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„You brought peace to our families“ – Vernissage der Ausstellung „Wonder of the Female Body“ in der Richard-Müller-Schule

Mit einer inspirierenden und kurzweiligen Feierstunde wurde die Wanderausstellung „Wonder of the Female Body“ des Vereins LebKom e.V., der sich im Rahmen des FULDA-MOSOCHO-PROJEKT gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen in Kenia einsetzt, in der Richard-Müller Schule eröffnet. Gastredner Michael Brand dankte Schulleiterin Claudia Hümmler-Hille dafür, das Thema aufgegriffen zu haben. „Der Einsatz für die Menschenrechte woanders ist Einsatz für unsere eigenen Menschenrechte“, sagte der Bundestagsabgeordnete, der auch Mitglied im Bundesausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe ist.
Die Direktorin der Richard-Müller-Schule hob zu Beginn der Vernissage das große Interesse an dem Thema „Wie können Mädchen vor Genitalverstümmelung geschützt werden“ hervor, das sich angesichts der vielen BesucherInnen der Vernissage zeige und keineswegs selbstverständlich sei. Hümmler-Hille führte in ihrer Begrüßungsansprache aus, wie es der Fuldaer Professorin Dr. Muthgard Hinkelmann-Toewe in den vergangenen 15 Jahren gelungen sei, einen positiven Wandel in der Region Mosocho zu initieren und nachhaltig zu begleiten. Die Professorin der Hochschule Fulda ist dafür bereits zusammen mit dem Verein LebKom e.V. von Unicef ausgezeichnet worden, die das Projekt zu einem der fünf wirksamsten im Einsatz gegen FGM (Female Genital Mutilation) weltweit zählt. Die Rednerin ging der Frage nach, wie Hinkelmann-Toewe zu diesem Erfolg gelangen konnte, so viele Mädchen zu retten. „Mit Negativem, Defizitärem kann man bekanntlich wenig positive Energie entfalten“, so die Direktorin. Hinkelmann-Toewe habe es mit ihrem Wert-Zentrierten Ansatz geschafft, einen positiven Zugang zu finden, eine Situation mit den Betroffenen herzustellen, bei der bei beiden Seiten das Gefühl vorherrscht, etwas davon zu haben. Dabei sei es ein elementarer Schritt gewesen, dem Beschneidungsritual eine religiöse Dimension abzuerkennen und das eigentliche Motiv herauszuarbeiten: „Es geht um Besitz und um Unterdrückung, um ein Instrument um die vermeintliche Wildheit des Weiblichen zu zähmen“, so fasst Hümmler-Hille zusammen. Ziel sei es, dass alle Beteiligten erkennen, dass Nichtbeschneidung ein Gewinn für alle darstelle. Multiplikatoren dieser Einsicht sind innerhalb des Projekts vor allem Lehrerinnen und Lehrer der Region Mosocho in Kenia, ebenso wie Bürgermeister und Dorfälteste, die das von Mitarbeitern des Vereins LebKom e.V. vermittelte Wissen um die Anatomie der Geschlechtsorgane und deren Funktion, aber auch das Erkennen von Unterdrückung und Gewalt weitergeben.
Auch MdB Michael Brand zollte Professorin Hinkelmann-Toewe und ihren MitstreiterInnen größten Respekt. Als Vater von drei Töchtern werde es ihm angesichts des Themas immer wieder bewusst, in welch privilegierten Verhältnissen man hierzulande aufwachse. In einigen Regionen Afrikas seien fast alle kleinen Mädchen von FGM bedroht. Weltweit seien 200 Millionen Frauen ihrer Gesundheit und Unversehrtheit sowie ihrer Sexualität beraubt! Erschütternd sei, dass das Los der Geburt über das grausame Schicksal entscheide. Brand machte in seiner persönlichen und einnehmenden Ansprache deutlich, dass es wichtig sei, Verantwortung zu übernehmen „für ein Thema, was angeblich so weit weg ist“ und sich „für einen Wandel einzusetzen“. Er hob hervor, dass der Verein LebKom e.V. sich dieser Verantwortung in besonderer Art und Weise stelle, genauso wie die Schule, die mit dieser Ausstellung das Thema „FGM“ in den Fokus rückt. „Wir sind stolz darauf, dass aus Fulda für Menschenrechte weltweit so viel getan wird.“ An Prof. Hinkelmann-Toewe gewandt fügte er hinzu: „…und dafür mag ich Sie so.“
Ein echtes Highlight der Vernissage war der wissenschaftliche Beitrag „Der Wert-Zentrierte Ansatz, was er bewirkt und wo er gebraucht ist“ von Frau Prof. Muthgard Hinkelmann-Toewe, die es mit ihrer authentischen und inspirierenden Art schaffte, alle Anwesenden in den Bann zu ziehen und für ihre Sache zu begeistern. Sie ermutigte die Direktorin und die Mitorganisatoren der Ausstellung, Birgit Rohleder und Silvia Kehl, sich nach kenianischer Tradition für die gelungene Veranstaltung und den stimmungsvollen Rahmen selbst zu beklatschen.
