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Thomas Schaumberg von Vogelsberg Consult über die Chancen einer potenziellen Wachstumsregion

Ja, er gilt immer noch als eine der wenigen hessischen Regionen, die in Zukunft weiter schrumpfen werden – gerade erst reihte sich der Vogelsberg in der Erhebung des Statistischen Landesamtes mit Waldeck-Frankenberg, Schwalm-Eder und Werra-Meißner in die Liste der vier Landkreise Hessens ein, die nicht vom Wachstum der letzten sechs Jahre, das immerhin 4,5% betrug, profitiert haben. Strukturschwach soll er sein, überaltert und ohne Perspektiven. Dass diese einseitige Sicht auf den Vulkan überholt ist, davon zeigt sich Thomas Schaumberg, Geschäftsführer der Regionalentwicklungsgesellschaft Vogelsberg Consult GmbH, überzeugt: Der Geschäftsbericht des Jahres 2018, der vor kurzem vorgestellt wurde, zeigt: Ja, der Vogelsberg schrumpft weiter, doch längst nicht mehr in dem vor wenigen Jahren noch prognostizierten Ausmaß. Auch als Arbeitgeber zeigt sich die Region attraktiv, wie sowohl die steigende Anzahl an Einpendlern und Einpendlerinnen als auch die unter dem Durchschnitt liegende Arbeitslosenquote belegen.

Der Vogelsberg auf dem Weg zur Wachstumsregion?
„Bis der Vogelsberg wieder wachsen kann, wird es noch ein wenig dauern“, gibt Schaumberg trotz leicht verbesserter Zahlen zu bedenken, „denn unsere Erhebungen zeigen auch, dass die Wirtschaft in Abhängigkeit von der Bevölkerungszahl nicht wirklich schnell wird wachsen können.“ Denn trotz guter Konjunktur gibt es einen limitierenden Faktor der Vogelsberger Wirtschaft – die Fachkräfte. „Wir haben bereits seit Jahren einen nicht erfüllten Bedarf von mehr als 3.000 Fachkräften in der heimischen Wirtschaft – die Prognosen des IWAK Instituts der Goethe-Universität in Frankfurt, gehen bis zum Jahr 2024 von 6.450 fehlenden Fachkräften allein im Vogelsberg aus“, stellt Schaumberg dar. Für die anliegenden Landkreise Fulda und Gießen sehe das nicht besser aus, sodass es eine Frage der richtigen Angebote und Fachkräftewerbung sein wird, ob die Menschen im Vogelsberg oder außerhalb der Kreisgrenzen arbeiten werden. Trotz verbesserter Zahlen beträgt die Differenz zwischen Ein- und Auspendlern immer noch mehr als 9.000 Menschen zugunsten der Auspendler.

Die wachsende Anzahl an offenen Fachkräftestellen sehen die Studien tatsächlich in der altersbedingten Verrentung begründet. Dabei schlagen hier vor allem nichtakademische Berufe zu Buche: „Es wird zukünftig an Fachkräften in den Pflegeberufen, in Erziehungs- und sozialen Berufen, aber auch im Handwerk und in der Gastronomie fehlen. Selbst die Berufe des Groß- und Einzelhandels sind von dem Fachkräftemangel betroffen“, malt der VBC-Geschäftsführer ein nicht allzu rosiges Bild von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

Das Hauptaugenmerk seiner Gesellschaft kann daher auch nur auf der Fachkräftesicherung liegen, die auch im Berichtsjahr 2018 wie in den Jahren zuvor im Rahmen zahlreicher Projekte gefördert wurde: „Seit 2016 bis Mitte 2019 standen rund 850.000 Euro zusätzliche Fördermittel für Fachkräftesicherung, für Koordination des Übergangs Schule – Beruf, für die Anwerbung von Auszubildenden, für die Reduzierung von Ausbildungsabbrüchen und für die Nachqualifizierung zur Verfügung“, führt Schaumberg aus und stellt einige Projekte aus diesem Pool vor, deren Ziel es ist, Fachkräfte auszubilden und zu qualifizieren, diese anzuwerben und die Beschäftigung auszuweiten.

Dazu gibt es verschiedene Instrumente – ein sehr erfolgreiches ist QuABB (Qualifizierte Ausbildungsbegleitung in Betrieb und Berufsschule), das von Dipl.-Pädagoge Marian Mattner betreut wird. Hier geht es darum, bedrohte Ausbildungsverhältnisse durch Beratung und moderate Veränderungen zu retten oder beendete Ausbildungsverhältnisse in ein neues zu überführen. Im Jahr 2018 berichtet Mattner von 31 Beratungskunden, von denen schließlich 27 ihre Ausbildung fortsetzten und vier eine neue Ausbildung begannen. „Somit ging dem Arbeitsmarkt keine potenzielle Fachkraft verloren“, skizziert Schaumberg den Erfolg von QuABB, das auch im laufenden Jahr fortgesetzt wird. Ein weiteres Betätigungsfeld ist die Qualifikation von Menschen, die sich in ihrem bereits ausgeübten Beruf weiterqualifizieren möchten. Im Rahmen der Initiative ProAbschluss vermitteln Kathatina Barth und Dipl.-Kfm. Matthias Steckenreuter Fördermöglichkeiten an Menschen, sich berufsbegleitend zu gut und passend ausgebildeten Fachkräften weiterzuentwickeln. „Firmen unterstützen in der Regel die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden, da sie deren Wert deutlich erkannt haben“, so Steckereuter. Weitere Mechanismen zur Fachkräftebindung sind Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die gemeinsam mit dem Bündnis für Familie im Vogelsberg verfolgt werden. Die Praktikums- und Ausbildungsbörse setzt früher an – sie soll helfen, den Übergang Schule-Beruf zu erleichtern. Und weil Ausbildung ein ganz großes Thema ist, macht seit kurzem auch ein Film für den Charme einer guten Berufsausbildung Werbung. „Wir hoffen, dass auch diese Maßnahmen, die am Anfang einer Berufswahl und -ausbildung stehen, zum Erfolg führen“, wagt Schaumberg einen Blick in die Zukunft.

Ein Blick zurück führt ihn in seinem Geschäftsbericht 2018 zu 108 Veranstaltungen, die seine Gesellschaft für Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderung den Menschen in der Region angeboten hat. Vom regelmäßig stattfindenden Unternehmens- und Gründersprechtag über die Teilnahme an der Grünen Woche bis hin zur Expertenrunde „Wandel im Dialog“. Unter zahlreichen Vorträgen und Workshops stach aus den Veranstaltungsangeboten die Jubiläumstagung „25 Jahre Regionalentwicklung in Hessen – Tag der hessischen LEADER-Regionen“ heraus, wie Schaumberg berichtet. In der fünften Umsetzungsphase von 2014 bis 2020 fließen aus der LEADER-Förderung ca. 2 Millionen Euro in den Vogelsberg, führt er aus. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen mit außergewöhnlichen Geschäftsideen profitierten davon, wie der Geschäftsführer mitteilte.

Zu den strategischen Ansätzen von Vogelsberg Consult zählt Schaumberg die Pflege des Unternehmensbestandes, die Förderung von Existenzgrünungen und die Verbesserung der Standortfaktoren. Alle Maßnahmen aus den Bereichen Finanzierungsberatung, Fachkräftesicherung, Bündnis für Familie, LEADER und die Schaffung von Austauschforen dienen diesen Zielen. „Und das“, so Schaumberg, „soll auch im laufenden Jahr 2019 und darüber hinaus unter dem Dach des Vogelsbergkreises so bleiben.“

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