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Kulturschaffende im Landkreis Fulda: Organist Thorsten Pirkl forscht über den fast vergessenen Fuldaer Komponisten Michael Henkel

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BURGHAUN. Sie ist wie ein großes Haus mit einigen gut ausgeleuchteten Zimmern darin, aber es gibt auch Räume, die noch niemand betreten hat. Mit diesem Vergleich beschreibt der Organist Thorsten Pirkl die regionale Musikgeschichte, zu deren Erschließung er gerne beitragen möchte.

Dabei wäre es von ihm nicht vermessen zu sagen, dass es ihm längst gelungen ist, durch seine Recherchen zu dem Fuldaer Komponisten Michael Henkel (1780 bis 1851) einiges Licht ins Dunkel zu bringen. Der Musiker in der Zeit zwischen Barock und Romantik war zunächst am fürstbischöflichen Hof angestellt, bevor er im Zuge der Säkularisation fast ein halbes Jahrhundert lang als Stadt- und Domkantor wirkte.

„Bis auf eine nach ihm benannte Straße erinnert in Fulda nichts mehr an Michael Henkel; nicht einmal ein Hinweis an seinem Geburtshaus in der Rosengasse“, bedauert Thorsten Pirkl. Auch Henkels Kompositionen – überwiegend leicht ausführbare Stücke im Stil der Klassik und des Biedermeiers – seien völlig zu Unrecht in Vergessenheit geraten.

Thorsten Pirkl, der mit seiner Familie im „Sängerdorf“ Steinbach lebt, ist selbst begeisterter Hobbymusiker. Im Alter von 15 Jahren, nach einem Jahr Klavierunterricht, entdeckte er die Orgel als Instrument für sich. Nicht nur Orgelspiel, sondern auch Chorleitung lernte er am Bischöflichen Kirchenmusikinstitut in Fulda. Derzeit ist er in Chören der beiden Gesangsvereine in seinem Wohnort aktiv, davon in einem als Leiter. Zudem leitet er seit 2000 die „vocal voices“ seines ehemaligen Heimatorts Bachrain. Die Chorarbeit gefalle ihm besonders, weil er den Eindruck habe, damit auch anderen Menschen Freude bereiten zu können, erzählt er.

Seine Forschungen betreibt der 40-Jährige mit der Leidenschaft eines Goldsuchers. Es fasziniert ihn, wenn er nach interessanten Details aus Henkels Biographie schürft, wie dessen Freundschaft zu Goethes Hofarchitekten Coudray oder Besuche berühmter Musikerkollegen bei ihm in Fulda, darunter Felix Mendelssohn Bartholdy oder Friedrich Wieck mit seiner Tochter Clara, die später Robert Schumann heiratete.

Auch auf „Nuggets“ stößt Pirkl hin und wieder – schöne Musikstücke, die es heute noch wert sind, aufgeführt zu werden. Ein solches Goldstück ist für ihn die „Festmesse c-moll“, die Michael Henkels Sohn Georg Andreas komponiert hat. Die Handschrift von 1863 entdeckte Pirkl in der Berliner Staatsbibliothek und war von dem Werk so angetan, dass er es in mehreren Nächten im Dezember über ein Notenprogramm am Computer eintippte – insgesamt 276 Seiten. Am diesjährigen Ostersonntag wird die Messe unter Leitung von Domkapellmeister Franz-Peter Huber beim Pontifikalamt im Fuldaer Dom aufgeführt. Auch Pirkl wirkt mit: als Gastsänger im Domchor.

Zum Hauptziel hat Thorsten Pirkl sich gesetzt, ein komplettes Werkverzeichnis von Michael Henkel zu erstellen. Dafür forscht er weltweit und wurde bislang in der Hochschul- und Landesbibliothek Fulda, in Frankfurt, Berlin, München, zahlreichen anderen deutschen Städten, Paris und in den USA fündig. Etwa 90 Prozent der Kompositionen habe er inzwischen zusammengetragen, schätzt Pirkl. Nach und nach möchte er die Werke aufführbar machen. Die 505 erhaltenen Orgelstücke hat der Musiker bereits digitalisiert und sowohl Noten als auch die auf 36 verschiedenen historischen Orgeln eingespielten Stücke im Internet in der Petrucci-Musikbibliothek (www.ismlp – International Music Score Library Project) veröffentlicht.

Auf CDs gebrannt ergab dies elf Tonträger mit einer üblichen Laufzeit. Nach Erfassung aller Musikstücke rechnet Pirkl mit etwa bespielten 30 CDs. Die wikipedia-Textseite über Michael Henkel stammt ebenfalls von dem Steinbacher. Zudem hat Pirkl auf YouTube zahlreiche Filme mit von ihm interpretierten Orgelwerken heimischer Komponisten aus dem 15. bis 19. Jahrhundert publiziert, darunter Adam von Fulda, Johann Valentin Rathgeber oder die Henkel-Söhne Georg Andreas und Heinrich.

Der Hobbyforscher, der beruflich als Großhandelskaufmann in einem Ansbacher Unternehmen tätig ist, sagt, dass er seine Arbeitsergebnisse gern der Allgemeinheit zur Verfügung stelle: „Ich freue mich, wenn viele die Veröffentlichungen nachspielen“, betont er. Gefreut habe er sich auch über einen Brief des regionalen Experten Professor Gottfried Rehm, in dem dieser seine Forschungen als „kulturell wertvolle Leistung“ gelobt habe.

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