Logo

Bischof Algermissen predigte an Weihnachten im Fuldaer Dom – „Im menschlichen Dasein spiegelt sich Gottes Antlitz“

Fulda (bpf). „Gott bekräftigt in seiner Menschwerdung, dass der Mensch als Gottes Bild und Gleichnis erschaffen wurde – er begründet so die Würde des menschlichen Lebens unter allen Umständen.“ Dieses stellte Bischof Heinz Josef Algermissen an Weihnachten in einem festlichen Gottesdienst im Hohen Dom zu Fulda heraus. Gott komme in die menschliche Armut; er kenne Einsamkeit, Angst, Schmerzen und den Tod. „In jeder Phase des menschlichen Daseins, vom Embryo bis hin zum Sterbenden, spiegelt sich nun Gottes Antlitz.“ Jeder Mensch sei eine Spur von Gottes Herrlichkeit.

Das christliche Menschenbild als Grundlage des modernen Staates.

Eine Vielzahl von heute als „staatliche Aufgaben“ wahrgenommenen Tätigkeiten hätten sich aus diesem christlichen Bild vom Menschen zuerst im Raum der Kirche entwickelt, hob der Oberhirte hervor. Erziehung und Bildung, auch besonders die Sorge für Arme, Kranke und Sterbende gehörten wesentlich dazu. Zweifellos habe das jüdisch-christliche Menschenbild mehr als nur die europäische Geschichte geprägt, denn auch der moderne Rechts-, Sozial- und Kulturstaat sei davon beeinflusst. Wo solche Zusammenhänge im säkularen Staat so gut wie nicht mehr bewusst seien, gebe es dennoch Spuren, „vergleichbar mit einem Kreuz, das man von der Wand nimmt und das doch seinen Abdruck hinterlässt“. Heinrich Böll schrieb vor 50 Jahren, in einer christlichen Welt gebe es immer noch „Raum für die, denen keine heidnische Welt je Raum gab: für Krüppel und Kranke, Alte und Schwache; und mehr noch als Raum gab es für sie: Liebe – für die, die der heidnischen wie der gottlosen Welt nutzlos erschienen und erscheinen“.

Das Wort von der Würde des Menschen sei wie kein anderes in der Diskussion um aktive Sterbehilfe oder assistierten Suizid in aller Munde. „Viele berufen sich darauf und nehmen sie für sich und ihre mitunter ideologischen Ziele in Anspruch“, gab der Bischof zu bedenken. „Sie sprechen über Würde, aber meinen sie auch das, was sie sagen? Jedenfalls ist die Würde, die unserem Glauben entspricht, grundsätzlich zum Menschen gehörend und unumstößlich; keinesfalls abhängig von ‚Selbstbestimmung‘, wie das einige Politiker behaupten.“ Es stelle sich die Frage, ob man die Würde des Menschen überhaupt achten könne, wenn man verlernt habe, dass „es einen Schöpfer und Erlöser gibt, der das Drama des Menschen zu einem guten Ende bringt“. In den Weihnachtsikonen der Ostkirche sei die Krippe zumeist wie ein steinernes Gebilde dargestellt. Das zeichne laut Bischof Algermissen dem Kind von Anfang an den Weg vor, der zum Altar des Kreuzes führen werde. „Der Zusammenhang von Menschwerdung und Kreuz wird noch dadurch unterstrichen, dass das Kind fast immer fest eingeschnürt ist und somit bereits ein Hinweis auf die Grablegung nahe gelegt wird.“ Das östliche Weihnachtsbild verkünde die befreiende Botschaft, dass Christus bereits in seiner Menschwerdung in die Tiefe der Todeswelt hinabgestiegen sei, in der die Menschheit auf das Licht von oben sehnsüchtig warte.

Zu Beginn seiner Predigt hatte Algermissen daran erinnert, dass der Evangelist Johannes „die vertrauten und liebenswerten Begebenheiten der Geburt Jesu im Stall zu Bethlehem“ in die Sphäre des Geheimnisses entrückt habe. Seine „feierlich-strenge Perspektive“ sei geeignet, einem die Augen zu öffnen für die entscheidende Dimension und für die Abgründe dessen, was in der Heiligen Nacht geschehen sei. Das Johannes-Evangelium gehöre seit alter Zeit in den Zenit der Weihnachtsliturgie, denn es enthalte den entscheidenden Satz: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1, 14). „Damit kommen wir auf den eigentlichen Kern des Weihnachtsfestes. Denn wir feiern nicht einfach den Geburtstag irgendeines großen Mannes der Weltgeschichte, wie es deren viele gab. Die frühe Kirche feierte in einer heidnischen Umwelt Weihnachten vielmehr als das Fest des neuen Lichtes und der neuen Sonne, des Siegers über Sünde und Tod: das Fest der Geburt Jesu Christi.“ Von diesem geschichtlichen Ursprung des Festes her werde deutlich, dass es ein energischer Protest gegen Götter und Götzen, gegen Mächte und Gewalten war. Damit hätten die Christen ihre Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass Jesus Christus wirklich „Gott von Gott, Licht vom Licht“ sei und dass in ihm der wahre Sinn unseres menschlichen Lebens in die Welt gekommen sei“, hob Algermissen hervor.

Bei dem festlichen Gottesdienst, der als lateinisches Hochamt gefeiert wurde, sang der Domchor unter Leitung von Domkapellmeister Franz-Peter Huber Teile aus der „Messe in D“ von O. Nicolai, Chorsätze von C.-M. Widor und F. Mendelssohn-Bartholdy; das Domorchester wirkte mit, und an der Domorgel spielte Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser.

Categories:

Alle Nachrichten, Kirche, Topthema