Logo

„Du bist mir vor Mitternacht daheim“ – AOK Hessen: Regeln und Prinzipien sinnvoll

Die Pubertät wird überschätzt, und zwar von Eltern und erst recht den eifrigen Produzenten von Ratgeber-Literatur. Sie ist eine Phase, die nicht von langer Dauer ist. Eine Zeit des Übergangs. Ein häufiger Streitpunkt ist der Zeitpunkt des Nachhausekommens. Soll man genaue Regeln festlegen? Vor dem Club stehen und Taxi spielen?

Regeln helfen immer. Das Kleinkind hält sie noch mit großem Eifer ein. Doch sobald zweistellige Alterszahlen erreicht werden, können sich Regelbrüche häufen. Denn Kinder in der Pubertät suchen zuweilen den Konflikt, wünschen sich aber – mag das auch selten ausgesprochen werden – Fürsorgesignale der Eltern. „Auch 16-jährige bewegen sich nicht losgelöst von jeglichen Absprachen“, meint AOK-Diplompsychologin Ursula Kohlmann. Anders gesagt: Ja, man sollte verbindlich festlegen, wann der Jugendliche wieder heimischen Boden betritt. Zumal es sich immer lohnt, vorab zu besprechen, wie der Teenager überhaupt nach Hause kommt. Wird er oder sie gefahren? Von wem? Gibt es öffentliche Verkehrsmittel? Soll man Taxigeld mitgeben? Ob man junge Partygänger wirklich regelmäßig persönlich abholen muss, da scheiden sich die Geister. Eine generelle, allgemein gültige Auffassung hierzu gibt es nicht. „Im Zweifel kann das nicht falsch sein. Die Frage ist, ob man seinem Kind zutraut, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Dazu gehört auch, die Fahrtüchtigkeit von anderen Personen einzuschätzen“, so Kohlmann.

„Vernünftig“ muss man definieren
Doch was kann als „vernünftige Ausgehzeit“ gelten? Die AOK Hessen macht einen Vorschlag zur Orientierung, der zu Schulzeiten freitags und samstags gilt, somit wenn kein Schul- oder Arbeitstag folgt:

13 Jahre: bis 21 Uhr,
14 Jahre: bis 22 Uhr,
15 Jahre: bis 23 Uhr,
16 Jahre: bis 0 Uhr,
17 Jahre: nach Ermessen des Jugendlichen,

denn dazu müsste er in diesem Alter auf jeden Fall in der Lage sein, wobei es immer – unabhängig vom Alter – darauf ankommt, wo sich der Jugendliche aufhält. So ist im Jugendschutzgesetz zum Beispiel geregelt, dass „die Anwesenheit bei öffentlichen Tanzveranstaltungen ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren nicht und Jugendlichen ab 16 Jahren längstens bis 24 Uhr gestattet werden“ darf. Die Aufsichtspflicht liegt freilich immer bei den Eltern, zu jeder Uhrzeit. Dabei sollte man die zunehmende Eigenverantwortung der Kinder berücksichtigen und stärken, aber auch Ihre Ängste und Befürchtungen diskutieren. Zudem sollten Eltern in der Ausübung des Sorgerechts darauf Wert legen, dass sie möglichst immer darüber informiert sind, wo sich das Kind aufhält und die Kontrolle über Aufenthalt und das Heimkommen behalten.

Prinzipien und auf ihnen reiten
Halten sich die Kids nicht daran, müssen Konsequenzen erfolgen.  „Eltern sollten hier keine Konflikte scheuen und ihre Motive offen legen. Denn schließlich geht es darum, dass sie sich sorgen und wissen wollen, wo sich das Kind aufhält“, bestätigt Kohlmann. So eine Konsequenz könnte lauten: „Beim nächsten Mal kommst Du eine Stunde früher heim.“ Oder es wird für eine begrenzte Zeit ein generelles Ausgehverbot ausgesprochen, wenn sich dieses Fehlverhalten absichtsvoll wiederholt. Wobei derartige Sanktionen vorher genau abgesprochen sein müssen, nicht willkürlich „verhängt“ werden dürfen. Und wo Prinzipien walten, sollte Prinzipienreiterei vermieden werden. Wenn das Kind sich praktisch durchgängig an Absprachen hält, und trotzdem mal 20 Minuten später eintrifft, ist das nicht zwangsläufig ein Regelbruch. Und es muss gelegentlich und je nach Alter und Reifegrad auch möglich sein, dass ein Kind länger auf bleiben darf – nicht nur an Silvester.

Categories:

Gesundheit & Medizin, Jugend & Familie