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Traditioneller Priestertag im Hotel Maritim mit 170 Geistlichen

„Wir müssen unbedingt lernen, zwischen Notwendigem und Wünschenswertem zu unterscheiden – nicht alles, was in der Vergangenheit gut und möglich war, ist auch heute noch sinnvoll, und manches, was sinnvoll wäre, ist einfach nicht mehr zu leisten.“ Dies hob der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen am Mittwoch vor rund 170 Priestern und Diakonen im Hohen Dom seiner Bischofsstadt hervor. Aufgrund des Priestermangels hätten viele Geistliche bereits mehrere Gemeinden oder umfangreiche Arbeitsfelder übernommen, und so wie es aussehe, würden die Zuständigkeitsbereiche auf Dauer noch größer werden. Es bedürfe der Fähigkeit des Unterscheidens, welches auch Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben „Amoris Laetitia“ vom 19. März 2016 als roten Faden der Pastoral empfohlen habe. „Haben Sie den Mut, auf das eine oder andere bisherige Angebot zu verzichten, wenn Sie mit Ihren Kräften an eine Grenze geraten sind!“

Es müssten nicht alle Pfarrgemeinden das gleiche umfassende „Angebot“ auf die Beine stellen. „Wir sollten bei dem ansetzen, was wir als Ressourcen haben und was uns gelingt.“ Der Oberhirte rief die Geistlichen dazu auf, die Theologie zu pflegen, denn sie schärfe das Unterscheidungsvermögen und bewahre davor, einem „pastoralen Pragmatismus und Aktionismus“ zu verfallen. Die aktuelle Situation rufe nach Christen, die Verantwortung übernähmen. Es müsse zwar darauf geachtet werden, die vielen ehrenamtlichen Helfer nicht zu überlasten, aber hier sei noch vieles möglich. Algermissen rief die Geistlichen dazu auf, ihr Gemeinschaftsleben (Communio) zu pflegen und einander bei der Unterscheidung zwischen Wesentlichem und Nachrangigem zu helfen.

Priestertag im Maritim
Generalvikar Prof. Dr. Gerhard Stanke begrüßte im Anschluss im Maritim die Geistlichen, insbesondere die Jubilare, neugeweihten Priester und Diakone und Ruheständler und gedachte der im vergangenen Jahr Verstorbenen. Als Tagungsthema stellte er „Amoris Laetitia, das Wort der Bischöfe – und jetzt? Aktuelle ehetheologische Fragen im Kontext unserer Seelsorge“ vor, zu dem Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez, Seelsorgeamtsleiter Ordinariatsrat Thomas Renze, Seelsorgeamtsreferentin Doris Meyer-Ahlen und Moraltheologe Prof. Dr. Rupert M. Scheule, sprachen.

Ehetheologische Fragen nach „Amoris laetitia“ im Kontext der Pastoral
Weihbischof Diez erinnerte daran, dass das Apostolische Schreiben „Amoris Laetitia“ durch ein Wort der deutschen Bischöfe nach intensiver Beratung als von hohem pastoralem und theologischem Nutzen eingeschätzt werde. Die Schlussfolgerungen daraus lauteten, dass die Ehevorbereitung von Paaren intensiver werden und die Bemühungen um die Begleitung von Eheleuten verstärkt werden müssten; Familien müssten zudem als Lernorte des Glaubens eine Stärkung erfahren. Die Zerbrechlichkeit von Ehe und Familie bedürfe besonderer Sensibilität. Der Papst habe den Weg zu differenzierten Lösungen und Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls eröffnet. Manche Kardinäle sähen darin einen Bruch mit der Tradition, anderen hingegen eine Kontinuität oder sogar eine neue Perspektive der traditionellen Lehre von der Ehe. Man werde dem Apostolischen Schreiben nicht gerecht, wenn man es allein auf die Frage der wiederverheiratet Geschiedenen reduziere. Das pastorale Bemühen müsse in der Kirche dahingehen, die Ehen zu festigen.

Ordinariatsrat Renze gab einen Überblick über die Familienseelsorge im Bistum Fulda, die unter der Frage stehe, wie das Ideal von Familie mit der Realität, wie sie in der heutigen Gesellschaft erlebt werde, verbunden werden könne. Während die Wirtschaft die Familie unter der Prämisse von Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Arbeitswelt verzwecke, sehe die Kirche sie als Keimzelle des Glaubens und als pastoralen Ort. Die Familien gelte es zu unterstützen und zu begleiten. Renze nannte als Beispiele des kirchlichen Engagements für Familien und mögliche Anknüpfungspunkte, um über den Glauben ins Gespräch zu kommen, Taufgespräche mit jungen Familien, kirchliche Kindertagesstätten, die Kommunion- und Firmvorbereitung, Familiengottesdienste, Segnung von Paaren und seelsorgliche Betreuung geschiedener katholischer Ehepaare. Das Bistum habe einen „großen Schatz an Möglichkeiten, um Familien zu unterstützen“, der noch ausbaufähig sei.

Doris Meyer-Ahlen, die im Seelsorgeamt unter anderem für die Ehevorbereitungskurse zuständig ist, verwies auf die strukturelle und konzeptionelle Veränderung der Kurse auf der Grundlage von „Amoris Laetitia“. Die Begleitung der Paare durch die Eheseminare sei bedeutsam für die Art, wie diese auf ihre kirchliche Hochzeit blickten. „Die Paare sollen sich verstanden fühlen.“ Für die Zeit nach der Eheschließung sei ein tieferes Entdecken der spirituellen Ebene der Ehe wichtig, daher komme es auf eine gute Ehebegleitung an. Eine tragende Beziehungsfähigkeit erlerne man in den Herkunftsfamilien. „Der Lebens- und Erfahrungshorizont der Paare steht in den Kursen im Mittelpunkt“, stellte sie heraus. Die sakramentale Dimension der Ehe solle dabei durch die Paare selbst erschlossen werden. Da die Paare bei der Eheschließung oft durchschnittlich 30 Jahre seien, komme es auch auf die Betrachtung der eigenen Beziehungsgeschichte an. Die Partner sollten aneinander und miteinander wachsen können.

Prof. Scheule stellte sieben Thesen zur aktuellen Ehetheologie vor. Zunächst beruhe eine Ehevorbereitung im Geist von „Amoris Laetitia“ auf der Freiheit der Beteiligten, was nicht mit dem Relativismusvorwurf verwechselt werden dürfe. Sodann bedürfe es einer situationssensiblen, verstehenden Moraltheologie. Der Schwerpunkt der Seelsorge und die Frage nach dem Sakramentenempfang für wiederverheiratet Geschiedene werde auf den Weg verlegt, der zur Beantwortung dieser Frage führe. Des Weiteren müsse es Strukturen der Selbsthilfe für Priester gegen Überforderung geben. „Amoris Laetitia“ stelle keinen Bruch mit der kirchlichen Lehrtradition dar, sondern sei deren Fortentwicklung. Dieses Apostolische Schreiben sei „eine Äußerung des ordentlichen Lehramts der Kirche, die unseren Respekt und unseren religiösen Gehorsam verdient“, zeigte sich Scheule überzeugt. Das Lehramt sollte aber die kritischen Fragen dazu hören und beantworten. Es müsse auch von Schuld und Vergebung gesprochen werden. Es komme dem kirchlichen Lehramt zu, auch das Scheitern in der Ehe, Schuld und Vergebung zu thematisieren.

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