität zeigt:

In Hessen waren 2012 knapp 54.000 Frauen in der ersten Führungsebene eines Betriebs tätig. Dies entspricht einem Anteil von 26 Prozent, der damit gegenüber der letzten Befragung (2008) um drei Prozentpunkte gestiegen ist. Dies kann nicht als deutlicher Erfolg interpretiert werden, da der Frauenanteil auf der ersten Führungsebene im Jahr 2004 bereits bei 25 Prozent lag. Dennoch ist festzustellen, dass in mittelgroßen und größeren Betrieben ein Aufwärtstrend auszumachen ist. Der Frauenanteil in der ersten Führungsebene erhöhte sich in diesen Betriebsgrößenklassen um jeweils knapp zehn Prozentpunkte innerhalb der letzten acht Jahre, erreicht aber noch nicht den Umfang, wie er in Kleinst- und Kleinbetrieben anzutreffen ist.

Frauen in Führungspositionen sind eher in Wirtschaftszweigen mit ohnehin hohen Frauenanteilen zu finden. So arbeiten und führen im Bau- und Verarbeitenden Gewerbe nur wenige Frauen. Eine große Zahl an beschäftigten Frauen führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass sie auch an die Betriebsspitze gelangen: In vier von zehn Betrieben mit überdurchschnittlichem Frauenanteil gibt es keine einzige weibliche Führungskraft. Auf der zweiten Führungsebene liegt der Frauenanteil mit 39 Prozent deutlich höher als auf der ersten Führungsebene.

Kaum Maßnahmen zur Chancengleichheit
69 Prozent der befragten Betriebe sind nicht aktiv bei Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern. Am ehesten wird auf familiäre Betreuungspflichten Rücksicht genommen. So sieht jeder vierte hessische Betrieb Unterstützungen –  z.B. in Form von flexiblen Arbeitszeitregelungen –  vor. Auch Angebote an Beschäftigte in Elternzeit sind mit knapp zehn Prozent noch relativ verbreitet. Deutlich seltener finden sich Maßnahmen, die unmittelbares betriebliches Engagement erfordern, wie die direkte Unterstützung der Kinderbetreuung oder die gezielte innerbetriebliche Förderung von Frauen. In den letzten vier Jahren haben sich leichte Verbesserungen ergeben. So stieg der Anteil der Betriebe, der Angebote an Beschäftigte in Elternzeit macht, deutlich, und der vor vier Jahren noch kaum messbare Anteil an Betrieben, die sich bei der Kinderbetreuung engagieren, stieg auf fünf Prozent.

Fazit: Weder auf der ersten noch auf der zweiten Führungsebene ist es in den letzten acht Jahren gelungen, über alle Betriebsgrößen hinweg den Anteil der Frauen deutlich zu steigern. Auf der ersten und zweiten Führungsebene konnten nur Großbetriebe den Frauenanteil deutlich ausbauen; auf der ersten Führungsebene konnten kleine und mittlere Unternehmen den Frauenanteil etwas steigern. Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit werden nach wie vor nur von einem kleinen Teil der Betriebe angeboten.

Fachkräftekommission:
Frauen stellen großes Potential bei Bekämpfung der Fachkräftelücke

Die Handlungsempfehlungen der Fachkräftekommission Hessen bleiben angesichts der aktuellen Beschäftigungssituation von Frauen somit als wichtige Meilensteine zur Bekämpfung des Fachkräftebedarfs bestehen. Die Fachkräftekommission kam zu dem Ergebnis, dass zu wenige Frauen ihr gewünschtes Arbeitszeitvolumen realisieren können. Um Frauen das Arbeitszeitvolumen anbieten zu können, das ihren individuellen Lebenssituationen entspricht, müssten einige gesellschaftspolitische Veränderungen vorangetrieben werden.

Als Handlungsempfehlungen wurden u.a. durch die Fachkräftekommission formuliert:

• Deutlicher Ausbau verlässlicher Betreuungsangebote (mit langen Öffnungszeiten, Notbetreuung etc.)
• Erweiterung des Angebots familienunterstützender Maßnahmen (Fortbildungen, haushaltsnahe Dienstleistungen etc.)
• Verstärkte Sensibilisierung von Frauen bei der Berufs- und Studienwahl (Berufsorientierung, Lernangebote an Schulen etc.)
• Vermeidung von Ungleichbehandlung bei Entlohnungsstrukturen und Förderung von Aufstiegsmöglichkeiten (z.B. durch Einsatz von Prüfinstrumenten, Klauseln wie „bei gleicher Eignung werden Frauen bevorzugt“).

„Es zeigt sich, so Frank Martin abschließend, dass mit einer Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen dem Fachkräfteproblem aktiv entgegen gewirkt werden kann.“

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