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Nationales UNESCO-Komitee zu Besuch im Biosphärenreservat Rhön

Rhön. Während einer zweitägigen Exkursion hat Gertrud Sahler, die Vorsitzende des deutschen UNECSO-Komitees „Man and Biosphare“, den hessischen Teil des Biosphärenreservats Rhön besucht. Gemeinsam mit Geschäftsführer Jörg Bruker wollte sie sich ein Bild vom Entwicklungsstand im hessischen Teil des Biosphärenreservats machen. Auf dem Programm standen der Besuch von Kernzonen und heimischen Firmen sowie Gespräche mit kommunalen Entscheidungsträgern und Naturschutzverbänden.

Fotos (3): Landkreis Fulda

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Straße B 87 n Fulda – Meiningen
Einen hohen Stellenwert nahm die Diskussion um die B 87 n sowohl bei Gesprächen mit dem ehrenamtlichen Naturschutz und der Bürgerinitiative gegen den Bau der Bundesstraße als auch bei Gesprächen mit Kommunalpolitikern und Landrat Bernd Woide ein. Gertrud Sahler machte dabei deutlich, dass die Straße vom Bundestag im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans beschlossen sei und sie damit quasi Gesetzescharakter habe.

Durch das Straßenbauprojekt sei die Anerkennung des Biosphärenreservats nicht gefährdet. Sie betonte aber, dass dem Schutz der Artenvielfalt eine hohe Bedeutung zukomme und daher von Planern und Straßenbauern mit besonderer Sorgfalt vorgegangen werden müsse.

Kommunalisierung des Biosphärenreservats
Ein anderer zentraler Themenbereich war die Kommunalisierung der hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats und ihre personelle Zuordnung zum Landkreis Fulda. Die Situation wurde mit Landrat Bernd Woide, Peter Stühlinger vom Hessischen Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Fachdienstleiter Otto Evers und Sachgebietsleiter Martin Kremer sowie den Mitarbeitern erörtert.

Dabei konnte Sahler den Eindruck gewinnen, dass sich das Land keineswegs seiner Verantwortung entledigt habe, die Finanzierung auf soliden Füßen stehe und die Zuordnung zum Landkreis durchaus eine Reihe von Vorteilen im Hinblick auf die regionale Vernetzung biete.

Innovative heimische Firmen
Im Rahmen des Besuchsprogramms wurden Gespräche mit Jürgen Krenzer (Rhönschaf-Hotel), Egon Schindel (Rhönsprudel), Peter Kowalsky (Bionade) und Gertrud Menz (Menz Holz), geführt. Vor Ort informierte sich Sahler über die innovativen und für das Biosphärenreservat Rhön wichtigen Betriebe. Erfreut zeigte sie sich, wie sehr sich die Betriebe mit dem Biosphärenreservat identifizieren, sich um eine nachhaltige Entwicklung bemühen und durch ihre bewusste Standortwahl vielen Menschen in der Region Arbeit- und Ausbildungsplätze bieten.

Besonders thematisiert wurden der Anbau von Biolebensmitteln und die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Region. Die Firmenchefs wie auch die Mitarbeiter des Biosphärenreservats sehen die Entwicklung nicht ohne Sorge. Insbesondere wird ein Abwerben von gut qualifizierten jungen Menschen aus der Region befürchtet. Eine Verbesserung des ÖPNV im ländlichen Raum wird in diesem Zusammenhang für unbedingt notwendig erachtet.

Erfreut zeigte sich Martin Kremer, Geschäftsführer des Vereins Natur- und Lebensraum Rhön, über das klare Bekenntnis von Egon Schindel und Peter Kowalski zur gentechnikfreien Anbauregion. Beide Unternehmer lehnen den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen übereinstimmend ab und würden im Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen eine Gefährdung des Wirtschaftsstandorts sehen.

Erweiterung des Biosphärenreservats und Kernzonenproblematik
Bei der zehnjährigen turnusmäßigen Überprüfung des Biosphärenreservats wurde festgestellt, dass die Mindestquote von drei Prozent Kernzonen in Bayern, Thüringen und Hessen noch nicht erfüllt ist. Bei der Anerkennung der Rhön als Biosphärenreservat im Jahr 1991 gab es diese nationalen Kriterien noch nicht. Heute sind sie obligatorisch und werden von der UNESCO eingefordert.

Bei den Gesprächen mit Frau Sahler wurden Lösungsvorschläge für diese Thematik diskutiert. Hier wird es die Aufgabe der Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats sein, ein schlüssiges Konzept zu entwickeln. Bezüglich der Notwendigkeit der Kernzonen unterstrich Frau Sahler, dass Biosphärenreservate neben den Funktionen Regionalentwicklung sowie Bildung und Forschung als dritte Funktion auch den Schutz der Natur zu erfüllen hätten.

Seitens der UNESCO werde die Schutzfunktion unter anderem an der Einhaltung des Drei-Prozent-Kriteriums festgemacht. Dabei gehe es nicht um Prinzipienreiterei. Schutzzonen seien vielmehr unabdingbar für den Erhalt der Artenvielfalt. Auch würden sie im Hinblick auf den Klimawandel Rückschlüsse erlauben, wie die Natur reagiere.

Sahler machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass Deutschland im weltweiten Netz der UNESCO-Biosphärenreservate mit lediglich drei Prozent Kernzonen das Schlusslicht darstelle. Selbst Österreich fordere einen Kernzonenanteil von fünf Prozent. In der Diskussion mit den Kommunalpolitikern zeigte sich aber auch, dass das Biosphärenreservat von der Politik in keiner Weise in Frage gestellt wird und dass die Politiker in ihm ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal für die Rhön sehen und sich für die Einhaltung der Kriterien stark machen wollen.

Biosphärenreservat und Naturschutzverbände
Auch der Meinungsaustausch mit den anerkannten Naturschutzverbänden war Frau Sahler wichtig. In einem Arbeitsgespräch wurde neben der B 87 n auch die Zusammenarbeit mit dem Biosphärenreservat besprochen. Hier forderten die Naturschutzverbände eine engere Kooperation und äußerten die Erwartung, dass man ihre Anliegen ernst nehme und versuche diese umzusetzen.

Neben weiteren Monitoringmaßnahmen in den Schutzgebieten wurde ein Grundwasser-Monitoring angeregt, da die Vermutung bestehe, dass deutlich mehr Grundwasser entnommen als neu gebildet werde. Otto Evers und Martin Kremer boten sowohl für die Verwaltungsstelle als auch den Verein Natur- und Lebensraum Rhön Gesprächsbereitschaft an und hofften auf eine künftig engere Zusammenarbeit mit den Verbänden.

Innovatives rund um Apfel und Rhönschaf
Im Rhönschaf-Hotel „Zur Krone“ in Seiferts konnte sich Frau Sahler davon überzeugen, dass mit regionalen Produkten und einer klaren Firmenphilosophie ein erfolgreiches Wirtschaften im touristischen Bereich möglich ist. Beeindruckt war sie von dem funktionierenden Netzwerk zwischen Landwirten und der Gastronomie in der Rhön. Ein weiteres Beispiel für den Einsatz vielfältigster regionaler Produkte ist das Landhotel „Lothar-Mai-Haus“ in Steens, wo sich die Vertreter des UNESCO-Komitees einquartiert hatten. Auch der Besuch der Naturschutzgebiete Rotes Moor und Milseburg standen auf dem Exkursionsprogramm.

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