Logo

Neuer Vorstoß für mehr regionale Produkte in den Rhöner Gaststuben

Bad Salzungen. Erneut reichten die Plätze kaum aus, als sich zum 3. Mal im Rahmen des Thüringer Gastronomieprojektes der ARGE Rhön Gastronomen und Produzenten aus der Region trafen. Diesmal hatte die Küche des Hotels und Restaurants „Kurhaus am Burgsee“ aus verschiedenen regionalen Zutaten ein Buffett bereitet.

ARGE Rhön / Carsten Kallenbach ARGE Rhön / Carsten Kallenbach

Einsatz der Gelder hat sich gelohnt

„Es ist notwendig, dass es zwischen den Produzenten, Direktvermarktern und Gastronomen eine Kommunikation gibt, um über Qualität und Preis der Produkte zu sprechen. Wichtig ist aber auch, die regionalen Erzeugnisse und ihre Qualität zu kennen – und dazu muss man sie probieren“, meinte der Geschäftsführer der Regionalen Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Rhön, Ewald Klüber. Das Gastronomieprojekt, das vor drei Jahren in der bayerischen Rhön startete und inzwischen abgeschlossen ist, wurde von der EU im Rahmen der europäischen Gemeinschaftsinitiative LeaderPlus gefördert.

Die fünf in der ARGE Rhön zusammen geschlossenen Landkreise übernehmen die Kofinanzierung, erklärte er. Der Einsatz der Gelder habe sich im bayerischen Teil der Rhön gelohnt, und auch beim Gastronomieprojekt in der Thüringer Rhön mit dem Titel „Rhöner Genusstour“ gebe es eine große Bereitschaft der Beteiligten, dieses wirklich und dauerhaft mit Leben zu erfüllen. Dabei verwies Klüber auf die zwei Informations- und Verkostungsveranstaltungen im November 2008 in Dermbach und Birx, bei denen sich unerwartet viele Produzenten, Direktvermarkter und Gastronomen trafen.

Inzwischen seien aus diesen Begegnungen zusätzliche Kooperationen entstanden, die letztlich dazu dienen, Arbeitsplätze sowohl in der regionalen Landwirtschaft als auch im regionalen Gastgewerbe bis hin zum Dienstleistungsbereich zu erhalten. Darin liege auch eine Chance, dass junge Leute in Zukunft wieder eine berufliche Perspektive in ihrer Heimat sehen und diese eben nicht verlassen. Die Rhöner Genusstour entwickle sich so zu einem echten Wirtschaftsförder-Faktor in der Region.

Martina Klüber, Touristikerin aus Schleid, bezeichnete das kulinarische Erbe als ein besonders wichtiges Kulturgut für eine Region wie die Rhön. Typische regionale Produkte und ihre besonderen Herstellungsverfahren seien die Basis der Esskultur einer Region. Napoleon Bonaparte habe beispielsweise seinerzeit das Rhönlamm als Delikatesse entdeckt. Heute stehe es in vielen gehobenen Restaurants Frankreichs auf der Speisekarte. „Wir müssen uns fragen, warum das bei uns nicht so ist“, meinte Martina Klüber. In Befragungen hätten viele Gäste angegeben, dass sie unter anderem wegen dem regionalen Essen und Trinken in die Rhön kommen. Zuallererst sei es aber die Landschaft.

„Unsere Kulturlandschaft kann aber nur erhalten werden, wenn die Landwirtschaft Perspektiven hat und die Flächen weiterhin mit Kühen, Schafen und Ziegen beweidet. Um ihre Tiere zu einem vernünftigen Preis verkaufen zu können, braucht sie die regionale Gastronomie. Es geht also beim Gastronomieprojekt der ARGE Rhön nicht nur um das Essen schlechthin, sondern es dient auch dem Erhalt des Landschaftsbildes und damit der Stärkung des Tourismus.“ Die Rhön sei eine Destination unter vielen in Deutschland, die allesamt im Wettbewerb miteinander stehen. „Nur wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, ist diese Destination stark“, sagte die Touristikerin. Das Projekt der ARGE Rhön sei dazu da, um alte regionale Kreisläufe wieder anzukurbeln. „Mit Leben erfüllen muss es aber jeder selbst.“

