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Weihbischof Diez bei 50-jährigem Jubiläum der Telefonseelsorge in Kassel

Schönes aus Kassel. Den in der Telefonseelsorge hauptberuflich und ehrenamtlich Tätigen hat Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez, besonders auch im Namen von Bischof Heinz Josef Algermissen seitens des Bistums Fulda, in einem ökumenischen Gottesdienst anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Telefonseelsorge in Kassel von ganzem Herzen gedankt. „Sie verwirklichen in jedem Telefonat, das einen Anrufer ein Stück aus seiner Verzweiflung bringt und ihm neue Hoffnung schenkt, die Nächstenliebe“, so der Weihbischof.

Zum Beginn seiner Ansprache erinnerte Diez an das bekannte Wort des großen jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber: „Der Mensch wird am Du zum Ich“. Es besage in schlichten Worten, dass der Mensch, dass wir alle nicht bloß aus uns selbst heraus unser Leben gestalten könnten. Nicht aus eigener Kraft werde man zur Person, zum Ich.

Jeder Mensch sei darauf angewiesen, mit anderen Menschen zu kommunizieren, sich mitzuteilen und die Worte und Erfahrungen anderer aufzunehmen und für sich selbst nutzbar zu machen. Nur in der Gemeinsamkeit, in einem Leben mit Bezügen zu den Mitmenschen könne man sich selbst entdecken, könne die eigene Identität Gestalt bekommen.

„Leider ist es ein trauriges Phänomen unserer Zeit, dass diese lebens- und identitätsstiftende Kommunikation heute vielen Menschen fehlt. Was früher – auch nicht immer, aber doch wohl häufiger – gegeben war wie der Austausch in der Familie, das Gespräch im Freundes- und Bekanntenkreis oder die ganz alltägliche Plauderei in der Nachbarschaft ist heute für nicht wenige Mitmenschen weggebrochen. Sie stehen alleine da“, stellte der Weihbischof heraus.

In den großen Krisen des Lebens, bei dem Verlust eines geliebten Menschen, bei Arbeitslosigkeit, in Krankheit und Sorge um die materielle Existenz fehlten ihnen Menschen aus dem nahen Umfeld, die sie mittragen, sie auf den Wüstenwegen des Lebens begleiten und sie nicht alleine lassen. Diesem bedrückenden Trend setze die Telefonseelsorge in Kassel seit nunmehr 50 Jahren in ökumenischer Verbundenheit das anonyme Seelsorgeangebot via Telefon entgegen und schenke damit Hoffnung und Licht.

Aus seiner Verzweiflung heraus suche der Mensch ein Gegenüber, jemanden, der bereit sei, ihm in seiner Not zuzuhören, einen Gesprächspartner, der für ihn ganz Ohr ist und sich auf seine harte Wirklichkeit einlasse. Von diesem Gegenüber erhoffe er Annahme und Verständnis sowie die menschliche Festigkeit, das eigene Leid und die eigene Leere auszuhalten. Allein die Formulierung der Not, das sprichwörtliche „Sich von der Seele reden“ erleichtere schon, schaffe Abstand und erste Klarheit. „Gemeinsam lassen sich dann leichter erste Schritte gehen und neue Wege aus der Verzweiflung finden“, so Diez.

Es gehöre zu dem Wesen Gottes, da zu sein, bei den Menschen zu sein, sie nicht alleine zu lassen. Dies sei ja auch sein Name: Ich bin der Ich-bin-da (Ex 3, 14). Die Klagerufe der Psalmen, die Hilferufe der Notleidenden damals wie heute, verhallten nicht ungehört im Leeren, sondern richten sich im Letzten an Gott selbst. „Sie sind getragen von der Hoffnung, dass Gott, wenn er es nicht hinweg nimmt, dem Leid doch einen tieferen Sinn geben kann. In dieser grundsätzlichen Ausrichtung auf Gott wird der Aufschrei tiefster Verzweiflung zum echten Gebet.“

Häufig seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge mit Klagen konfrontiert. Sie erlebten die Ohnmacht und Hilflosigkeit und würden dabei wohl selbst auch immer wieder angesichts der Not sprachlos werden. Sie machten die nicht einfache Erfahrung, dass sie in den Telefonaten an ihre Grenzen stoßen. Die Erfahrung, dass sie mit Menschen zu tun haben, denen sie vielleicht nur ansatzweise helfen könnten. Die Erfahrung, keine umfassende Hilfe leisten und kein Leiden einfach wegwischen zu können.

„Aber darin verbirgt sich das eigentliche Wesen der Seelsorge: gemeinsam mit einem Menschen etwas auszuhalten, was für den Moment unabänderlich ist. In diese scheinbare Ausweglosigkeit will Gott selbst kommen und neue Wege zeigen. Wo unsere Grenzen sind, setzt der grenzenlos gütige Gott einen neuen Anfang. Vertrauen wir gerade dann auf seinen Heiligen Geist, wenn unsere Möglichkeiten am Ende sind. In der Glaubensgewissheit, dass Gott jeden Menschen liebt und ihn nicht fallen lässt, können sie ihren schwierigen Dienst in der Telefonseelsorge ein Stück leichter und geborgener tun“, so Weihbischof Diez abschließend. (bpf)

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