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Pflegeberufe in Hessen: Großer Bedarf in der Kranken- und Altenpflege

Die Personalnachfrage nach Pflegekräften in Hessen steigt kontinuierlich an. Fachkräfte sind begehrt und werden vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zunehmend gesucht.
 
Nicole G. ist glücklich über ihren neuen Job in der Altenpflege. Unterstützt und gefördert durch die Arbeitsagentur Frankfurt, hat sie im Rahmen einer Umschulung nun die dreijährige Ausbildung zur Altenpflegerin abgeschlossen.
Zuvor arbeitete die zweifache Mutter unter anderem mehrere Jahre in Teilzeitbeschäftigungen im Verkauf, ohne entsprechende berufliche Qualifikation. „Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich beruflich zu finden“, erzählt die 38-Jährige. „Das habe ich jetzt. In der Ausbildung und durch den Umgang mit den Menschen lernt man auch viel über sich selbst.“
Mit ihrem neuen Berufsabschluss hat sie bereits eine Arbeitsstelle gefunden und wird im Juni im Pflegewohnstift am Wasserturm in Frankfurt, einer Einrichtung der Deutschen Seniorenstift Gesellschaft, beginnen. Christina Metz, Einrichtungsleiterin des 123 Betten Hauses, weiß: „Es ist sehr schwer, gute Fachkräfte zu finden. Deshalb bilden wir auch selber aus, in der Regel haben wir 10 bis 11 Azubis.“
Einer dieser Auszubildenden ist Marcel, Sohn von Nicole G, der zunächst die einjährige Ausbildung als Altenpflegehelfer absolviert hatte. „Er hat durch mich Gefallen an dem Beruf gefunden und sich dann wegen der vielseitigen Möglichkeiten entschlossen, die Ausbildung fortzusetzen“, so die Mutter.
Etwa 40.800 Menschen gehen in Hessen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Altenpflege nach (Stand September 2017). Mit 53,4 Prozent war der etwas größere Anteil auf Helferniveau beschäftigt.
Bei den offenen Stellen – 1.828 waren im April 2018 bei den hessischen Arbeitsagenturen gemeldet – lag der Helferanteil nur bei 40,3 Prozent. Die Stellenbesetzung gestaltet sich zunehmend schwieriger: Im Schnitt dauerte es 188 Tage, eine freie Stelle in der Altenpflege zu besetzen. Werden Arbeitskräfte mit Qualifikation als Fachkraft gesucht, erhöhte sich dieser Wert sogar auf durchschnittlich 235 Tage.
Generell ist die Beschäftigung in den Pflegeberufen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. In der Gesundheits- und Krankenpflege liegt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Hessen inzwischen bei etwa 75.900 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (Stand September 2017). Mit 17,3 Prozent war der Helferanteil deutlich niedriger als im Altenpflegebereich. Dass in erster Linie qualifizierte Fachkräfte gesucht werden, zeigt sich an dem Anforderungsniveau der vakanten Stellen: Lediglich 9,6 Prozent der insgesamt 1.112 bei den hessischen Arbeitsagenturen gemeldeten Stellen bezieht sich auf eine Tätigkeit auf Helferniveau. Eine freie Stelle zu besetzen dauerte in der Krankenpflege im Schnitt 127 Tage, bei einer Fachkraftstelle sogar 132 Tage.
Die Entlohnung in den beiden Berufszweigen ist unterschiedlich: Belief sich das mittlere monatliche Bruttoarbeitsentgelt Vollzeitbeschäftigter in der Krankenpflege auf 3.192 Euro (Jahr 2016), war es in der Altenpflege mit 2.398 Euro deutlich niedriger.
„Die Pflege ist eine Zukunftsbranche“, betont Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen. „Fachkräfte werden dringend benötigt. Vor dem Hintergrund einer im Schnitt immer älter werdenden Bevölkerung wird sich dieser Trend bundesweit und in Hessen weiter verschärfen.“
 
Besonders bei examinierten Pflegefachkräften bestehe bereits heute ein Fachkräfteengpass. Die Arbeitsagenturen sind aktiv: Sie unterstützen Interessierte mit Qualifizierungsangeboten und finanziellen Hilfen bei einem Berufseinstieg, bieten mit Jobbörsen und Informationsveranstaltungen die Gelegenheit, Pflegeberufe kennenzulernen und Kontakte mit Arbeitgebern zu knüpfen.
Auch die Gewinnung ausländischer Arbeitskräfte trägt zur Fachkräftesicherung bei: Hierzu zählen das bundesweite Projekt „Triple Win“ der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie ein Projekt des Internationalen Personalservice (IPS)  der ZAV mit der AWO Nordhessen, dessen Ziel es ist, spanische Altenpflegekräfte für eine verkürzte Fachkraftausbildung zu gewinnen.
 
Martin begrüßt, dass die hessischen Arbeitsmarktakteure auch gemeinsam nach Lösungen suchen, um Pflegeberufe für junge Menschen attraktiv zu machen:
„Im Rahmen der Berufsorientierung bieten wir Schülerinnen und Schülern die Chance, in Hessischen Gesundheitscamps hinter die Kulissen zu schauen und den Berufsalltag praxisnah kennenzulernen. Die hessische Landesinitiative „Pflege in Hessen integriert“ richtet sich, unter anderem mit Pflegetagen an beruflichen Schulen, an junge Menschen speziell mit Fluchterfahrung. Pflegeberufe bieten aussichtsreiche Beschäftigungsmöglichkeiten als Fachkraft sowie als Quereinsteiger. Die Arbeit in der Pflege ist sehr anspruchsvoll. Neben der Schaffung ansprechender Arbeitsbedingungen ist es deshalb notwendig, die Anerkennung dieser Berufsgruppen in der Gesellschaft zu stärken.“
Das findet auch Nedeljka B. Anders als Nicole G. arbeitete sie bereits seit mehreren Jahren in der Pflege, unterstützte und pflegte eine körperlich behinderte Frau im häuslichen Bereich. Eine Pflegeausbildung hat die ursprünglich gelernte Bautechnikerin nicht. Die Arbeit mit Menschen macht ihr große Freude. Gesundheitliche Probleme führten allerdings dazu, dass die körperliche Belastung zu groß wurde und sie ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben darf.
Was also tun? Da die 59-Jährige, die sich privat auch um die Betreuung ihrer Eltern kümmert, gerne im sozialen Bereich bleiben wollte, fand sich eine Lösung: Gemeinsam mit ihrer Arbeitsvermittlerin fasste sie eine Qualifizierung als Betreuungskraft ins Auge, die sie mit Fördermitteln der Arbeitsagentur in diesem Jahr erfolgreich absolvierte. Als Betreuungskraft kann sie weiterhin hilfe- und pflegebedürftige Menschen unterstützen, sie bei Untersuchungsterminen oder Freizeitaktivitäten begleiten. Nun sucht sie, weiterhin von der Arbeitsagentur begleitet, nach einer neuen Beschäftigung in einer Altenpflege- oder Betreuungseinrichtung und hofft auf eine positive Antwort.
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