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Sozialwissenschaftler Meinhard Miegel diskutiert mit Fuldaer Unternehmern

071118_rubsam.jpgFulda. Stellen die mittelständischen Unternehmen bereits heute fest, dass das „goldene Zeitalter“ zu Ende geht und wie ist eine grundlegende Neubestimmung von Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung möglich? Diesen und vielen weiteren Fragen gingen acht Unternehmer der Region im Austausch mit Prof. Meinhard Miegel nach. Eingeladen hatte dazu Erhard Rübsam vom gleichnamigen Unternehmen Rübsam Fachkräfte aus Petersberg.

Als Gäste der Diskussionsrunde mit dem renommierten Sozialwissenschaftler waren neben Erhard Rübsam auch Bernhard Juchheim von der Jumo GmbH & Co, Erhard Büchel von der Büchel GmbH & Co,  Dr. Lothar Jordan von der Privaten Handelsschule Herrmann und  Dr. Udo Hüls als Mitglied der EDAG-Geschäftsleitung vertreten. Eingeladen waren ebenfalls in das Seminarzentrum der Handelsschule Herrmann Peter Henkelmann vom Media Markt Fulda, Eberhard Bauer von der ELO KG und der Sprecher der VR Genossenschaftsbank, Manfred Gerhard. Die Moderation hatten Sabine Ick von der Agentur public relations und der Journalist Oliver Gerhardt übernommen.

Übereinstimmung herrschte in vielen Bereichen: Dass die jungen, dynamischen Länder anderer Weltregionen den Westen herausfordern, daran kann kein Zweifel mehr bestehen. Wenngleich das Unternehmen Jumo weltweit vertreten ist, ist für Bernhard Juchheim eines klar: „Wir müssen aufpassen, dass uns niemand das Know how abnimmt.“ Daher werde die Wertschöpfung immer aus Fulda kommen. Die Globalisierung erfordere andererseits die weltweite Präsenz des Unternehmens: „Wir sind dort, wo unsere Kunden sind.“

Nach dem Motto, in China das zu produzieren, was nötig und in Deutschland das, was möglich ist, agiert Erhard Büchel. Der Unternehmer verfügt über langjährige Asienerfahrungen und ist mit zwei Unternehmen in China vertreten. Eher gelassen sieht er die wachsende Konkurrenz aus China: „Früher waren es Japan und Taiwan, heute ist es China, der Zyklus wiederholt sich.“ Für Eberhard Bauer dagegen ist eine Ausrichtung gen Asien bisher nicht vorstellbar, seine Befürchtungen: „Unser Know How möchte ich dort nicht quasi abliefern“ und stimmt damit der Aussage Miegels zu: „Es wird abgekupfert, was das Zeug hält.“

Den Ausführungen Miegels, dass sich die Konsumenten in den frühindustrialisierten Ländern als Produzenten zu teuer sind und die hohen Arbeitskosten, die sie verursachen, nicht in den Waren wiederfinden möchten, bestätigt Peter Henkelmann. Dennoch: „Die Bedürfnisse haben sich geändert, wir setzen mittlerweile auf Service und Dienstleistung.“
Damit habe sich auch die „Geiz-ist-geil-Mentalität“ überholt. Auf die Frage, ob es die Arbeitnehmer schaffen, auf gewohnte Arbeitsplatzsicherheit zu verzichten, hochmobil zu sein und dabei Einkommenseinbussen hinzunehmen, herrschte unterschiedliche Ansichten.

Als „Quadratur des Kreises“ bezeichnete Dr. Udo Hüls den Wunsch von einigen Arbeitnehmern, mehr Freizeit und dennoch ihren Status halten zu wollen. „Sie möchten einfach alles.“ Gleichzeitig verdeutlichte Hüls, dass das Unternehmen sich zunehmend auf Kernkompetenzen konzentriere, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Als positiven Werteprozess beschreibt Erhard Rübsam die Einstellung vieler seiner Mitarbeiter. „Gerade die Menschen aus den neuen Bundesländern haben eine hohe Identifikation mit ihrer Arbeit.“

Dass es allerdings um den Nachwuchs nicht zum Besten bestellt sei, darüber herrscht Übereinstimmung: „Die Qualität der Bewerbungen entspricht oftmals nicht unserem Anforderungsprofil an Auszubildende“, erläuterte Dr. Hüls. Dass Erziehung eine gemeinschaftliche Leistung sei und nicht auf die Schule abgeschoben werden dürfe, dafür plädierte Dr. Lothar Jordan. Meinhard Miegel zeigte eine bedenkliche Tendenz auf: „Da zeichnet sich eine fatale Anspruchshaltung der Eltern ab. Es kann doch nicht normal sein, wenn 30 Prozent aussagen, mit ihren Kindern überfordert zu sein.“

Dass auf der anderen Seite die Anspruchshaltung von Jugendlichen sehr hoch sei, ergänzte Manfred Gerhard zur Thematik „Private Verschuldung“. „Grundsätzlich ist der Verbraucher wenig strategisch ausgerichtet und das beginnt bereits bei den jungen Menschen.“

Als Fazit der Gesprächsrunde lobte Miegel insbesondere die „Analysefähigkeit“, die bereits in der Diskussionsrunde deutlich geworden sei.  Dies sei insgesamt eine nationale Charaktereigenschaft der Deutschen und könne im positiven Sinne dazu beitragen, auch weiterhin den anderen Nationen immer einen Schritt voraus zu sein. „Die Deutschen haben im besten Sinne die Fähigkeit, das Gras wachsen zu hören.“ Im Anschluss an die Diskussionsrunde sprach Miegel vor rund 150 geladenen Gästen des Unternehmens in der Alten Universität.
 

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