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Klinikum Fulda eröffnet neue Strahlentherapie: Präzisionstherapie für die Spitzenmedizin in der Region

Das zertifizierte Krebszentrum des Klinikums Fulda (OZKF) nimmt seine neue Strahlentherapie unter Leitung von Prof. Dr. Horst Jürgen Feldmann in Betrieb.
„Das Klinikum Fulda bringt die Spitzenmedizin in die Region. Dafür treten wir mit der Modernisierung unserer Strahlenmedizin für acht Millionen Euro und der offiziellen Inbetriebnahme unserer neuen High-End-Linearbeschleuniger einmal mehr den Beweis an“, sagt Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel, Vorstandssprecher der gemeinnützigen Klinikum Fulda AG. Damit leiste das Krebszentrum Fulda einen Beitrag auf dem Weg zu einem großen Ziel, das Professor Dr. Heinz-Gert Höffkes, Leiter des Onkologischen Zentrums am Klinikum Fulda (OZKF), begründet: „Denn wir wollen weg von einer lindernden hin zu einer heilenden Krebstherapie. Das ist die Herausforderung in den kommenden Dekaden. Dazu ist die Strahlentherapie ebenso unverzichtbar wie ein großes, in den
internationalen wissenschaftlichen Diskurs eingebundenes Klinikum.“

Diese Bedingungen treffen nach den Worten von Prof. Dr. Horst Jürgen Feldmann, Leiter des Instituts für Radioonkologie-Strahlentherapie des OZKF, für das Klinikum beide zu. Das Fuldaer Krebszentrum, das als so genanntes Cancer Center (cc) offiziell von der deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert ist, koordiniere zudem für das Onkologische Zentrum Osthessen (OZO) die anspruchsvolle, wissenschaftlich abgesicherte und zertifizierte Krebstherapie in ganz Osthessen. Das Einzugsgebiet des OZO erstrecke sich vom Raum Hersfeld bis in den Main-Kinzig-Kreis, sagt Feldmann. Nicht zuletzt dank der engen Kooperation mit der Universität Marburg im Campus Fulda stehe die unmittelbare Verbindung zu einem deutschen Spitzenzentrum der forschenden Krebsmedizin zur Verfügung. „Mit den beiden neuen Linearbeschleunigern, dem Computertomographen der jüngsten Generation, mit dem die Präzisionsbestrahlungen millimetergenau geplant werden und der komplett modernisierten IT-Infrastruktur am Standort Fulda verfügt unser Krebszentrum am Klinikum Fulda technisch über die Ausstattung einer Universitätsklinik für die Hochpräzisionsstrahlentherapie“, sagt Feldmann.

Cancer Center vereinen in der multidisziplinären Krebstherapie Wissen und Erfahrung
Die Rolle der Strahlentherapie in der Krebsbehandlung hat sich grundlegend gewandelt. Früher, blickt Feldmann auf 30 Jahre Erfahrung in diesem Fach zurück, seien die Vertreter seiner Disziplin konsiliarisch, also beratend, hinzugezogen worden, „wenn die eigentliche Therapie schon gelaufen war“. Heute aber seien die zertifizierten Krebszentren wie jenes in Fulda multidisziplinär aufgestellt. In den Tumorboards seien, je nach Organgebiet, bis zu 20 Ärzte verschiedener Fachrichtungen vertreten, um die passende Therapieempfehlung für den einzelnen Patienten zu beschließen. „Hier bringt der Radioonkologe von Beginn an seine Argumente ein“, sagt Feldmann. Etwa 50 bis 60 Prozent der onkologischen Patienten erhalten nach seinen Angaben im Laufe ihrer Behandlung eine Strahlentherapie.

