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Die „Piemont-Kirsche“ im Hofladen – Vortrag mit vielen Tipps für Selbstvermarkter und Dorfladenbetreiber

Zu dieser späten Uhrzeit gehen sonst keine Würste oder Weine mehr über die Theke des Regionalladens auf der Wasserkuppe. Doch im Anschluss an eine Abendveranstaltung zum Thema Regionalvermarktung im Groenhoff-Haus ermöglichten die Mitarbeiterinnen Sonja Wuchert, Rosemarie Kümmel und Andrea Kümpel den Gästen spontan das „Late-Night-Shopping“.

Auch wenn Dozent Wolfgang Gröll „ungewöhnliche Öffnungszeiten“ als Erfolgschance für Dorfläden und Direktvermarkter sieht, wird dieser Service eine Ausnahme bleiben. Dennoch zeigte sich der bayerische Unternehmensberater, der sich auf Dorf- und Nachbarschaftsläden spezialisiert hat, von der Initiative des Vereins „Rhöner Durchblick“ begeistert: „Von der Einrichtung des Ladens kann man sich viel abgucken.“ Der 53-Jährige referierte auf Einladung des Vereins Natur und Lebensraum Rhön (VNLR) sowie des Fachdienstes Regionalentwicklung des Landkreises Fulda vor etwa 20 Interessierten, überwiegend Direktvermarktern aus der Region.

„Sie sind die Basis für den Erfolg“, sagte Gröll zu den anwesenden Unternehmern. „Wenn Sie nicht selbst von sich und Ihrer Idee überzeugt sind, können Sie niemanden überzeugen.“ Leider würden die meisten Erzeuger ihre Produkte unter Wert verkaufen. Der Betreiber eines Dorfladens aus der bayerischen Rhön bestätigte dies und beklagte, dass es schwierig sei, Direktvermarkter für eine Kooperation zu gewinnen. Eine Frau berichtete, dass sie sich erst getraut habe, den Preis ihres Fleischsalats zu erhöhen, nachdem sie auf einem Kassenbon zufällig gesehen habe, dass die Kunden im Supermarkt mehr für das Produkt bezahlen mussten als es im Hofladen kostete.

Nicht nur ein angemessener Preis spiegele das Selbstbewusstsein der Erzeuger und Verkäufer wider, sondern auch das Marketing. „Sie bieten die Qualität, die von der Industrie in der Werbung nur vorgegaukelt wird“, ermutigte Gröll und zeigte auf, „was Werbesprache mit dem Verbraucher macht“. Analog zur „Piemont-Kirsche“ schlug er Gröll vor, Produkten durch klangvolle Zusätze wie den Beigeschmack von etwas Besonderem zu verleihen, beispielsweise „gefüttert mit Wurzener Kraftfutter“ oder „Kartoffeln vom Martelsacker“. Ein weiterer Trick der „Großen“ sei es, Emotionen anzusprechen, indem der Nutzen eines Produkts herausgestrichen werde.

Zu diesem Nutzen gehöre insbesondere auch der Eindruck, den der Kunde von den Mitarbeitern mit nach Hause nehme. Humorvoll lieferte Gröll ein selbsterlebtes Negativbeispiel: „Das ist aber teuer. Zwei Stück wollen Sie davon!?“, habe er sich an der Kasse beim Kauf eines Bio-Schokoaufstrichs anhören müssen. Ein anderer Tipp des Unternehmensberaters zur ansprechenden Einrichtung eines Ladens lautete: „Lieber ein kleines Kühlregal, das aber voll.“ Dekorationen, die Geschichten erzählten, sorgten für Flair. Auch Verkostungen trügen dazu bei, für den Unterschied zwischen Massenware und heimischen Produkten zu sensibilisieren.

„Vieles habe ich gewusst“, meinte eine Teilnehmerin am Ende. „Aber es war trotzdem sehr nützlich, sich die Punkte wieder bewusst zu machen, zum Beispiel wie wichtig das eigene Auftreten ist.“ „Der Vortrag hat gezeigt, dass die Kleinen nicht unterlegen sind und auch preislich mit den Großerzeugern mithalten können“, resümierte Bruno Günkel, beim Kreis zuständig für Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderung. „Die Rhön besitzt das Potential, mit Erzeugung und Verkauf von Lebensmitteln Geld zu verdienen“, betonte er abschließend.“ Neben Wertschöpfung gehe es beim Thema Regionalvermarktung um die Sicherung der Nahversorgung im ländlichen Raum.

Bildunterschrift:
Die Laden-Mitarbeiterinnen Rosemarie Kümmel, Andrea Kümpel und Sonja Wuchert (v.r.) freuten sich gemeinsam mit Janet Emig (VNLR) und Bruno Günkel vom Regionalentwicklung über das Lob, das Unternehmensberater Wolfgang Gröll (li.) dem Regionalladen auf der Wasserkuppe aussprach.

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