Logo

ANONYMA – Eine Frau in Berlin

Fulda. Ein besonderer Film läuft am 23. Oktober 2008 bundesweit in den Kinos an – auch bei uns in Fulda im Cinestar. Er packt ein heißes Eisen an – die massenhaften Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen in Kriegszeiten – hier am Beispiel der Zeit von April bis Juni 1945.Es ist gut, dass dieses Tabu aufgebrochen wird. Der Film wird sicherlich den meisten aus unterschiedlichsten Gründen unter die Haut gehen. Weil es oft leichter ist, schwierige Themen gemeinsam anzugehen, möchte das Netzwerk gegen sexuelle Gewalt Fulda einen Rahmen dafür bieten. Am Mittwoch, 29.10.2008 laden wir im Anschluss an die 17.00 Uhr-Vorstellung zum Gespräch über die Thematik ein. Dabei sind Vertreterinnen der „Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt“ des Sozialdienst katholischer Frauen e.V. der „Beratungsstelle für selbstbestimmte Sexualität“ von Pro Familia sowie des Frauenbüros der Stadt Fulda präsent.
Schauen Sie sich den Film mit uns an und werben Sie dafür in Ihrem beruflichen und privaten Umfeld. So helfen Sie mit, dieses Tabu zu brechen.

Aus der Rezension von Monika Gerstendörfer: „In jedem Falle hat ANONYMA einen sehr, sehr hohen Anspruch! An sich selbst und an die Zuschauenden. Es ist definitiv kein Kriegsfilm. Es ist ein umfassendes globales Drama, das den Irrsinn der Gewalt gegen Frauen von gestern, heute und morgen an einem Beispiel mutig, unerschrocken und schonungslos aufzeigt, und uns damit die Hand reicht, damit wir endlich etwas kapieren!“

Zum Thema:
Es ist ein letztes großes Tabu des 2. Weltkrieges. Bis heute gibt es – auch in der Wissenschaft – darüber nur wenige Veröffentlichungen und keine verlässlichen Zahlen.

Hunderttausende Frauen sind vor allem im Osten Deutschlands in den letzten Kriegswochen vergewaltigt worden. Manche Schätzungen bewegen sich zwischen einer und zwei Millionen, zuverlässig sind sie nicht. Wie sollten sie auch, denn kaum jemand hat darüber öffentlich gesprochen, am wenigsten die Frauen selbst. Sie scheuten verständlicherweise die Auseinandersetzung mit diesem Thema, da die Gewalt, die ihnen angetan wurde, im „normalen Denken“ immer mit Schande für das Opfer verbunden war.

An dieser Bewertung hat sich bis heute zwar glücklicherweise einiges geändert, aber in manchen Strafprozessen begegnen Opfer sexueller Gewalt noch immer einer solchen Denkweise. In den neunziger Jahren haben uns die Massenvergewaltigungen im ehemaligen Jugoslawien wieder hautnah mit dem Thema konfrontiert. Darüber hinaus ist uns bewusst, dass auch heute noch Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten weltweit vergewaltigt und gedemütigt werden.
Der UN-Sicherheitsrat hat Ende Juni 2008 einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der er das Ende der sexuellen Gewalt gegen Frauen und Mädchen in bewaffneten Kriegen fordert.

Der Kinofilm „Anonyma – eine Frau in Berlin“ setzt sich authentisch mit den Gewalterfahrungen der Frauen auseinander. Er basiert auf den Tagebuchaufzeichnungen einer jungen Journalistin, die das Erlebte und Erlittene zwischen April und Juni 1945 aufgeschrieben hat. Sie hat es für ihren Mann aufgezeichnet, der es nach seiner Rückkehr aus dem Krieg lesen sollte. Er las es tatsächlich – doch alles was ihm dazu einfiel waren abfällige Worte „Wie schamlos Ihr seid“.

Sogar in den Familien gab es so etwas wie einen Schweigebann. So groß wie das Leid war die Scham, auch und gerade dem eigenen Mann, den eigenen Kindern gegenüber. Der Zwiespalt der betroffenen Frauen steigerte sich ins Unermessliche, wenn aus diesem Gewaltakt dann auch noch eine Schwangerschaft folgte.

Das Drama der Frauen, die schweigen „mussten“, taucht heute wieder auf in Situationen, die in gewissem Sinne eine Retraumatisierung darstellen. In allen Situationen, die an das „Ausgeliefertsein“ erinnern (z. B. in Pflegesituationen) greifen plötzlich die jahrzehntelang geübten Bewältigungsstrategien der Opfer nicht mehr. Das ist besonders tragisch, wenn es dazu führt, dass wieder der Frau die „Schuld“ zugeschrieben wird, dass sie hysterisch reagiert bzw. nicht „kooperiert“.

Für das Netzwerk gegen sexuelle Gewalt:
Birgit Schmidt-Hahnel (Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt, SkF)
Hildegard Hast (Frauenbüro der Stadt Fulda)
In Kooperation mit Theaterleiter Frank Kasper (Cinestar)

Categories:

Alle Nachrichten, Bildung & Jobsuche