Strahlentherapie im Krebszentrum: 1200 Patienten in Fulda und 600 Bad Hersfeld

Die Radioonkologie des Klinikums Fulda behandelt in Fulda mehr als 1200 Krebspatienten im Jahr und in ihrer Strahlentherapie-Dependance in Bad Hersfeld weitere 600 Patienten. Hinzu kommen etwa 300 Patienten, denen die Strahlentherapeuten mit speziellen Geräten zur „Oberflächentherapie“ bei gutartigen Erkrankungen helfen. Bei chronischen Entzündungen durch degenerative Erkrankungen, beim sogenannten „Tennisarm“ oder dem Fersensporn, wirke die Strahlentherapie anti-entzündlich, erläutert Feldmann. Gegenüber einer klassischen Therapie solch gutartiger Erkrankungen mit Arzneimitteln, die eine Wirksamkeit von 50 Prozent entfalteten, zeitige die Strahlentherapie in diesen Fällen eine Wirksamkeit von 70 bis 80 Prozent.

Schon seit mehr als zehn Jahren Tumorkonferenzen am Klinikum Fulda

Höffkes sagt, das Therapiekonzept werde in modernen Krebszentren prätherapeutisch, also vor dem Beginn der Behandlung, in der Tumorkonferenz abgesichert. Seit mehr als zehn Jahren schon führe das Klinikum Fulda all seine Kompetenz, das Wissen und die Erfahrung aller Kollegen, in solchen Konferenzen zusammen. „Das entspricht den internationalen Standards der Spitzenmedizin. Uns geht es um die individuelle Therapieentscheidung, die dem Patienten und nicht nur seiner Erkrankung gerecht wird. Wir wollen weder die Unter-, noch die Übertherapie, wobei letztere heute das größere Risiko ist. Dafür brauchen wir ein großes Haus mit der nötigen Erfahrung aller Beteiligten sowie der Verbindung von stationärer und ambulanter Therapie“, sagt Höffkes. Insofern nennt er als „eine zentrale Herausforderung an das deutsche Gesundheitssystem, jedem Krebskranken die notwendige onkologische Expertise zu gewährleisten“. Die onkologischen Zentren sind dabei für Höffkes das zentrale Element für die moderne onkologische Besorgung. Sein Kollege Feldmann fährt fort: „Als koordinierendes Haus für das Versorgungsgebiet Osthessen hat uns die hessische Landesregierung im Rahmen ihres Onkologiekonzepts aufgetragen, gemeinsam mit unseren Partnern die Krebstherapie auf einem durchgängig hohem Niveau in der Region anzubieten.“

Moderne Krebstherapie nur mit Radioonkologie denkbar

Professor Dr. Höffkes schildert den Weg von der palliativen zur heilenden Behandlung
„Der Durchbruch in die Zukunft der Krebstherapie ist ohne Radioonkologie nicht denkbar“, sagt Höffkes: „Jeder wird in seinem Leben mit Krebs konfrontiert, denn wir werden heute doppelt so alt, wie es uns die Evolution ursprünglich vorgesehen hat“. Krebs entwickle sich langsam, und Metastasen kommen nach der Schilderung Höffkes spät. Sie treten vermehrt von der sechsten Lebensdekade an auf. Bisher sei der Krebs häufig erst in diesem späten Stadium erkannt worden. Dann sei aber nur noch die systemisch-palliative Behandlung möglich. „Pallium“ heißt im Lateinischen „der Mantel“. Die palliative Behandlung soll das Leiden mithin „ummanteln“, es lindern. „Doch wenn wir es schaffen“, sagt Höffkes, „Krebs frühzeitig zu erkennen und nachzuweisen, wird es immer wahrscheinlicher, den Krebs tatsächlich zu eliminieren, ihn zu heilen. Wir wollen hin zu einer fokal-kurativen Therapie“, die die Erkrankung am Ort ihres Auftretens (Fokus) angreift und nicht nur lindert, sondern heilt (curare). Hier sieht Höffkes die Disziplinen „Stahl, Strahl und Chemotherapie“, die Chirurgie, die Strahlentherapie und die Onkologie, als Schlüsseldisziplinen, um den Krebs fokussiert und heilend anzugreifen.