Gäste kommen wegen dem „drum herum“

Gastronomin Brigitte Vorndran aus Bischofsheim, die ursprünglich aus Dorndorf stammt und in der Projektgruppe des Gastronomieprojektes für die Thüringer Rhön als erfahrene Projektentwicklerin mitarbeitet, berichtete den anwesenden Produzenten, Direktvermarktern und Gastronomen über ihre persönlichen Erfahrungen, konsequent auf regionale Produkte in der Gaststätte umzustellen. „Als wir vor über zehn Jahren damit begonnen haben, haben viele darüber gelächelt. Heute lächeln auch noch welche, aber es sind weniger, und wir sind glaubhafter geworden.“ Die Gäste, hob Brigitte Vorndran hervor, kommen nicht wegen dem fertig panierten Schweineschnitzel in die Rhön, das von Hamburg bis München überall gleich schmeckt. „Sie kommen wegen dem, was es nur noch hier gibt. Wenn wir Gastronomen eng mit unseren Produzenten vor der Haustür zusammen arbeiten, dann können sich die Gäste auch den Bauernhof, die Käserei oder die Brennerei ansehen, von denen die Produkte stammen. Das eröffnet völlig neue Perspektiven für einen einzigartigen Tourismus“, sagte Vorndran.

Torsten Stütz, ebenfalls Projektmitarbeiter und Inhaber des Keltenhotels „Goldene Aue“ in Sünna, wies darauf hin, dass oft über den höheren Preis für regionale Produkte gesprochen werde. „Es gibt aber durchaus Produkte aus der Region, die sogar günstiger sind, beispielsweise Bier oder Wasser.“ Das Besinnen auf eine traditionelle regionale Küche sei eine Motivation für den Gastwirt. „Denn damit kann er sich von der großen Masse abheben“, meinte Stütz. „Der Preis eines Produktes entsteht immer danach, was in ein Produkt hineinkommt“, ergänzte Holger Pfaff, Landwirt aus Dermbach. Er stellt Bauernhofeis her – aus hofeigener Milch und hofeigener Sahne. Außerdem verwendet er ausschließlich frische Früchte und keine Farb- und Aromastoffe wie in der Industrie. „Dadurch schmeckt das Produkt unverwechselbar, und der Gast honoriert das, auch wenn es teurer als das Eis aus der Tiefkühltruhe ist.“

Das Auge isst mit

Dass Gerichte aus regionalen Zutaten nicht nur schmecken, sondern auch durchaus ansprechend angerichtet sein können, bewiesen Küchenleiter Christian Wilhelm und der gastronomische Leiter Jürgen Ulbrich mit ihren Teams vom Hotel und Restaurant „Kurhaus am Burgsee“ sehr eindrucksvoll. Enten, Nudeln und Kartoffeln lieferte die Agrargenossenschaft „Rhönland“ in Dermbach für das regionale Buffett. Das Lamm, die Salami und der Rhöner Landschinken kamen von der Landschaftspflege-Agrarhöfe GmbH & Co. KG in Kaltensundheim; der Rotkohl vom Ökozentrum „Werratal“ in Vachdorf. Die Bäckerei Eckardt aus Bad Salzungen lieferte das „Keltenbrot“; Norbert Iffert aus Steinbach die Forellen. Die Bio-Eier stammten vom „Geflügelparadies“ in Bad Salzungen und der Honig von Alfred Dietzel aus Schweina.

Weitere Termine für die „Rhöner Genusstour“ in der Thüringer Rhön stehen bereits fest. Ein nächstes Treffen zwischen Produzenten, Direktvermarktern und Gastronomen wird es am 5. Februar in Meiningen geben. Interessierte können sich bei der ARGE Rhön oder dem Projektteam melden. Zu einem Seminar „Rhöner Küche“ wird am 16. Februar in die Gaststätte „Zum grünen Baum“ nach Bettenhausen eingeladen. Am 2. und 3. März werden wieder Schulungen für das Servicepersonal von Gaststätten stattfinden. Spezielle Schulungen zur Verarbeitung von Ziegen- und Lammfleisch sowie eine weitere gewünschte Schulung sind für den 24. und 25. März im Staatlichen Berufsbildungszentrum Bad Salzungen geplant. Am 18. März lädt die Projektgruppe des Thüringer Gastronomieprojektes alle Gastronomen zu einer Busfahrt ein, um Produzenten und Direktvermarkter der Region sowie ihre jeweiligen Betriebe direkt vor Ort kennen zu lernen. Ebenfalls wird an einem länderübergreifenden Lehrlingswettbewerb in Bad Salzungen für Köche und Service am 7. Oktober 2009 gearbeitet.

Categories:

Alle Nachrichten, Essen & Trinken, Umwelt & Tourismus