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Aufzucht des gefiederten Nachwuchses unter göttlichem Beistand

Hünfeld. Als Treffpunkt mutet er ungewöhnlich an, der Glockenturm der Kirche des Heiligen Jakobus in Hünfeld. Für Peter Borta, Pfarrer in Hünfeld, und Jörg Burkhard vom Fachdienst Natur und Landschaft des Landkreises Fulda ist er jedoch ein idealer Treffpunkt. Denn Kirchenmann und „amtlichen Naturschützer“ eint das Interesse, die Wohnungen künftiger Untermieter zu inspizieren: Speziell für Falken und Schleiereulen sind vom örtlichen Naturschutzbund nämlich entsprechende Nistkästen in das Innere des Glockenturms verfrachtet worden.

Ein engmaschiger Draht, vor längerer Zeit vor die Schallöffnungen des Glockenturms ge-spannt, um Tauben den Zutritt zu verwehren, wird vorsichtig und passgenau eingeschnitten. Direkt davor wird ein Nistkasten so platziert, dass dessen Einflugloch passgenau mit dem Ausschnitt im Drahtgeflecht übereinstimmt. So können die neuen Bewohner der Nistkästen zwar von ihrem neuen Heim Besitz ergreifen, jedoch nicht in den Glockenturm gelangen. „Ich vertraue darauf, dass die Experten hierin Recht behalten“, erklärt Pfarrer Borta voller Vertrauen. Den Kot, den in früheren Zeiten Tauben als ungeliebte Bewohner des Glockenturms hinterlassen hatten, möchte er nicht noch einmal vorfinden. Dreck wird es so gut wie gar nicht geben, versichert Jörg Burkard, und wenn, dann allenfalls innerhalb des Nistkastens. Der verfügt über eine Art Revisionsklappe, über die man ihn von Zeit zu Zeit reinigen kann. Weitaus interessanter aber ist die Möglichkeit, vorsichtig die Bewohner des Nistkastens bei der Aufzucht ihrer Jungen zu beobachten. „Während der Aufzucht der Jungen sind die Eltern dermaßen mit dem Füttern beschäftigt, dass sie eine gelegentliche, vorsichtige Störung gar nicht wahrnehmen“, erklärt Jörg Burkard fachmännisch.

Kirchtürme sind für den Mann von der Unteren Naturschutzbehörde zu einem wichtigen Bestandteil seiner Arbeit geworden: Eine ganze Reihe von bedrohten Vogelarten finden immer weniger Möglichkeiten zum Nisten. Kirchtürme als hohe, meist die Umgebung überragende Gebäude sind eine ideale Alternative. Im Prinzip, so Burkard, bemerke der Vogel nicht einmal den Unterschied zwischen einer natürlichen Felswand und einem von Menschen erstellten Gebäude. Hauptsache, der Nistplatz ist hoch genug gelegen und die Tiere werden nicht von Menschen aufgescheucht.

Pfarrer Peter Borta gibt auch im übertragenen Sinne der Aktion seinen Segen. Für ihn ist es längst an der Zeit, nicht nur von Menschlichkeit, sondern von Geschöpflichkeit zu sprechen. Als Vertreter der Katholischen Kirche sieht er sich in besonderer Weise dem Schutz der Schöpfung Gottes verpflichtet, die selbstverständlich auch Tiere mit einschließe. Rückendeckung bekommen Borta und Burkard von Dr. Beatrice van Saan-Klein, der Umweltbeauftragten des Bistums Fulda. Zu ihren Aufgaben gehört es, die Bewusstseinsbildung in ökologischen und ethischen Fragen zu fördern und ein Engagement für die Schöpfung aus der Sicht des christlichen Glaubens zu begründen. Deshalb empfiehlt die Bistumsmitarbeiterin ausdrücklich auch anderen Kirchengemeinden, sich mit der Unteren Naturschutzbehörde in Verbindung zu setzen und Rückzugsmöglichkeiten für bedrohte Tierarten zu schaffen.

Welche Maßnahmen genau zu treffen sind, klärt am besten eine Vorortbegehung mit Fachmann Burkard. Der sorgt nicht nur für die nötige Finanzierung, so dass den Kirchengemeinden keine Kosten entstehen, sondern er unterhält auch Kontakte zu örtlichen Naturschutzgruppen. Unter deren Mithilfe lassen sich die wenigen Handgriffe schnell und ohne finanziel-len Aufwand durchführen. Letztlich geht es dem engagierten Naturschützer und den Kirchenleuten um dasselbe: vom Aussterben bedrohte Tierarten nachhaltig Chancen zum Überleben in der Region anzubieten. Der Glockenturm in der Kirche des Heiligen Jakobus in Hünfeld ist einer der Vorreiter dazu.

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