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Unkonventionelle Nisthilfe für einen „Neubürger“ – Konzertierte Aktion von Stadt, Immobilienbesitzer und Firmen für das Storchenpaar am Alten Schlachthof

Storchen-Nisthilfe  Foto_Florian BurgSie sind erst seit wenigen Tagen in der Stadt und schon ein Sympathieträger, für dessen Verbleib buchstäblich alle Hebel in Bewegung gesetzt werden: die beiden Störche, die den stillgelegten Schornstein des Alten Schlachthofs in Fulda als Nistplatz auserkoren haben. Heute wurde unter der Federführung der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Fulda mit großem Aufwand und mit Unterstützung durch die Eigentümer der Immobilie (Familie Burg) sowie durch die Feuerwehr und Spezialfirmen eine eigens konstruierte Nisthilfe auf den Schlot gesetzt, die verhindern soll, dass das Nest, das Gelege oder gar mögliche Jungtiere bei Sturm und Wind von der Schornstein-Abdeckung abrutschen und in die Tiefe stürzen. Falls die Aktion von Erfolg gekrönt ist, könnten nun zum ersten Mal seit fast 90 Jahren wieder Jungstörche im Gebiet der Fuldaer Innenstadt aufgezogen werden.

Wie Manfred Storch von der Unteren Naturschutzbehörde erläuterte, gehe man mit der unkonventionellen Aktion, die innerhalb von nur wenigen Tagen erdacht, in Auftrag gegeben und umgesetzt wurde, zwar das Risiko ein, dass die Störche durch den Trubel und die ungewohnte Nisthilfe zunächst einmal vertrieben werden. Aber auf mittlere und längere Sicht biete sich die einmalige Chance, den Tieren an diesem exponierten Standort einen sicheren und erfolgversprechenden Nistplatz zur Verfügung zu stellen. Der Vogelschutz-Experte und Nabu-Fachberater Lothar Herzig zeigte sich nach Abschluss der Aktion am Nachmittag optimistisch, dass die Tiere den veränderten Horst bereits in diesem Jahr wieder annehmen werden. „Sie sind bereits in drei, vier Meter Abstand über dem neuen Nest gekreist, das ist ein gutes Zeichen“, sagte Herzig. Gebrütet hatten die Tiere bislang noch nicht; dieser Umstand hatte nicht zuletzt ein rasches Handeln erfordert.

Storchen-Versammlung Foto_Lothar HerzigQuasi über Nacht hatte die auf den Nesterbau spezialisierte Gesellschaft für Förderung des Natur- und Umweltschutzes aus der Nähe von Göttingen die aus Eichenholz-Kanthölzern und einem Astgeflecht gefertigte Nisthilfe, die zentimetergenau auf den Sockelrand und die metallene Schlotabdeckung passen musste, zusammengebaut und am Morgen nach Fulda geliefert – auch für Manfred Ehlers und seine Mitstreiter des Göttinger Vereins keine alltägliche Herausforderung. Bei der komplizierten Montage in fast 30 Metern Höhe wurden sie unterstützt durch Dirk Schneider von der gleichnamigen Bedachungs- und Holzbaufirma aus Hosenfeld sowie durch zwei Spezialfahrzeuge der Firmen Wemo-tec aus Eichenzell-Welkers und Wehner Krandienst aus Fulda. Amtshilfe leistete auch die Fuldaer Feuerwehr mit ihrem großen Leiterwagen. Bei der waghalsigen Aktion wurde das angefangene Nest auf eine neue, sichere Plattform gehoben und die gesamte Konstruktion an der Schornsteinabdeckung befestigt.

Ermöglicht hatte die unbürokratische Hilfsaktion für Meister Adebar der Besitzer der Immobilie des Alten Schlachthofs, die Petersberger Unternehmerfamilie Burg. Firmenchef Klaus Burg hatte der Naturschutzbehörde spontan Grünes Licht für die Aktion, als er von den „Neubürgern“ auf dem Schornsteindach erfuhr. Zudem hatte er Unterlagen und Zeichnungen zum Schlotaufbau und dessen Abmessungen zur Verfügung gestellt, nach denen die Nestbaufirma ihren Prototyp fertigen konnte. Klaus Burgs Sohn Florian war ebenfalls von Beginn an von den Schornstein-Störchen begeistert, mit einer Drohnen-Kamera lieferte er vor und während der Aktion in luftiger Höhe wertvolle Bilder und Informationen für die Handwerker, Techniker, Naturschützer und Feuerwehrleute. Zudem erinnerte Florian Burg daran, dass vor Jahren, als die Familie 1999 das Schlachtgelände erwarb, um Fragen des Denkmalschutzes und den Erhalt des Schornsteins gerungen worden sei. Umso schöner sei, dass nun Natur- und Denkmalschutz eine positive Verbindung eingingen. Wie sein Vater so hofft auch Florian Burg, dass das Storchennest durch die Tiere angenommen und zu einer Attraktion für alle Fuldaer Bürger wird – die seit 1927 auf einen Storchennachwuchs in der Innenstadt warten mussten.

Und einen Vorgeschmack auf einen bislang ungewohnten Anblick, der in Fulda möglicherweise bald wieder häufiger zu sehen sein wird, lieferten sechs Störche, die wie zur „Besichtigung“ der Arbeiten am Nest ihrer Artgenossen plötzlich mehrere Minuten lang über der Wiesenmühle kreisten – ein Naturschauspiel, dass selbst Experten wie Manfred Storch oder Lothar Herzig verblüffte.

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