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Tiefe Abneigung gegen jede Form von Gewalt gefordert

Fulda (bpf). Zur konkreten Mitarbeit an Gottes „Reich des Friedens“ hat der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen am Freitag die Gläubigen bei einem ökumenischen Gottesdienst im Fuldaer Dom aufgerufen. In dem Gottesdienst, den der Oberhirte gemeinsam mit dem evangelischen Bischof Dr. Martin Hein (Kassel) anläßlich des 18. Nationalen Kongresses der International Police Association hielt, mahnte Algermissen an, jeder solle seinen Mitmenschen „eine tiefe Abneigung gegen jede Form von Gewalt“ einpflanzen.

Kriege fallen nicht vom Himmel

„Jede Gewalt quält den Körper und demütigt den Geist. Sie fängt in Familie und Schule an und hört auf dem Schlachtfeld auf. Kriege fallen nicht vom Himmel.“ Lange, bevor Gewalt und Krieg ausbrächen, hätten sie schon Eingang gefunden in die Herzen der Menschen. Gewalt und Krieg bezeichnete der Bischof als Ausbrüche jener Emotionen und Theorien, „die zuvor in unseren eigenen Köpfen und Herzen vergiftend gewirkt haben“.

Den Frieden bauen bedeute laut Algermissen aber nicht, zu allem Ja und Amen zu sagen und um des lieben Friedens willen „dauernd fünf gerade sein zu lassen“. Es könne auch einmal heißen, ungehorsam zu sein. „Denn immer dann, wenn der Ruf nach Ruhe und Ordnung das Übel beschwichtigt, verfault der Friede“, gab der Bischof zu bedenken. Wer den Frieden wolle, dürfe die Auseinandersetzung um Wahrheit und Gerechtigkeit nicht scheuen, sondern müsse mit den Konflikten leben, um den Krieg zu verhindern. Ein jeder müsse sich in der Gesellschaft engagieren und politisch aktiv werden. „Politik verdirbt nicht den Charakter, schlechte Charaktere verderben vielmehr unsere Politik“, zeigte sich Algermissen überzeugt.

Zu Anfang hatte der Oberhirte an die Szene der Geburt eines Kindes aus der Sicht eines Vaters in Ingeborg Bachmanns Erzählung „Alles“ erinnert. Sie gehe darin den Träumen eines Menschen nach, der an der Verlogenheit und Sinnleere einer verwalteten und verplanten Gesellschaft bis zum Ekel leide und seinen Lebenstraum am Sohn verwirklichen wolle. „Er war der erste Mensch. Mit ihm fing alles an, und es war nicht gesagt, daß alles nicht auch ganz anders werden könnte“, habe dieser Mann an der Wiege des Säuglings gesonnen. So hofften viele Menschen beim Anblick eines Neugeborenen. Aber in all die Dankbarkeit und Freude mische sich nach Algermissen doch auch Traurigkeit, die aus dem Wissen rühre, daß „von uns her sich nichts Wesentliches verändern wird; daß wir unsere Kinder die gleiche Sprache von Eigensucht und Neid, Angriffslust und Lüge lehren werden, wie es die Generationen vor uns getan haben“.

Der „kleine Prinz“ als Vision

Dennoch stürben die Hoffnung und Wünsche der Menschen nicht, sondern immer wieder träumten Menschen auf ähnliche Weise von einem Kind, das die Rettung der Welt bedeute, die an ihrer Unfähigkeit zu lieben zu ersticken drohe. In Michael Endes „Unendliche Geschichte“ sei es die Gestalt der „kindlichen Kaiserin“, die dem Sog des „Großen Nichts“ Einhalt gebieten solle. Bei Saint-Exupéry setze der „Kleine Prinz“ dem Lärm der Managerwelt, der Hektik der in eitler Selbstdarstellung Befangenen und Verzweifelten die „Waffe“ eines schlichten Vertrauens und der Wahrheit entgegen. Das seien Visionen, wie sie von Sehern aller Zeiten geboren würden, in immer neuen Varianten und Gestalten.

„Es sind Lichtblicke in bedrohter Zeit, Hoffnungsfunken in Finsternis und Todesdunkel. Sie werden heraufgeholt aus den Tiefen der Seele, in die hinein Gott die Umrisse solcher Hoffnungsgestalten gelegt hat.“ Der Traum vom „göttlichen Kind“ sei aber viel mehr als ein Zeugnis der Sehnsucht, zeigte sich der Bischof überzeugt. „Er ist das in unseren Herzen verankerte Vorausbild eines Daseins, das erlöst ist.“

Solche Erlösung und daraus Trost habe auch Jesaja, ein Prophet des 8. Jahrhunderts vor Christus, erfahren, wie eine Vision zeige, deren Glanz bis heute nicht erloschen sei. In der Zeit der Bruderkriege, inmitten von Waffengeklirr und „dröhnenden Soldatenstiefeln“, komme ihm, der wie ein Späher nach Gott ausschaue, aus der Tiefe seines Herzens eine Gestalt entgegen: ein Urbild vom heilen, aus aller Angst befreiten Menschsein.

„Ihm geht ein Licht auf, wie ein möglicher Neubeginn der Menschheit aussehen könnte: Mitten im Kriegsgetümmel sieht er in der Gestalt des ‚Gott mit uns‘ einen Ausweg.“ Als „die Zeit erfüllt war“, sei einer gekommen, der dieses prophetische Gesicht des Jesaja Schritt für Schritt in die Wirklichkeit umsetzte: „Jesus, der Heiland der Welt, hat in seinem Leben Wirklichkeit werden lassen, wovon die Seele eines jeden Menschen, sofern sie noch halbwegs gesund ist, ahnend träumt“. Mit diesem Licht einher und als dessen Zeichen werde ein umfassender Friede geschenkt

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