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Jeder fünfte Ausbildungsvertrag in Hessen wird vorzeitig gelöst

Immer mehr Jugendliche ziehen einen weiteren Schulbesuch oder ein Studium einer dualen Ausbildung vor. Die Hinwendung zu mehr akademischen Abschlüssen, die vorzeitige Lösung von Ausbildungsverträgen sowie die Frage nach den Fachkräften von Morgen haben das IAB Hessen dazu veranlasst, das Vertragslösungsgeschehen in der hessischen Ausbildungslandschaft näher zu betrachten.
Mehr als jeder fünfte Ausbildungsvertrag in Hessen wurde 2014 vor Ablauf der regulären Ausbildungszeit gelöst. Dennoch hatte Hessen mit 22,9 Prozent eine der niedrigsten Lösungsquoten in Deutschland. Sie lag sowohl unter dem gesamtdeutschen (24,6 %) als auch unter dem westdeutschen Durchschnitt (23,6 %). Etwa die Hälfte der Auszubildenden beginnt im Anschluss an eine vorzeitige Vertragslösung bereits nach kurzer Zeit eine neue Ausbildung. Nur ein geringer Teil zieht sich komplett zurück und bleibt langfristig ohne Berufsausbildung oder Studium.
Vorzeitige Lösungen vor allem zu Ausbildungsbeginn
2014 ereigneten sich über die Hälfte der vorzeitigen Vertragslösungen bereits innerhalb des 1. Ausbildungsjahres. Alleine in der Probezeit (maximal vier Monate) erfolgten 30 Prozent aller Abbrüche.
Vertragslösungen in den ersten Ausbildungsmonaten haben verschiedene Ursachen. Die Erwartungen der Auszubildenden an den gewählten Ausbildungsberuf und/oder Ausbildungsbetrieb werden beispielsweise nicht erfüllt. Oftmals haben Jugendliche mit unklaren Berufsvorstellungen eine Ausbildung begonnen und erleiden einen „Praxisschock“. Auszubildende nennen häufig Konflikte mit den Ausbildern als Ursache. Betriebe führen dagegen eher Fehlverhalten der Jugendlichen wie unentschuldigtes Fehlen oder häufiges Zuspätkommen und mangelnde Motivation als mögliche Gründe an.
Schulabschluss beeinflusst die Lösungsquote
Schulabgänger mit Hauptschulabschluss lösen häufiger ihren Vertrag als Studienberechtigte oder Schüler mit mittlerer Reife. Ihre Lösungsquote lag mit 34,5 Prozent 2014 in Hessen dreimal so hoch wie bei Auszubildenden mit Studienberechtigung (11,4 Prozent).
Höchste Lösungsquote im Handwerk
Eine deutlich über dem Durchschnitt liegende Lösungsquote verzeichnete mit 29,5 Prozent das Handwerk. Besonders niedrig fiel die Lösungsquote dagegen im Öffentlichen Dienst aus (6,6 %). Nicht in allen Handwerksberufen ist die Lösungsquote hoch: Mechatroniker (5,8 %), Werkzeugmechaniker (6,7 %). Unter den Berufen mit den höchsten Lösungsquoten dominieren nicht nur Handwerksberufe wie Metallbauer (33,5 %) und Dachdecker (33,9 %), sondern ebenso Restaurantfachleute mit 47,2 % und Fachleute für Systemgastronomie mit 39,6 %. Im Transportbereich betrifft es die Berufskraftfahrer mit 47,2 %.
Selten Nachbesetzungen durch die Betriebe
In 46 Prozent der Fälle erfolgte die Auflösung des Vertrages auf Veranlassung des Auszubildenden. Bei etwa einem Viertel ging die Initiative vom Betrieb aus, und bei einem weiteren Viertel hatte der Bewerber die Ausbildung gar nicht angetreten. Nur knapp 30 Prozent der betroffenen Betriebe haben nach eigenen Angaben versucht, frei gewordene Ausbildungsplätze erneut zu besetzen. Von den auf diese Weise neu angebotenen Ausbildungsstellen konnten etwa 60 Prozent neu besetzt werden. Für weniger als ein Fünftel aller vorzeitig gelösten Ausbildungsverträge wurde somit ein neuer Auszubildender gefunden.
Lösungsquoten variieren regional
Die kreisfreie Stadt Wiesbaden verzeichnete mit 30,3 Prozent die höchste Quote, der Kreis Marburg-Biedenkopf war mit 19,7 Prozent am unteren Ende der Skala zu finden. In 16 von insgesamt 26 Kreisen lag die Vertragslösungsquote unter dem Landesdurchschnitt. Dies galt bis auf Wiesbaden für alle kreisfreien Städte und auch für alle Kreise im Norden Hessens. Im Vergleich zu 2013 sank die Lösungsquote bei der Mehrheit der hessischen Kreise und kreisfreien Städte.

„Bereits jetzt gibt es eine Vielzahl von Maßnahmen und Programmen, die das Problem Abbruch der Ausbildung angehen“, sagt Peter Weißler, stellv. Leiter der Regionaldirektion. „Die Befragungsergebnisse zeigen allerdings, dass wir damit längst nicht alle Jugendlichen und Ausbildungsbetriebe erreichen. Letztendlich können nur alle gemeinsam an einer Lösung arbeiten: Eltern, Schulen, Kammern und Betriebe. Die BA unterstützt bereits jetzt mit einem flächendeckenden Netz von Berufsberatern und Berufsinformationszentren, einem ausführlichen Internetangebot, ausbildungsbegleitenden Hilfen, assistierter Ausbildung und engagiert sich u.a. bei QuABB, der berufspädagogischen Ausbildungsbegleitung in Berufsschule und Betrieb“.

Die vollständige Studie im Internet:
https://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/service/Ueberuns/Regionaldirektionen/Hessen/ZahlenDatenFakten/Detail/index.htm?dfContentId=EGOV-CONTENT433713

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