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Serie „Palliativ Care“ – heute: „Was ist Palliativ Care?“

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Serie. Anfang Mai hat die Redaktion in Zusammenarbeit mit dem Palliativnetz Osthessen die Serie „Palliativ Care“ gestartet. Bis Ende Oktober geben Palliativmediziner Thomas Sitte, Krankenschwester Manuela Straub und weitere Pflegeexperten immer mittwochs Tipps zur Pflege schwerstkranker Patienten geben. Tipps, die nicht nur den pflegenden Angehörige helfen, sondern auch die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessern können. Was Palliativ Care ist, erklärt heute Manuela Straub.

Palliative, also lindernde Maßnahmen, sind die ältesten und waren über lange Zeit auch die einzigen Therapieformen. Diese gerieten aber durch die großen technischen und medizinischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte etwas in den Hintergrund. Die Hospizbewegung in den späten 1960er Jahren hat die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit eines besonderen Umgangs mit unheilbar Kranken und Sterbenden gerichtet. Diese Bewegung hat dazu beigetragen, dass diese Menschen neben gezielter medizinischer Begleitung auch umfassende, ganzheitlichen Pflege und Begleitung bedürfen.

Die Tatsache, dass Heilung manchmal trotz aller medizinischen Errungenschaften nicht mehr möglich ist, wird in weiten Kreisen als eine Kränkung oder gar Versagen empfunden.

Palliative Care bedeutet größtmögliche Aufmerksamkeit auf die Qualität der noch verbleibenden Lebenszeit zu legen. Für diese Menschen kann noch so Vieles getan werden, auch wenn gegen das Fortschreiten der Krankheit nichts mehr zu machen ist. Doch die Zielsetzung wird eine andere. Das Ziel wird nicht mehr im Bekämpfen der Krankheit gesehen, sondern im bestmöglichen Leben mit ihr. Dieser veränderte Blickwinkel, der akzeptiert dass das Sterben absehbar und unabwendbar ist, hilft in der noch verbleibenden Lebenszeit an Tiefe und Qualität zu gewinnen.

Zentral ist nach wie vor die medizinisch-pflegerischen Behandlung von Schmerzen und Beschwerden, wird aber durch eine sorgende, individuelle und aufmerksame Begleitung der Betroffenen und! Ihrer Nächsten ergänzt. Grundsätzlich soll der Patient seine ihm verbleibende Zeit in einer Umgebung verbringen dürfen, die auf seine individuellen Bedürfnisse eingehen kann.

Dafür ist eine Multiprofessionelle und Interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig. Es geht in Palliative Care weder darum „nichts mehr zu tun“, noch einfach um Sterbebegleitung. Wichtig ist hier ein sorgfältiges Abwägen, was in der Situation angemessen, notwendig und sinnvoll ist.

Es erfordert Erfahrung und viel Einfühlungsvermögen um drohende Verschlechterungen, die akut oder häufig auch wiederholt auftreten und die damit verbundenen Ängste möglichst zu vermeiden und gut zu begleiten – dazu gehört auch diese offen zu benennen. Die Vermeidung dieser Krisensituationen bedeutet fast immer auch das Vermeiden unnötiger Krankenhauseinweisungen.

Palliative Care nimmt die Herausforderung an, neben dem Gefühl der Hilflosigkeit und Überforderung oder purem Aktivismus und somit auch Verdrängung der Situation sich mit den Betroffenen genau darüber auseinanderzusetzen und dabei zu bleiben.

Palliative Care beruht auf wichtige Kompetenzen: Wissen, Fachkenntnissen und Fertigkeiten. Gleichzeitig fordert sie aber eine Haltung. Der Mensch steht im Mittelpunkt aller Bemühungen. Das erfordert Achtung und Achtsamkeit im Umgang miteinander. Bleiben, Aushalten und Mittragen, entgegen aller heute üblichen „Weglauftendenzen“.

Palliative Care lindert nicht alles Leiden, das würde der Komplexität von Trauer auch nicht gerecht werden. Sie trägt aber dazu bei, die Qualität des Lebens bis zum Tod zu verbessern und sehr oft auch zu bereichern. Dies ist vor allem für die wichtig, die da bleiben und weiterleben. (Manuela Straub)

Wer Fragen hat, kann sich an das Schmerz & PalliativZentrum Fulda unter Telefon 0661 – 9 01 50 16 wenden oder findet weitere Informationen im Internet unter www.palliativnetz-osthessen.de

Bislang veröffentlichte Themen der Serie:
1. Schmerzlinderung
2. Durchbruchschmerzen
3. Lagerung
4. Mundpflege und Hilfe bei Durstgefühl
5. Wundliegen & Hautpflege
6. Atemnot
7. Ängste
8. Unruhe
9. Schwäche
10. Müdigkeit
11. Hunger
12. Durst
13. Unangenehme Wunden
14. Verstopfung
15. Juckreiz
16. Düfte/ätherische Öle
17. Basale Stimulation
18. Lymphdrainage
19. Hilfsmittel
20. Therapiebeschränkung
21. Der Schmerz des Abschieds
22. Umgang mit Trauer
23. Was ist Palliativtherapie?

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