Logo

„Burnout-Verhinderung“ war ein heiß diskutiertes Thema beim UnternehmensNetz der Vogelsberg Consult

AuditoriumVogelsbergkreis. Wer Fachkräfte an sein Unternehmen binden und neue gewinnen will, der muss auch im Vogelsbergkreis einiges „auf dem Schirm“ haben. Hierzu gehören auch – seit jeher – Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neu – seit 1. Januar 2014 – ist: jeder Betrieb muss die Arbeitsplätze auf Gefährdung durch psychische Belastungen untersuchen. Darauf machte eine Veranstaltung der Qualifizierungsoffensive Vogelsberg (Vogelsberg Consult GmbH) im Rahmen ihres „UnternehmensNetzes Vogelsberg“ auf dem Hoherodskopf aufmerksam, teilt VBC-Geschäftsführer Thomas Schaumberg in einer Pressemitteilung mit.

Die Rechtsanwältin und Leiterin des Burnout-Helpcenter Frankfurt, Nadja Lins, erläuterte die neuen Anforderungen aus dem Arbeitsschutzgesetz – und erntete zum Teil Ungläubigkeit bis Fassungslosigkeit bei den rund 20 Vertreterinnen und Vertretern heimischer Unternehmen. Denn der erweiterte § 5 III Nr. 6 ArbSchG hat es in sich: Jedes Unternehmen (ab einer 400-Euro-Kraft) muss nun bei der Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung, auch die psychische Belastung bei der Arbeit ermitteln.

Die Referentin erklärte gegenüber den anwesenden Unternehmern den Hintergrund der gesetzlichen Erweiterung u.a. damit, dass in den vergangenen Jahren die Krankenkassen aufgrund drastisch steigender Zahlen bei psychischen Erkrankungen eine hohe Kostenexplosion zu verzeichnen hatten. Verständlicherweise würden diese nun hoffen, dass die Unternehmen durch die psychische Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze (nicht der Mitarbeiter!) ihren Teil dazu beitragen, dass die Mitarbeiter gesund blieben. Aufgrund der Tatsache, dass diese psychische Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze nun gesetzlich im Arbeitsschutz verankert sei, hätten die Kassen zumindest theoretisch die Möglichkeit, die Unternehmen, die eine solche psychische Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt haben, an den Kosten anteilig zu beteiligen, die durch die Krankmeldung oder Frühverrentung entstanden sind.

Grundsätzlich jedoch sei die Gewerbeaufsicht für die Überprüfung von Arbeitsschutzmaßnahmen und damit auch für eine solche psychische Gefährdungsbeurteilung zuständig. Wer Unternehmer sei, der komme um eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen gemäß § 5 ArbSchG nicht herum, so die Expertin, und damit auch nicht um eine Beurteilung der psychischen Belastungen bei der Arbeit. Nicht immer ganz leicht für den Unternehmer sei, dass der Gesetzgeber zwar die Gefährdungsbeurteilung präzise verankert habe, jedoch die Art der Umsetzung in das Ermessen der Unternehmer gelegt habe, § 3 ArbSchG.

Sofern der Unternehmer sowohl einer gewerbeamtlichen Überprüfung, als auch einer Krankmeldung seiner Mitarbeiter sicher entgegen treten möchte, käme er um ein solches Audit nicht herum. Unterstützung bei einer solchen psychischen Gefährdungsbeurteilung würden verschiedene Dienstleister anbieten.

Nadja Lins zeigte viel Verständnis für das Unverständnis der anwesenden Unternehmer, riet ihnen aber dennoch zu einer solche psychischen Gefährdungsbeurteilung und dazu, die Herausforderung auch als Chance zu sehen, die tatsächlichen Belastungen zu erkennen und am Ende die Arbeitsproduktivität durch höhere Arbeitszufriedenheit noch zu erhöhen. Wörtlich sagte die Beraterin: „Ich bin überzeugt, dass jene Unternehmen, die sich durch wirkungsvolle und transparente Führungskompetenzen und effiziente Maßnahmen im Gesundheitsmanagement hervortun, wesentlich weniger Fachkräfteprobleme haben werden“.

Im zweiten Teil ihres Vortrags widmete sich Nadja Lins den Anzeichen für psychische Verstimmungen und den Symptomen des Burnouts, die überall in der Gesellschaft in der Tat deutlich auf dem Vormarsch seien. Welche Konsequenzen hat Stress im Alltag – auch auf die Arbeitsleistung selbst? Das Gefühl, keinen Einfluss mehr auf das eigene Leben zu haben, unter Versagensängste im Alltag zu leiden und Zukunftsängste im Beruf zu haben, sei als Beispiel kennzeichnend. Schlechte Aufnahmefähigkeit, schlechte Konzentration, hohe körperliche Anspannung, kein lockeres Handeln mehr möglich, Körpersignale wie Tinnitus, hoher Blutdruck – all dies führe zu weiteren körperlichen Beschwerden bis hin zu ernsthaften Erkrankungen. Lins ermutigte die Zuhörer darin, die Sensibilität gegenüber sich selbst, den Kollegen und Mitmenschen zu erhöhen und ggf. auch Unterstützung anzubieten.

Woran kann ich bei mir selbst, aber auch bei meinen Kollegen/Freunden erkennen, ob eine Burnout-Gefährdung vorliegt? Hier unterscheide die Wissenschaft sehr viele eskalierende Stufen (z.B. Freudenberger-Modell). Es beginne häufig mit dem Zwang, sich beweisen zu müssen – eigene Bedürfnisse würden zu schnell zurückgestellt, Konflikte würden teilweise verdrängt, Fehler nähmen zu und wichtige Werte würden nach und nach „umgedeutet“.

Eine der obersten Stufen sei der völlige Burnout, eine totale, geistige, körperliche und emotionale Erschöpfung, die nicht selten in eine Depression münde. Die Erschöpfung und die Symptome könnten nicht nur auf die Arbeit, sondern natürlich auch auf familiäre und andere privaten Umstände zurückzuführen sein. Auch sei es sehr wichtig, sich frühzeitig mit den Symptomen zu beschäftigen und rechtzeitig Unterstützung oder ärztliche Fachhilfe in Anspruch zu nehmen bzw. dies seinem Mitmenschen anzubieten.

Es war bereits die zweite Veranstaltung zum Leitthema „Fachkräftesicherung“; zwei weitere werden noch folgen, informierten Andrea Ortstadt und Matthias Steckenreuter. Sie sind im Vogelsbergkreis für die Qualifizierungsoffensive zuständig, die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie des Landes Hessen finanziell unterstützt und von der Vogelsberg Consult GmbH umgesetzt wird.

Informationen gibt es bei der Vogelsberg Consult, Telefon 06631 / 9616-0

Categories:

Alle Nachrichten, Gesundheit & Medizin