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Rheuma-Selbsthilfegruppe hilft beim Umgang mit Krankheitssymptomen

Fulda. Eigentlich ist es paradox: Obgleich Rheuma als Volkskrankheit gilt, von der in Deutschland etwa 20 Millionen Menschen betroffen sind, lässt die ambulante Versorgung noch immer sehr zu wünschen übrig. Matthias Neck aus Eiterfeld, der seit ihrer Gründung vor über 21 Jahren gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Christel Steinert die Selbsthilfegruppe Fulda der Rheuma-Liga Hessen leitet, weiß ein Lied da-von zu singen: „Der Bedarf ist gerade auch in unserem Raum bei Weitem nicht gedeckt.“

Oft schon sei man daher mit der Kassenärztlichen Vereinigung aneinander geraten, die den Standpunkt vertrete, dass die ambulante Versorgung ausreichend sei. Neck: „Als Beleg werden im Versorgungsplan auch die Orthopäden berücksichtigt, jedoch brauchen wir internistische Rheumatologen.“ Bislang habe mit Chefarzt Dr. Walter Behringer vom Herz-Jesu-Krankenhaus nur ein Rheumatologe in der Region praktiziert, „der seit 1998 für uns zu einem wichtigen Ansprechpartner, Berater und zu einer Vertrauensperson geworden ist – bei dem neue Patienten allerdings auch sehr lange Wartezeiten einkalkulieren müssen“. Daher sei man froh, dass es seit kurzem mit dem Privatdozenten Dr. Peter M. Kern am Klinikum Fulda und der Ärztin Gabi Kreher im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) am Alten Schlacht-hof zwei weitere Fachärzte gebe, die sich den Mitgliedern der Selbsthilfegruppe beim Som-merfest Anfang Juli auch vorgestellt hätten.

Rund 110 Mitglieder gehören derzeit der Selbsthilfegruppe Fulda der Rheuma-Liga an, wobei das Altersspektrum sehr weit gefächert ist und von 30 bis 88 Jahren reicht. „Etwa drei Viertel unserer Mitglieder sind Frauen“, betont Neck, was unter anderem daran liege, dass rheumatische Krankheitsbilder wie die Fibromyalgie (Weichteilrheumatismus) oder die chronische Polyarthritis überwiegend Frauen beträfen. „Insgesamt gibt es rund 400 verschiedene Rheumaarten“, so der 46-jährige, wobei neben den beiden genannten noch Arthrose und Lupus erythematodes (LE) die häufigsten seien. Die Selbsthilfegruppe umfasst den gesamten Landkreis Fulda sowie in Einzelfällen den Vogelsbergkreis und den Wartburgkreis.

„Diejenigen Betroffenen, die erstmals zu uns kommen, sind zunächst einmal auf der Suche nach Hilfe und Beratung und hoffen auf einen Arzt, der ihnen hilft. Aber Rheuma ist nicht heilbar. Nur die Entzündung, die das Rheuma auslöst, kann man mit Medikamenten bekämpfen“, erklärt Neck. Später dann stehe der Austausch mit den anderen Mitgliedern im Vordergrund, „denn hier muss niemand einem anderen erklären, warum es ihm schlecht geht. Denn bei Rheuma gibt es bessere und schlechtere Tage. Wenn du am Samstag die Straße kehrst, dann kannst du am Sonntag vielleicht keinen Schritt laufen oder dich nur an Krücken fortbewegen.“ Im Übrigen sei die Krankheit an kein Alter gebunden, so der Leiter der Selbsthilfegruppe, der in diesem Zusammenhang „auf das wirklich vorbildliche Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie in Garmisch-Partenkirchen“ verweist.

Unter dem Motto „Bewegung-Begegnung-Beratung“ stehen die Aktivitäten der Fuldaer Selbsthilfegruppe, die sich unter fachlicher Anleitung regelmäßig zu Trocken- und Wassergymnastik, zu Gesprächen, Vorträgen oder auch zu geselligen Veranstaltungen trifft. Mitte 2009 konnte man das 20-jährige Bestehen im Hotel „Berghof“ in Almendorf feiern, bei dem auch ein so genannter Rheuma-Simulations-Anzug vorgestellt wurde, den Matthias Brieden erfunden und entwickelt hat. Damit kann man intensiv und hautnah die körperliche Situation eines an Rheuma erkrankten Menschen simulieren und nachstellen.

Stolz ist Neck darauf, „dass wir in den vergangenen 21 Jahren noch keinerlei finanzielle Mittel des Landesverbandes in Anspruch genommen haben“. Die pauschale Förderung der Krankenkassen für Selbsthilfegruppen und die Zuweisungen aus dem gemeinsamen Topf von Landkreis und Stadt Fulda, geregelt nach ganz bestimmten Kriterien wie Anzahl der Treffen und öffentlichen Veranstaltungen, deckten die Kosten ab. Hinzu kämen Gelder aus dem PS-Lossparen und von der FZ-Spendenaktion „Ich brauche Deine Hilfe“.

Die Herausforderungen dürften in den kommenden Jahren nicht geringer werden, beispielsweise in Bezug auf die Gesundheitsreform. Auch wollten die Krankenkassen die Kosten für die Gymnastik, welche für viele Betroffene sehr wichtig sei, nur für maximal zwei Jahre übernehmen. „Man vertritt dort den Standpunkt, dass die Kranken die Übungen danach selbst ausführen können“, beklagt Neck. Dies aber sei widersinnig, da es zu falschen Bewegungen und Schonhaltungen kommen könnte und die Übungen für den Patienten dann nichts bringen würden. Nur ein Physiotherapeut am Beckenrand könne korrigierend eingreifen.

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