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Bahnverbindung gibt den Takt vor

Auf das Rock-Konzert hatte sich mein Mann schon lange gefreut. Nun saß er samstags im Linienbus von Tann nach Fulda, um von dort in den Regionalexpress nach Frankfurt/Main umzusteigen. Bei Nüst schien das Vorhaben mit einem lauten Knall zu scheitern: Ein Lieferwagen hatte den Bus beim Abbiegen gestreift.

Der Busfahrer besprach sich mit dem Führer des Sprinters, Personalien wurden getauscht – und noch während mein Gatte verzweifelt überlegte, wie er jetzt pünktlich zum Bahnhof gelangen sollte, ging die Fahrt weiter. Die Passagiere waren dem Busfahrer dankbar für dessen kühlen Kopf. Doch was ebenso dazu beigetragen hatte, das Ziel rechtzeitig zu erreichen, war ein ausgeklügelter Nahverkehrsplan, der den lokalen Bus- mit dem Schienenverkehr verknüpft – und dabei sogar Pufferzeiten für Zwischenfälle vorsieht.

2010 ist der derzeitig gültige Nahverkehrsplan vom Kreistag des Landkreises Fulda verabschiedet worden, 2019 soll er fortgeschrieben werden. Bereits jetzt arbeiten die Verantwortlichen der Lokalen Nahverkehrsgesellschaft (LNG), zu der sich Kreis, Städte und Gemeinden zusammengeschlossen haben, daran, alle Erfordernisse unter einen Hut zu bekommen. Denn aufgrund des Vergaberechts, das die Ausschreibung der Linienbedienung regelt, muss in Kürze der Plan vorliegen. Dessen Rahmen ist durch europarechtliche, bundesweite sowie die Bestimmungen des hessischen ÖPNV-Gesetzes festgelegt. Zuständig für den schienengebundenen Personennahverkehr sind die Verbünde, wie der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV), während die Verantwortlichkeit für den straßengebundenen ÖPNV bei den Kreisen und Städten liegt.

Die Zeiten der Bahnverbindungen von Fulda nach Kassel und nach Frankfurt (siehe Skizze: schwarze Linie) sowie die Fahrtzeiten von Rhön- und Vogelsbergbahn (gestrichelte schwarze Linie) bilden das Gerüst, an das sich die Fahrpläne der Busse anlehnen. Weitere Zeitlagen, die berücksichtigt werden müssen, sind die Unterrichtszeiten der Schüler, die mit 60 Prozent den Hauptanteil an Fahrgästen im Kreisgebiet stellen. Das Grundversorgungsprinzip mit viermal täglich verkehrenden Buslinien in allen Orten mit mindestens 200 Einwohnern geht neben den Bedürfnissen der Schüler und Pendler darauf ein, dass sowohl vor- als auch nachmittags Arztbesuche oder Einkäufe per Bus möglich sein sollen.

Dafür erschließt die LNG das Kreisgebiet mit tragenden Linien (in der Skizze grün), beispielsweise der Linie 20 (Fulda-Tann) oder der Linie 30 (Fulda-Hilders). Diese fahren im Stundentakt. Weitere Linien (grün gestrichelt) dienen der örtlichen Erschließung, etwa die Verbindung Hilders-Tann. Diese untergeordneten Linien werden alle zwei Stunden bedient. Hinzu kommen Extra-Verbindungen, die eigens für die Schülerbeförderung eingerichtet werden müssen, aber von jedem genutzt werden können (grün gepunktet). Dazu gehören die Strecken von Hilders über Gotthards nach Hünfeld, von Hosenfeld über Kleinlüder ins Schulzentrum Großenlüder oder von Rasdorf zur Lichtbergschule in Eiterfeld.

Die Struktur des ÖPNV im Landkreis kann man sich als übereinander angeordnete Ebenen vorstellen: Hierarchisch oben befindet sich die tragende Bahnverbindung, gefolgt von den beiden lokalen Bahnlinien. Darunter folgen die kreisweit erschließenden und darunter die zwischenörtlichen Busverbindungen. Zuunterst stehen die Sonderlinien zur Schülerbeförderung. Genauso gut lassen sich diese fünf miteinander verwobenen Komponenten als Netz darstellen: „Das Gefüge des ÖPNV verhält sich wie ein Spinnennetz. Zieht man an nur einer Ecke, verändert sich alles für alle“, unterstreicht Ulrich Stüttgen, Geschäftsführer der LNG. Er hofft daher auf Verständnis, wenn ein Fahrplan dem persönlichen Bedarf nicht in jedem Einzelfall genügen kann.

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