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Nachhaltiges Wirtschaften ist möglich – Wirtschaftsjournalist Kessler beim Jahresauftakt der KAB

Bachrain. „Zukunft statt Zocken“ war das Thema des diesjährigen Jahresauftakts IMPULS 2015 der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Diözesanverband Fulda im Franz-von-Sales Haus, Bachrain. Anschaulich benannte der Referent, Dr. Wolfgang Kessler Wirtschaftsjournalist und Chefredakteur von Publik Forum gelungene Beispiele für nachhaltiges Wirtschaften. Dem vorausgegangen war eine Heilige Messe zelebriert von KAB Diözesanpräses Pfarrer Christian Sack.

Mit annähernd 150 Gästen aus KAB wie auch Gewerkschaften, Parteien und Verbänden machte sich Kessler auf eine „Weltreise“ durch Beispiel eines nachhaltigen Wirtschaftens. Dabei werden Belange wie Gerechtigkeit, Menschenwürde, sparsamer Umgang mit natürlichen Ressourcen und Umweltschutz besonders berücksichtigt.

Mit anschaulichen Worten begann er seine Reise in Neuss. Die Stadt hat ihr Beschaffungswesen auf nachhaltige und fair-gehandelte Produkte umgestellt, nachdem es heftige Proteste gegeben hatte, weil der neue Marktplatz mit Pflastersteinen belegt wurde, die zwar billig waren an deren Produktion in Vietnam aber auch Kinder beteiligt waren. Dieser Selbstverpflichtung der nordrheinwestfälischen Stadt folgten über 300 Städte, die von Transfair Deutschland auch als „Fair-Trade-Towns“ ausgezeichnet wurden.

Am Beispiel der GLS-Gemeinschaftsbank machte er deutlich, dass Bankgeschäfte auch unter ethischen Gesichtspunkten möglich sind. Die Bank verzichtet nicht nur auf undurchsichtige Spekulationsgeschäfte sondern gibt Kredite unter ethischen und nachhaltigen Gesichtspunkten. Begünstigt werden u.a. die biologische Landwirtschaft, erneuerbare Energieträger und Sozialprojekte, wie Schulen und Kindergärten. Auch der Umgang mit den eigenen Beschäftigten zeigt sich die GLS Bank als durch und durch sozial eingestellter Arbeitgeber. Zweistellige Wachstumsraten des Kreditinstituts beweisen, dass auch mit dieser Einstellung Finanzgeschäfte gewinnbringend möglich sind.

Die Baseler Stromabgabe veranschaulichte Kessler ebenfalls. Diese sehr hohe Abgabe macht den Strom zwar sehr teuer, aber eine „prokopf“ Ausschüttung der mehr eingenommenen Stromabgabe im folgenden Jahr relativiert dies wieder und hält insbesondere Großverbraucher nachweislich dazu an, Energie einzusparen.

Auch die Flachglas Wernberg GmbH fand Erwähnung. Um einen massiven Arbeitsplatzabbau nach einer Übernahme durch einen internationalen Konzern zu verhindern, hat die Belegschaft den Betrieb aufgekauft. Dies barg für die Arbeitnehmer ein sehr hohes Risiko, da weder Kredite von Banken noch Garantien von der öffentlichen Hand gegeben wurden. U. a. verzichtete die Belegschaft auf Weihnachtsgeld und nahm weitere Einbußen in Kauf, sodass der Deal gelang. Ein Resume dreizehn Jahre nach dem „Belegschafts-buy-out“ zeigt, dass die Entscheidung richtig war. Von ursprünglich 650 Arbeitsplätzen gab es immer noch über 600 Beschäftigte, 10 % davon Auszubildende und die Firma hat sich am Markt nicht nur behauptet sondern weiter etabliert.

Das Beispiel des Fair-Phones, ein Smartphone, produziert unter den Bedingungen des Fairen Handels und unter ökologischen Aspekten, wurde für die niederländische Stiftung „Waag Society“ zum absoluten Renner. Die ersten beiden Auflagen jeweils in Höhe von 20.000 Stück waren in wenigen Tagen vergriffen. Zwischenzeitlich sind kommerzielle Hersteller an diesem Nachhaltigkeits-Erfolgs-Modell interessiert.

Als weitere Beispiele für erfolgreiche Alternativmodelle führte er das österreichische Krankenversicherungssystem in Form einer Bürgerversicherung aus wie auch ein erfolgreich umgesetztes Grundeinkommensmodell im Osten von Namibia. Zu kurz kamen auch nicht politische Forderungen wie nach der Finanztransaktions- und einer Vermögenssteuer.

In den meisten Fällen erfordere die bewusste Umstellung auf nachhaltiges wirtschaften Mut und bedürfe auch sehr viel Geduld, aber die benannten Beispiele wie auch viele andere bewiesen, dass sich dieser Mut auszahle. Menschliches Zusammenleben hänge nicht nur von ständigem Wachstum ab, sondern müsse vielmehr gerecht gestaltet werden und ökologisch so ausgerichtet sein, dass auch nachfolgende Generationen noch eine lebenswerte Welt vorfinden können.

KAB Diözesanvorsitzender Aloys Zumbrägel, der zu Beginn der Veranstaltung die zahlreichen Gäste begrüßt hatte, fühlte sich, so seine Dankesworte, im Handeln der KAB bestätigt. Vieles was der Referent vorgetragen hatte sei im Programm der KAB wiederzufinden. „Nach klug kaufen, richtig steuern und sinnvoll Leben, Jahresthemen der letzten drei Jahre, engagieren wir uns nun für ´Gutes wirtschaften´“ führte er aus und skizzierte kurz die Vorhaben des katholischen Sozialverbands für die Jahre 2015 und 2016.

In dem vorhergehenden Eröffnungsgottesdienst, der auch dem Gedenken an den KAB Märtyrer Nikolaus Groß gewidmet war, forderte KAB Diözesanpräses Pfarrer Christian Sack in seiner Predigt dazu auf, die Augen offen zu halten und sich gegen Entwicklungen zu wenden, die den Menschen schaden. Christen seien dazu aufgerufen dabei auch unbequem zu sein. „Wir haben die Sklaverei und die Adelsherrschaften überwunden und sind auf dem Weg uns in eine neue Abhängigkeit zu begeben, nämlich der Wirtschaft zu unterwerfen. Und das für ein vorhergesagtes, aber längst nicht bewiesenes Wirtschaftswachstum von 1-2 %.“ Stellte er fest und rief deshalb dazu auf, alles zu unternehmen, das Freihandelsabkommen TTIP zu verhindern. Auch warnte er davor Migranten in verschiedene Gruppen einzuteilen. „Wir sind ALLE Kinder Gottes. Egal aus welchem Grund Menschen hier bei uns Zuflucht suchen, sollten wir Sie mit Nächstenliebe empfangen.“

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