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„Klebeeffekt“ nach dem Praktikum – ArbeitsCoach Claudia Limpert-Kessler lobt die gute Kooperation zwischen Erich-Kästner-Schule und Betrieben in Hilders

Das Spektrum beim Autohaus Weber ist groß genug, dass Andreas Müller (2.v.r.) mit allen Facetten seines Lehrberufes wie Lagertätigkeit, bürowirtschaftlichen Abläufen oder Reinigen unterschiedlicher Materialien vertraut gemacht werden kann. Foto: M. Traber

Das Spektrum beim Autohaus Weber ist groß genug, dass Andreas Müller (2.v.r.) mit allen Facetten seines Lehrberufes wie Lagertätigkeit, bürowirtschaftlichen Abläufen oder Reinigen unterschiedlicher Materialien vertraut gemacht werden kann.
Foto: M. Traber

Hilders/Tann-Neuswarts. Eigentlich war Andreas Müllers Traumberuf Landwirt. Doch dann bekam der Schüler der Hilderser Erich-Kästner-Schule, Förderschule für Lernhilfe, ein Angebot vom Autohaus Weber: Der Hilderser Betrieb suchte einen zuverlässigen Mitarbeiter für die Fahrzeug-Aufbereitung in der Waschhalle.

Ein Angestellter hatte den Förderschüler, der im 9. Schuljahr ein dreiwöchiges Praktikum in dem Unternehmen absolviert hatte, in guter Erinnerung behalten und empfahl ihn beim Chef für die Tätigkeit. „Dafür ist nicht jeder geeignet: Wir bereiten teilweise sehr hochwertige Wagen auf. Das erfordert Sorgfalt, ein Auge für Details und vor allem Liebe zu Autos“, betont Geschäftsinhaber Thomas Weber.

Er wandte sich an Claudia Limpert-Kessler, die als ArbeitsCoach des Landkreises Fulda für die Hilderser Mittelpunktschule und die Erich-Kästner-Schule zuständig ist und die Schülerinnen und Schüler berufsorientiert ab der 7. Klasse begleitet. Dazu gehört auch die Betreuung während der Praktika. Als Schnittstelle zwischen den Betrieben, Ausbildungsträgern, der Agentur für Arbeit und den Schulen ist sie mit den verschiedenen Möglichkeiten des Ausbildungsmarktes bestens vertraut und stellte einen Kontakt zur Firma Grümel her. Denn die gemeinnützige GmbH bietet sieben verschiedene Berufsausbildungen speziell für lernschwache oder anderweitig benachteiligte junge Menschen an, darunter die Lehre zum Fachpraktiker, beziehungsweise zur Fachpraktikerin für Verkaufsvorbereitung.

Diese deutschlandweit einmalige Reha-Ausbildung wurde vor zwölf Jahren von Grümel ins Leben gerufen und soll dazu befähigen, Waren aller Art wie Fahrzeuge, Lebensmittel oder Möbel für den Verkauf herzurichten. Ein Motiv war, für Schulabgänger, die gerne Kfz-Mechatroniker lernen wollten, damit jedoch überfordert gewesen wären, eine Möglichkeit zu schaffen, in der begehrten Automobilbranche zu arbeiten.

Normalerweise kooperiert die Gesellschaft für diese Ausbildung mit Betrieben aus verschiedenen Bereichen, doch Andreas Müller wird, abgesehen von Phasen bei Grümel, ausschließlich bei Weber lernen. „Das Spektrum dort ist groß genug, um Andreas mit allen Facetten des Berufs wie Lagertätigkeit, bürowirtschaftlichen Abläufen oder dem Reinigen ganz unterschiedlicher Materialien vertraut zu machen“, erläutert Karina Herold, Sozialpädagogin bei Grümel. Die ersten zwei Monate seiner Ausbildung verbringt der im Tanner Stadtteil Neuswarts wohnende Jugendliche in Fulda bei Grümel.

Im November wechselt er ins Hilderser Autohaus. Auch dann wird er weiterhin von seinem Ausbildungsträger fachlich und sozialpädagogisch begleitet, sei es in Form von Stützunterricht für die Berufsschule oder bei der Vorbereitung auf die für den Beruf erforderliche Führerscheinprüfung. Finanziert wird die Reha-Ausbildung von der Bundesagentur für Arbeit.

„Es liegt an dir, was du aus deinem Leben machst“, wendet sich Thomas Weber an den freundlich und zuvorkommend auftretenden 18-Jährigen. Er sagt von sich selbst, dass er gerne junge Leute dabei unterstütze, selbstständig zu werden und ihr Leben in die Hand zu nehmen. Perfekt müsse bei ihm niemand sein, er ist Menschen mit Ecken und Kanten gewohnt. „Wir hatten schon Auszubildende, die in der Theorie hervorragend waren, aber praktisch nicht einsetzbar und umgekehrt“, berichtet er von seinen Erfahrungen. „Die meisten haben dann ihren Weg gefunden, vielleicht, weil wir ihnen eine Chance und ein Selbstwertgefühl geben konnten.“

Claudia Limpert-Kessler äußert sich froh über die ihrer Ansicht nach sehr gute Kooperation zwischen Schulen und ortsansässigen Unternehmen, die in den vergangenen Jahren immer mehr ausgeweitet worden sei. Sie hebt Thomas Webers Engagement hervor, der stets aufs Neue für ihre Schülerinnen und Schüler Praktikumsplätze zur Verfügung stelle. „Wir sind auf die Betriebe angewiesen“, sagt sie. Die Praktika seien besonders für die Förderschüler wichtig, weil diese schulisch wenige Erfolgserlebnisse zu verbuchen hätten und dann in der Praxis ihre Fähigkeiten zeigen könnten. „Wir hoffen dabei auf den Klebeeffekt“, formuliert Limpert-Kessler.

Karina Herold lobt, dass Andreas Müller sehr gut in die Ausbildung gestartet sei. Seine Chancen, in knapp drei Jahren in dem Autohaus übernommen zu werden, stehen gut: „Jeder unserer Angestellten hat auch schon bei uns gelernt“, berichtet Thomas Weber. Wenn der junge Mann dann noch seinen Führerschein in der Tasche hat, ist er seinem Traum von einem eigenen Audi ganz nahe. Und der Landwirtschaft möchte er sich weiterhin in seiner Freizeit auf dem elterlichen Hof eines Freundes widmen.

 

 

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