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Zur Uraufführung der Neufassung „Das Antlitz des Stephanus“ von Inga Storck-Schnabel im Kulturkeller Fulda

Auf die Initiative des Benediktinermönchs Nikodemus Schnabel (OSB), der eigens für die Aufführung angereist war, und des Schirmherren Wolfgang Schmidt (Propst der Erlöserkirche in Jerusalem) konnte mit dieser Aufführung ein Krankenhaus im Gazastreifen unterstützt werden.

Zacharias (Stephan Plur), ein angesehener Maler aus Tarsus, fällt tief getroffen nach dem Anschauen des Bildes „Das Antlitz des Stephanus“ in eine Sprachlosigkeit und Kälte, die er erst verliert, als Stephania (Petra Kling) in ihrer großen Herzenswärme mit ihm spricht. Zacharias Kunstwerke haben Marktwert, man kennt ihn in Tarsus, bewundert ihn. Alles in seinem Leben scheint in Ordnung zu sein. Nun der steile Absturz in eine Depression – warum? Er hatte in das Werk eines armen, verfolgten und gefolterten Malers Antonius, der in einer unwürdigen Behausung lebt, hineingeschaut. Es ist ein gnadenvoll vollendetes Werk, das über jedes technische Könnnen hinausstrahlt. In dem Bild liegt die große Sehnsucht im „Stephanushimmel“. Alles Zweckgebundene, Marktorientierte, was Zacharias so liebte, fand jetzt keinen Raum mehr. Ein Licht umstrahlt diesen Stephanushimmel, wodurch der Betrachter geblendet wird. In Zacharias kommt alles in Bewegung, aber er kann nicht mehr malen. Er ist wie gelähmt, ihm ist kalt. Stephan Plur spielte den Maler Zacharias in allen Schattierungen seiner Empfindungen: Sprachlosigkeit, Verwirrung, Schock, Hilfe rufend in seiner Einsamkeit und Kälte.

Seine Mutter (Monika Kling), die nur eines im Auge hatte, sieben Tage die Hochzeit ihrer Tochter Judit würdevoll zu feiern, versteht ihren Sohn nicht mehr. Die große Anhäufung an Arbeit und Organisation für dieses große Fest, den Hang zur Perfektion, wo alle mit eingespannt werden, haben keine Wirkung mehr auf ihren verwirrten Sohn. Ihre Ansprüche zur Ausführung der Hochzeit sind über die Maße groß angesetzt worden, so dass sie mit Unzufriedenheit reagiert und auf ihren Sohn überträgt. Auch sie fällt wie Zacharias in eine Gefühlswelt, die sie nicht kennt, als ihre Tochter (Braut Judit) am Hochzeitstag mit ihrem letzten Stück ihrer Hochzeitstorte zu ihrer Freundin Sara eilt, um ein Versprechen einzuhalten. Sie lässt ihre Mutter hilflos allein. Es ist bewundernswert wie Monika Kling diesen Bruch in ihrer Empfindungswelt nach außen bringen kann. Es ist keine Abenteuerlust, wenn Judit Hals über Kopf zu ihrer besten Freundin Sara eilt. Es ist wahre Herzensliebe, eine Freundschaft. Die übersteigerte Sorge um ihr Kind lässt die Mutter vor Erschöpfung einschlafen. Sie träumt von ihrem Kind, die in der verschiedenen Gestaltung der Liebe in ihren Träumen auftaucht. Sehr zart und von dem Geist der Liebe erfüllt spielt, tanzt und singt mit einer großen Verzauberung Beate Lamohr drei Performances. Die Liebe in ihrer absoluten Gewaltlosigkeit schafft sich auf der Bühne Raum. Ihre übergroße Sehnsucht zum Geliebten, zum Bräutigam, erhellt ihr Herz, so wie das Bild des „Stephanushimmel“.

Und dann gibt es noch eine wahre Heldin – Stephania (Petra Kling), die Frau des Malers Antonius, der das Bild des mystischen Himmels mit dem Abglanz der Entbehrungen und den Spuren der Folterungen gemalt hat. Die Liebe in dieser Nazoräerin hatte ein Gesicht bekommen. In ihrer liebenden Hingabe schreitet sie mutig vorwärts bis zur grausamen Folterung, wo sie vorher noch Zacharias tröstet, mutig für die ganze Familie zur Bettlerin wird und das Lebenszeichen der Judit übermittelt. Petra Kling spielt diese Liebende in tiefer Friedenshoffnung und Verinnerlichung. Auch als Tänzerin überzeugt Petra Kling in den Performances „Mütter im Alten Bund“, die das Zittern und Weinen der Mütter um ihre verfolgten und ermordeten  Kinder, die vergessene Trauer um diese kostbaren Kinder in ihrer Gestaltung gedenkt, lassen eine neue Form von Trauerarbeit Wirklichkeit werden.

Inga Storck-Schnabel (Regisseurin und Autorin) fügte Sprache, Flötenspiel (Johanna Stadelmann), Psalmengesang (Reinhard Germann), Gesang (Rodrigue Ehrnsberger), Lichtmodulation (Andreas Schnell) und Bibelworte (Msgr. Stefan Buß) zu einem Farbenklang und Raumerlebnis behutsam zusammen, so dass der Gewölbekeller des alten Jesuitengebäudes zu einer eigenen Wesenstiefe sich öffnete.

Begleitend zur Theateraufführung wurde im Foyer des Kulturkellers die Kunstausstellung „Das Ganze und die Zersplitterung“ gezeigt. 25 Einzelwerke fließen zu einem Gesamtwerk zusammen. Studierende der Fachschule für Sozialassistenz Fulda haben unter der Leitung von Dipl.-Päd. Susanne Diehl und Dipl.-Sozialpädagogin Marlene Brons dieses Kunstwerk geschaffen. Wichtig war die Werkaktion. Ein Weg durch den zerbombten Gazastreifen, auf dem zahlreiche Farbpartikel lagen, wurde je nach Schauen aufgehoben und in einen Kreis geklebt. Im sich Bücken, Aussuchen und Kleben lag die Kunst.

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