Symbiotische Ergänzung von Strahlen- und Immuntherapie

Insbesondere spricht für die Strahlentherapie, dass sie nicht nur für ältere Patienten relativ schonend anzuwenden sei, sondern dass sie sich auch mit neuen modernen Medikamenten wie zum Beispiel der Immuntherapie, die erst an ihrem Anfang stehe, symbiotisch ergänze. Höffkes erläutert, es gebe neue Medikamente, die eben nicht Teil einer Chemotherapie seien, sondern die in die zellvermittelte Immunität zielgerichtet eingriffen und diese verstärkten. Die Immuntherapie ziele darauf, dass die natürlichen Abwehrkräfte eine Tumorzelle wie ein Bakterium erkennten und abtöteten oder diese Zelle gar nicht erst entstehen ließen. Es gebe aber Zellen, die könnten sich gleichsam maskieren und sich ihrer Erkennung entziehen. Durch Bestrahlung würden diese Zellen zerstört. Ihre Fragmente wiederum seien „antigen“ wirksam und würden von den Immunkräften des Körpers wieder als gefährlich erkannt. „Wir können die immunologische Reaktion durch die Strahlentherapie triggern“, also auslösen, sagt Höffkes.

Mit Strahlen gegen Prostatakrebs, Bronchialkarzinom und Hirntumoren

In der Krebstherapie trete die Strahlentherapie mit zunehmendem Erfolg als Alternative zur Chirurgie an, sagt Feldmann, Während in Deutschland noch zweidrittel aller intervenierenden Prostatabehandlungen chirurgisch seien und nur ein Drittel strahlentherapeutisch, sei das Zahlenverhältnis in den USA schon umgekehrt. Feldmann schildert auch deutliche Erfolge in der strahlentherapeutischen Behandlung von Hirn-, Kopf-Halstumoren, Bronchialkarzinomen und gynäkologischen Tumoren. Mit dem zunehmenden Durchschnittsalter der Bevölkerung, das eine schonendere Behandlung und den Verzicht auf operative Eingriffe und die Risiken einer Betäubung sinnvoll erscheinen lasse, sieht Feldmann die Bedeutung seiner Fachrichtung wachsen: „Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren kommt in der Regel nur die Strahlentherapie gegebenenfalls in Kombination mit einer Chemotherapie als verbleibende kurative Behandlungsoption in Frage.“


Eine „filigrane“ Bestrahlung nimmt Rücksicht auf Raum und Zeit

„Und genau das“, führt Feldmann den Gedanken fort, „setzt eine hochpräzise Strahlentherapie voraus, über die wir nun noch besser als bisher im Klinikum Fulda als dem einzigen Krebszentrum in unserem Einzugsraum mit mehr als 500.000 Einwohnern verfügen. Wir können den Patienten unter einem bildgebenden Verfahren ganz genau zur Bestrahlung positionieren und richten ihn dabei nicht nur dreidimensional aus-, sondern nehmen mit der Zeit die vierte Dimension hinzu. Wir beobachten, wie der Patient atmet und steuern die Strahlendosis danach, wie sich die Lage der Organe im Körper mit der Atmung verändert.“ Feldmann spricht von einer genaueren, ja sogar „filigranen“ Bestrahlung, um eine hohe Dosis auf die erkrankten Zonen zu konzentrieren und mehr unverändertes Gewebe zu schonen.

Exakte Konzentration der Dosis auf das gewünschte Tumorvolumen

Diplom-Physiker Dr. sc. hum. Michael Reinert ist der Leiter des Instituts für Medizinische Physik und Strahlenschutz am Klinikum Fulda. Bevor die Ärzte eine Bestrahlung anordnen, erstellen eigens dafür qualifizierte Medizinphysiker einen Bestrahlungsplan mit Hilfe einer speziellen Simulationssoftware. Die Physiker berücksichtigen im Bestrahlungsplan nicht nur das dreidimensionale Modell des Patienten und seiner Erkrankung, sondern auch die Bewegung des Patienten – etwa durch Atmung – auf der Zeitachse sowie die technischen Spezifika des Bestrahlungsgerätes. Es komme darauf an, eine verordnete Strahlendosis in vorgegebener räumlicher Verteilung und möglichst kurzer Zeit auf ein bestimmtes Volumen im Körper zu konzentrieren sowie dabei das umliegende Gewebe und insbesondere die Risikoorgane möglichst effektiv zu schonen.

