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Sportlich in die Zukunft: Jörg Meinhardt stärkt benachteiligte Jugendliche – Landkreis Fulda ist an Bord

Basketball ist eine der Möglichkeiten, Alleingänger in der Gruppe zu integrieren.   Foto: M. Traber…

Basketball ist eine der Möglichkeiten, Alleingänger in der Gruppe zu integrieren.
Foto: M. Traber…

FULDA. Dehnübungen stehen auf dem Programm. Die Beine sind durchgestreckt, mit ihren Händen müssen die Jugendlichen möglichst weit bis Richtung Füße kommen. Anschließend wird jeweils ein Bein hinter dem Körper angewinkelt, bis der Oberschenkel schmerzt. Die ersten stöhnen. Doch dann bringt Jörg Meinhardt endlich auch einen Ball ins Spiel.

„Jugendliche werden durch Sport aufgefangen“, erklärt er die Philosophie hinter dem Projekt. Der 50-Jährige arbeitet bei Perspektiva mit benachteiligten Jugendliche, um diese für den Arbeitsmarkt fit zu machen, ihnen eine langfristige Perspektive zu bieten und ihre Persönlichkeit zu stärken. Das gelingt in der Regel nicht von heute auf morgen, aber die bisherigen Erfolge können sich sehen lassen. Meinhardt kümmert sich im Schnitt um 10 bis 15 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 16 und 35 Jahren und arbeitet dabei eng mit Trägern wie Grümel und AWO sowie den Schulen zusammen.

Das wöchentliche Pensum umfasst jeweils einmal Sport und Schwimmen. Schwerpunkte sind körperliche Stabilisation, Laufen, Spielen, Ausdauertraining und das Kräftigen der Rückenmuskulatur. „Speziell beim Schwimmen werden Muskeln bewegt, von denen viele Jugendliche gar nicht wussten, dass es diese überhaupt gibt“, erzählt der Fuldaer schmunzelnd. Während der Einheiten sucht Meinhardt zudem das persönliche Gespräch und bezieht Pädagogen mit ein. Auch eine gesunde Ernährung wird thematisiert.

Neben der Verbesserung der körperlichen Fitness fördert der Sport zentrale soziale Komponenten. „Es geht darum, Regeln einzuhalten und Alleingänger in die Gruppe zu integrieren.“ Dies wird beispielsweise beim Basketball trainiert, indem nach nur wenigen Schritten ein Pass zum Mitspieler erfolgen muss. Positiver Nebeneffekt: „Jugendliche sollen etwas machen, bei dem sie akzeptiert werden“, betont Meinhardt. Auch hier biete Sport den perfekten Rahmen. Wer Sport treibe, treffe Gleichgesinnte, werde aufgefangen und lerne zu kommunizieren. „Akzeptanz tut gut!“

Für eine zweite Gruppe bietet Meinhardt gemeinsam mit einer Fuldaer Kickbox-Schule ein wöchentliches Anti-Aggressions-Training an. Hieran können Jugendliche teilnehmen, die ein hohes Aggressionspotenzial aufweisen und Probleme mit der Disziplin haben. Der Coach selbst schaut sich mögliche Kandidaten im Schulsport-Unterricht an, um sich ein eigenes Urteil zu bilden. Wichtig: In den Übungseinheiten wird auf jeglichen Körperkontakt verzichtet. Dafür holen die Trainer aus ihren Schützlingen körperlich alles raus.

„Wir bringen die Jugendlichen an ihr absolutes Limit und fahren sie komplett herunter“, erklärt Meinhardt den Trainingsansatz. Wer immer dabei ist und sich engagiert, erhält einen besonderen Bonus und darf das Fitnessstudio zusätzlich zwei Mal pro Woche kostenlos nutzen. Andererseits legt Meinhardt Wert auf höchste Disziplin: Einfach so fehlen ist nicht drin, umgehende Entschuldigungen oder Abmeldungen im Vorfeld sind Pflicht. Auch so werden die Jugendlichen auf die Anforderungen im Berufsleben vorbereitet.

Kraft und Psyche können die jungen Menschen im Niedrigseilgarten trainieren. Hier lernen sie ebenfalls, Ängste zu überwinden und sich etwas zu trauen. „Selbstvertrauen, auch darauf kommt es im Beruflichen an“, weiß ihr Coach. Deshalb setzt er regelmäßig auf die Körperstabilisation und die Arbeit mit dem eigenen Körpergewicht. Erfolge motivierten die Jugendlichen und stärkten ihr Ego.

Viele von ihnen sind am Anfang des Projekts überhaupt nicht dazu in der Lage, stundenlang einer Tätigkeit nachzugehen. Es fehlen körperliche und psychische Voraussetzungen, etwa Konzentrationsfähigkeit. Ziel: Über ein Praktikum sollen sie einen Ausbildungsplatz und eine dauerhafte Arbeitsstelle erhalten. Zufrieden beobachtet Meinhardt, wie sich über die Jahre ein solides Netzwerk zwischen Landkreis, Perspektiva, Schulen und anderen Trägern aufgebaut und stabilisiert hat.

Ein entscheidendes Puzzleteil im Gesamtwerk stellen auch die Sportvereine der Region dar. Der Projektleiter kennt dort viele Verantwortliche und Ansprechpartner, ist stets darum bemüht, dass engagierte und motivierte Jugendliche beitragsfrei oder durch Zuschüsse Mitglied werden können. „Die Eltern sollten natürlich dahinter stehen, um ihre Kinder zu unterstützen und zu fördern“, nennt der 50-Jährige eine zusätzliche entscheidende Komponente.

Für die Jugendlichen endet die Teilnahme am Projekt, wenn sie den entsprechenden Träger verlassen. Dann sollten sie dazu in der Lage sein, eigenständig Regeln einzuhalten und sich in ihre Arbeitsgruppe erfolgreich zu integrieren. Die Grundlagen für eine berufliche und private Zukunft hat Jörg Meinhardt vermittelt – jetzt kommt es auf die Jugendlichen selbst an, gut aus den Startblöcken ins Leben zu kommen.

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