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„Intelligible gewaltlose Kunst“ – Ausstellungseröffnung in Kleinsassen

Schönes aus Kleinsassen. „Kunst ist Freiheit und darf nicht verwässert werden von persönlichen Gefühlsduseleien oder politischen Parolen“, donnert der Künstler und Hünfelder Museumsleiter Jürgen Blum am Donnerstag in seiner Eröffnungsrede über die Köpfe der voll besetzten Ausstellungshalle 3 der Kunststation hinweg.

Fotos (6): Marianne Blum

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„Wer politisch sein will, soll das im Leben tun und nicht in der Kunst“, verteidigt er leidenschaftlich diese von den Avantgardisten der konkreten Kunst wie Malewitsch und Stazewski erkämpfte Freiheit gegen den Ansturm von Meinungen und Kommentaren, die uns tagtäglich in den Medien „vergewaltigen“. In der Kunst gehe es darum, hinter vermeintliche Wahrheiten zu blicken, ihr eigentliches Gesicht zu zeigen, zum eigenen Denken anzuregen, in einem Wort: es geht darum wirklich frei zu sein.

Die Kunstwerke der 58 Künstler aus Deutschland, Österreich, Polen und Israel, die die Ausstellung „Intelligible gewaltlose Kunst“ als Kollektiv erarbeitet und zusammengestellt haben, verwirklichen diese Freiheit auffällig oft mit Hilfe von Worten und Bedeutungen, die ihre optische Wirkung durch ihre ganz spezielle Form der Gestaltung und durch die Platzierung der Werke im Raum erzielen. Wenn Klaus Groh z.B. mit schwarzen Buchstaben „Try“, „Yes!“ „Soo?“ usw. auf eine Reihe Spiegelquadrate schreibt, in denen sich der Betrachter vielfach gespiegelt selbst sieht oder wenn bei Heinz Gappmayr auf der leeren Seite eines aufgeschlagenen Buches, das auf einem Notenständer steht, „Space“ zu lesen ist.

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Worte sind auch das Thema der Lyrikerin Nora Gomringer, die mit einer Lesung ganz anderer Art das Vernissagenpublikum auf den Kunstgenuss einstimmt. Wortreich aber auch lakonisch, stimmgewaltig und wortmächtig, witzig und hintersinnig, gibt die Gewinnerin zahlreicher poetry-slams, der unter anderem auch der Bayrische Kunstförderpreis verliehen wurde und die zu den erfolgreichsten „Spoken-Word-Poeten“ zählt, Kostproben ihrer Schreibe zum Besten.

Und wie sie das tut, das ist ein Erlebnis. In allen Tonlagen und Tempi, ohne Scheu vor Grimassen und unter Einbeziehung von Wolfsgeheul und Lautmalerei stellt sie in ihren Gedichten Fragen, macht sich Gedanken zum Gedankenmachen, führt Ärger vor und Selbstgerechtheit, erzeugt überzeugend Gefühle und spielt mit Sinn und Unsinn sprachlicher Wendungen wie ein Jongleur. Das Publikum hängt gebannt an ihren Lippen und dankt mit lang anhaltendem Applaus.

Die Kunstwerke der Ausstellung „Intelligible gewaltlose Kunst“ wirken geradezu kontemplativ gegen diese Vorstellung. Doch genau das sollen sie auch sein. „Das Werk ist Nebensache“, gibt Blum den Besuchern noch mit auf den Weg, „es ist ein Schritt auf dem Weg hin zu einem Gedanken“.

Die Ausstellung „Intelligible Kunst“ wurde in Zusammenarbeit mit dem internationalen Kongresszentrum „Vienna“ in Wien entwickelt und wurde bereits in der Galerie „Atlas-Sztuki“ in Lodz/ Polen ausgestellt, ein weiterer Ausstellungstermin im Israel Museum in Jerusalem folgt noch.

In Kleinsassen ist die Ausstellung noch bis zum 5. August zu sehen. Regelmäßige Öffnungszeiten der Kunststation und des Cafés: Di – So 13 – 18 Uhr. Eintritt: 1,50 €, Kinder und Schüler frei, Führungen nach Vereinbarung. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der in der Kunststation und im Museum Modern Art in Hünfeld erhältlich ist.

Das Buch „Sag doch mal was zur Nacht“ von Nora Gomringer ist bei Voland & Quist erschienen und über den Buchhandel zu beziehen.

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