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Trätzhof: Möglicherweise Siedlungsbereich in unmittelbarer Nähe?

Fulda. Niemand weiß, wer sie waren, wie sie aussahen. Oder wie sie gelebt haben. Dass am Trätzhof schon lange vor unserer Zeit Menschen zu Hause waren, wäre wohl immer ein Geheimnis der Geschichte geblieben, hätte es nicht im Februar geomagnetische Messungen gegeben. Auf einem Acker am Rande der Gemeinde ist Stadt- und Kreisbodendenkmalpfleger Dr. Frank Verse mit seinem Team fündig geworden. Auf den Fotos der Bodenanalyse zeichneten sich deutlich kreisrunde Strukturen ab: Steinformationen als deutliche Hinweise auf erhaltene Reste ursprünglicher Hügelgräber. An die Großgräber schließen sich kleinere so genannte Annexe mit Nachbestattungen an. Einzige Überbleibsel jener Frauen, Männer und Kinder, die vor Jahrtausenden am Trätzhof siedelten.

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Beachtliche Ausmaße

Über den aktuellen Stand der Grabungen verschaffte sich Fuldas OB und Kulturdezernent Gerhard Möller gemeinsam mit Kulturamtsleiter Dr. Werner Kirchhoff bei einem Ortstermin einen ersten Eindruck. Wie die Hügelgräber ursprünglich ausgesehen haben, lässt sich heute nur noch erahnen. Der eigentliche Erdhügel des freigelegten Grabes ist längst verschwunden. Wind und Wetter, aber auch der Mensch haben über die Jahrhunderte ganze Arbeit geleistet. „Er wird vermutlich zwei bis 2,5 Meter hoch gewesen sein“, vermutet Verse. Die Basis, ein kleines Mäuerchen, dürfte eine Höhe von 40 und 50 Zentimetern erreicht haben. Der Durchmesser des Grabhügels betrug rund 13 Meter – beachtliche Ausmaße. Im Zentrum des Bauwerks hatte sich der Leichnam befunden, der ebenerdig bestattet worden war. Ob in einem ausgehöhlten

Baumstamm oder in einer kleinen Holzkammer, über die die Erbauer Steine anhäuften, lässt sich nicht mehr genau feststellen. Fest steht indes, dass die Toten würdig bestattet worden sind, wie Verse sagt.

10 Hügelgräber ausgegraben

Zurückhaltend äußert sich der Archäologe zur Frage, aus welcher Zeit die aktuellen Funde stammen. Alles deute auf die Hügelgräberzeit hin. „Wir sind in der metallzeitlichen Phase mit starkem Bezug zur Bronzezeit, aber endgültig kann ich es noch nicht sagen.“ Verse muss auch bei einer zweifelsfreien Antwort passen , ob oder wo sich vermutlich eine Siedlung in unmittelbarer Nähe zum Gräberfeld befunden haben könnte. „Wir rechnen zwar damit, dass Siedlungsbereiche anzutreffen sind.“ Möglicherweise habe es auf dem gegenüber liegenden Areal einen Siedlungsplatz gegeben. „Aber das“, so relativiert Verse, „ ist alles Spekulation.“ Tatsache hingegen ist, dass es in den Wäldern in der näheren Umgebung weitere Hügelgräber gibt. „Wir bewegen uns in einer interessanten Region“, freut sich der Wissenschaftler in Verse.

Zehn Hügelgräber sind vor Jahrzehnten ausgegraben worden. Welche und ob der jetzige auch dazu gehört, „wissen wir nicht“, räumt Fuldas Stadt- und Kreisbodendenkmalpfleger ein. Davon ist abhängig, welche Funde der Boden Preis gibt. Knochenfunde sind laut Verse „denkbar, aber abhängig vom Boden.“ Der vorhandene Buntsandstein ist nicht so günstig für die Konservierung menschlicher Überreste. Kleinere Fragmente von Tongefäßen haben fleißige Helfer, überwiegend Bewohner des Trätzhofs, aber auch Studenten der Uni Mainz, inzwischen ausgraben können. Möller, der selbst ein Faible für Geschichte und Archäologie hat, bewunderte die Relikte längst vergangenen Tage.

„Für mich haben die Menschen von damals bereits eine hohe Kunstfertigkeit bewiesen.“ Für bemerkenswert hält Fuldas Verwaltungschef auch das hohe Interesse und die Akribie, mit der die Helfer an ihr wissenschaftliches Werk gehen. Wer sich selbst ein Bild von den Ausgrabungen machen möchte, kann am 22. August zum „Tag der offenen Tür“ um 10 und um 15 Uhr an Führungen auf dem Grabungsareal am Trätzhof teilnehmen.

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