Logo

Nach dem Winter kommt die Freiheit

Der Frühling ist da! Für die Wildtierhilfe Gersfeld ist dies die Zeit des „Bettentauschs“: Die erwachten Winterschläfer – in diesem Jahr waren es acht Igel und sechs Fledermäuse – werden ab einer Nachttemperatur von acht Grad Celsius ausgewildert. Dafür ziehen die ersten Jungvögel (derzeit vier Stare und zwei Amseln) zur Aufzucht ein.

Eine Zweifarb-Fledermausdame freute sich über die wiedergewonnene Freiheit sicherlich ganz besonders. Nach einem Katzenbiss war sie von Monika Löffler-Friedrich, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz Fulda e.V, seit Ende November ehrenamtlich medizinisch versorgt worden. „Sie konnte mich nicht leiden, weil ich sie täglich piekste. Das kann man ihr nicht übelnehmen“, schmunzelt die ehemalige Krankenschwester Löffler-Friedrich, die nach einem Studium zur Diplom-Pädagogin mit betriebswirtschaftlicher Zusatzqualifikation für die Qualifizierungsoffensive des Landkreises Fulda Unternehmen bei der Personalentwicklung berät. Ihre Freizeit widmet sie seit 17 Jahren erkrankten oder verletzten Wildtieren, speziell Mauerseglern, Schwalben, Fledermäusen und Igeln.

„In der Brutsaison von Mai bis August gibt es außer dem Beruf und der Handaufzucht von Jungtieren wenig rechts und links von mir“, beschreibt die 45-Jährige den Aufwand für ihre private Pflegestelle „Wildtierhilfe Rhön“ in Gersfeld. Ihr Mann und ihre Tochter zeigten viel Verständnis. Sogar auf Sommerurlaube verzichtet die Familie dafür.

„Es war mein Kindheitstraum,   Tieren zu helfen“, erzählt Monika Löffler-Friedrich. Ihren  Einsatz sieht sie in erster Linie als Naturschutz: „Ich gebe den Wildtieren eine zweite Chance auf ein Leben in Freiheit. Die haben sie verdient in einer Zeit, in der der Mensch immer mehr in natürliche Zusammenhänge eingreift und Lebensräume zerstört.“ Außerdem leistet die Diplom-Pädagogin ehrenamtliche Umweltbildung in Schulen und Kindergärten.

Bei der medizinischen Versorgung arbeitet sie mit einigen Tierärztinnen in der Region zusammen. Zudem verfügt Löffler-Friedrich über ein deutschlandweites Netzwerk, in dem ein reger Austausch zwischen Fachtierärzten und versierten Wildtierpflegern stattfindet. Die untere Naturschutzbehörde des Landkreises Fulda unterstützt die „Wildtierhilfe Rhön“ seit vergangenem Jahr mit einem finanziellen Zuschuss für die auf der Roten Liste stehenden gebäudebewohnenden Arten. „Auf 300 Euro monatlich allein für Futterkosten komme ich in der Hauptsaison“, berichtet Löffler-Friedrich. In Freiheit fresse eine Schwalbenfamilie ein Kilogramm Fliegen pro Brutsaison, und eine Fledermaus vertilge bis zu 2500 Mücken und Schnaken pro Nacht. Für die 130 Wildtiere, die sie 2014 versorgt hat, kaufte sie mehrere Zehntausender-Gebinde Insekten von Futterfarmen. Vor dem Einfrieren und Verfüttern mästet sie die Heimchen, Larven und Schokoschaben sogar erst, um sie nahrhafter zu machen.

Während die Tierbabys sehr viel Nähe und Zuwendung benötigen, ist es für die genesenen Tiere lebensnotwendig, dass sie ihre natürliche Scheu behalten beziehungsweise wiedererlangen. Gepflegt werden nur später  freiheitstaugliche Patienten.  „Gehandicapte Wildtiere in lebenslanger Gefangenschaft – das geht gar nicht!“, unterstreicht Monika Löffler-Friedrich. In Außengehehegen in ihrem großen Garten wird der menschliche Kontakt für die geheilten oder handaufgezogenen Tiere auf ein Minimum reduziert, sodass sie geschützt die Natur kennenlernen können.

Um sich auf die intensivmedizinische Betreuung und Aufzucht der jüngsten Tierkinder konzentrieren zu können, muss sie die eigenen begrenzten Ressourcen im Auge behalten. Daher sucht die engagierte Wildtierpflegerin Naturfreunde, die sie bei der Auswilderung der gesunden Tiere entlasten. „Alles, was man braucht, ist ein großzügiges Kaninchengehege oder eine leere Vogelvoliere und Freude daran, die Igel oder Vögel noch einige Tage fachgerecht zu füttern“, wirbt Monika Löffler-Friedrich. So innig sich mitunter ihre Beziehung zu ihren Schützlingen gestaltet, am Ende sei es jedes Mal aufs Neue „wunderbar mitzuerleben, wie die Tiere ihre Freiheit zurückgewinnen“. So wie bei der Zweifarb-Fledermausdame, deren Flügel inzwischen gut verheilt ist und die in diesen Tagen in einen lauen Nachthimmel entlassen wurde.
Kontakt: (0171)9801824

Zum Bild: Dieser Mauersegler wurde vor kurzem während eines Unwetters zu Boden geschleudert und kam mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma in die Obhut der „Wildtierhilfe Rhön“. Jetzt befindet er sich auf dem Weg der Besserung. „hat Appetit und wagt sogar schon einen Blick gen Himmel“, berichtet seine Pflegerin Monika Löffler-Friedrich erleichtert.

Categories:

Alle Nachrichten, Umwelt & Tourismus