Dauer des Bestrahlungs-Slots sinkt von zehn auf zwei Minuten

Während mit den alten Geräten das Positionieren des Patienten und die Bestrahlung 15 bis 20 Minuten beansprucht habe, sagt Reinert, benötige das medizinisch-technische Personal hierfür heute nur noch etwa fünf Minuten. Die Dauer der eigentlichen Bestrahlung, der „Slot“, habe sich von zehn auf zwei bis drei Minuten verkürzt.  Das gelinge, weil der Patient zuerst unter Zuhilfenahme eines bildgebender Verfahrens exakt positioniert werde und dann die Strahlendosis mit neuen Verfahren schneller und gezielter appliziert werde. Die kürzere Bestrahlungsdauer sei eine Qualität an sich, da die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Patient bewege und die ideale Position verlasse, mit der Dauer der Bestrahlung zunehme. Da beide neuen Geräte technisch identisch seien, genüge es, einen Bestrahlungsplan je Patient zu erstellen anstelle von bisher zweien für zwei unterschiedliche Geräte.

„Wir haben den Termin- und  Kostenplan gehalten“

Im Klinikum Fulda wird möglich, was andere für unmöglich halten

Für Peter Neidhardt, Leiter des Geschäftsbereichs Bau und Technik am Klinikum Fulda, ist der Einbau zweier identischer Geräte im 2. Untergeschoss des Klinikums bei laufendem Betrieb ein Beweis dafür, dass im Klinikum Fulda möglich geworden ist, was andere für unmöglich halten. Die Pläne zu dem Umbau reichten nämlich schon fünfzehn Jahre zurück, wurden aber erst jetzt realisiert. Es galt zwei moderne Geräte mit jeweils 10 Megaelektronenvolt im Haus zu installieren. Während der Strahlenbunker, in dem jedes der Geräte zum Schutz der Umwelt und des Personals eingebaut ist, im Fall des größeren Beschleunigers auch für das neue Gerät ausreichte, musste der gesicherte Raum für das zweite neue Gerät vergrößert werden. Im laufenden Klinikbetrieb, erläutert Neidhardt, musste der alte Bunker unter neun darüber liegenden Stockwerken herausgeschnitten werden, um einen neuen, größeren Bunker einzubauen. Die Wände und die Decke des Bunkers sind – je nach Lage zur Strahlenquelle – 1,10 bis 1,55 Meter stark und aus hochdichten Barytsteinen (Schwerspat) gemauert.

Umbau und Modernisierung in weniger als drei Jahren

Der Umbau und die Modernisierung begannen im Oktober 2014 mit der Abschaltung der kleineren Anlage und sind Ende Juni 2017 abgeschlossen. Neben den beiden Bunkerräumen, in den die Linearbeschleuniger stehen, wurde der gesamte Bereich der Strahlentherapie neu und modern gestaltet. Dabei wurden helle Materialen verwendet und Farbtupfer integriert, womit das im 2. Untergeschoß platzierte Institut einen offenen und freundlichen Charakter vermittelt.

Termin- und Kostenplan mit acht Millionen Euro gehalten

„Wir haben den Termin- und den Kostenplan gehalten“, sagt André Eydt, Vorstand Administration. Der Umbau und die Modernisierung der Strahlentherapie einschließlich der Anschaffung der neuen Geräte kosteten rund sieben Millionen Euro. Davon entfielen zwei Millionen Euro auf die Bauarbeiten im Untergeschoss, die Außenstehende kaum wahrnahmen. „Der gesamte Rohbau mit seinen neun Stockwerken, der nebenan für jedermann sichtbar in den Himmel wächst, kostet etwa sieben Millionen Euro“, nennt Eydt einen Vergleich, um die Dimension der Investition in die Strahlentherapie besser einordnen zu können. Die Entwicklung der Strahlentherapie sei ein gutes Beispiel für den Weg den das Klinikum als Ganzes eingeschlagen hat. „Wir wollen die Entwicklung der Zukunft antizipieren und uns strategisch entscheiden, ob und wie wir diese Veränderungen im Dienst unserer Patienten wirtschaftlich verantwortlich gestalten. Dann sind auch Investitionen keine Kosten, sondern eine notwendige Leistung, um in Zukunft medizinischen Nutzen zu stiften und das Leben der Menschen zu verbessern.“

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