„Afrikapolitik muss Begeisterung auslösen und zwar nach beiden Seiten“, verdeutlichte Hinkelmann-Toewe. Angesichts der Lage in vielen afrikanischen Staaten, die von Diktatoren beherrscht und wo Frauen massiv unterdrückt würden, sei die Tatsache, dass es in der Region Mosocho, die ca. 130000 Einwohner hat, seit fünfzehn Jahren keine Beschneidungen mehr gebe, geradezu ein Wunder. Die Familien hätten sich von innen heraus reformiert, geschlechtsspezifische Gewalt sei ersetzt durch friedvolles Verhalten und die Gleichheit von Mann und Frau nun aktiv von den Menschen vor Ort zur Umsetzung gebracht. Das Ende der Beschneidung sei eine Folge davon. Vor allem seien die Männer von Anfang an mit einbezogen worden. Durch den Wert-Zentrierten Ansatz würden sich Männer bewusst, dass sie die Frauen als Entwicklungsträgerinnen bräuchten, sie diese mit ihrem Verhalten und der Forderung nach Beschneidung allerdings unterdrückten. Die Ungleichbehandlung der Geschlechter beginne bereits „auf dem Wickeltisch“, so Hinkelmann-Toewe. Mit „Wonder of the Female Body“ in den Wert-Zentrierten Seminaren des FULDA-MOSOCHO-PROJEKTes würden anatomische Übereinstimmungen des weiblichen und männlichen Geschlechtsorgans bewusst gemacht, was eine wichtige Basis für die Gleichstellung der Geschlechter sei. Männer würden sich durch Selbstreflektion nach der Teilnahme am Projekt entscheiden, nun echte Partner für ihre Frauen zu sein. „You brought peace to our families!“ so zitiert die Professorin einen der ersten Projektteilnehmer, den Vize-Bürgermeister von Mosocho, Richard Aminga. 
Die Erfolgsgeschichte Mosochos strahlt auf die Nachbarregionen Kisii South und Marani aus, wo bereits die ersten 1000 Mädchen nachhaltig geschützt sind. Nun fragt ganz Kisii-County mit seinen 1,3 Millionen Einwohnern durch über 350 hochrangige Offizielle die Zusammenarbeit nach dem in Fulda entwickelten Wert-Zentrierten Ansatz an. 
Die Freude der kenianischen Familien, die das schreckliche Ritual der Beschneidung überwunden haben, äußerte sich für die Besucher der Vernissage eindrücklich in einer Videobotschaft aus Mosocho mit Grüßen an die Richard-Müller-Schule und einem „Body-Song“. Die Familien bedankten sich bei ihrer „Dr. Muthgard“.
Abschließend stellte Jasmina Otterbein als Vertreterin der Schülerschaft (SV) dar, dass der Schulgemeinde sehr viel daran liege, das Thema FGM präsent zu machen. Die mit ihrem Kuchen- und Taccoverkauf erzielten Einnahmen spendete die SV an den Verein LebKom e.V., wofür sich Geschäftsführerin Ulrike Maschke herzlich bedankte. Unter den Gästen befanden sich Vertreter verschiedener öffentlicher und kirchlicher Einrichtungen, sowie der leitender Schulamtsdirektor Harald Persch, Generalvikar Prof. Dr. Gerhard Stanke, Prof. Dr Hartmann von der theologischen Hochschule, Dr. Herbert Büttner (Kreishandwerkerschaft Fulda), Frau Lengsfeld (antonius netzwerk Mensch) Herr Bien (Perspectiva) und Sybille Herbert für den Magistrat. Für die berührende musikalische Mitwirkung erhielten die Mitglieder der Schülerband (Katharina Uebe und Timo Ziebart) und Lilly und Torsten Schumacher viel Applaus.
Die Wanderausstellung ist noch bis zum 04.12.2018 im Handelszentrum der Richard-Müller-Schule zu sehen und während der Schulzeit geöffnet. Anmeldung bei der Schulverwaltung (0661-9687-0). Interessierten und Schulklassen bietet der Verein LebKom e.V. Führungen an (0661-64125).

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