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Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte der Landkreise

Fulda. Mit Genugtuung hat Landrat Bernd Woide die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Zuständigkeit bei der Ausführung des SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) zur Kenntnis genommen. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Donnerstag entschieden, dass die Mischzuständigkeit bei der Ausführung von Hartz IV zwischen dem Bund einerseits und den Kommunen andererseits im Rahmen der sogenannten Arbeitsgemeinschaften verfassungswidrig ist.

Grundpfeiler des SGB II sei, so Landrat Woide, die Erkenntnis, dass Leistungen für Arbeitsuchende aus einer Hand erfolgen sollten. Dies bedeute ganz konkret, dass der Hilfeempfänger eine Behörde als konkreten Ansprechpartner habe. Nur so könne ein effektives und zielgerichtetes Hilfesystem für die Betroffenen aufgebaut werden. Demzufolge hätten viele Landkreise in Deutschland seit der Einführung des SGB II zum 1. Januar 2005 dafür gekämpft, die alleinige Vollzugskompetenz für dieses Gesetz zu erhalten.

„Leider konnte sich der Bundesgesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt nur dazu durchringen, 69 sogenannten Optionskommunen die alleinige Verwaltungskompetenz zu übertragen“, bedauert Woide. Der Landkreis Fulda sei eine dieser Optionskommunen und nehme seit fast drei Jahren die Aufgaben in umfassender Verantwortung für die Arbeitsuchenden wahr. Eine Arbeitslosenquote von gegenwärtig knapp über fünf Prozent belege eindeutig, dass sich dieses System der Verantwortung aus einer Hand gerade in der Region Fulda bewährt habe.

Laut Woide hat sich auch das Bundesverfassungsgerichts dieser Auffassung angeschlossen. Das Grundgesetz sehe für die Ausführung von Bundesgesetzen klare rechtliche Zuständigkeiten vor. Danach müsse eindeutig feststehen, welcher Träger (ob nun Bund, Länder oder Kommunen) für die Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe zuständig sei. Hieraus folge die klare Zuordnung von Personal, Sachmitteln und eigenverantwortlicher Organisation. „Die Konstruktion der Arbeitsgemeinschaften zwischen Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen genügt diesen Anforderungen nicht. Sie schafft viele unnötige Schnittstellen und erschwert mehr als erforderlich die Aufgabenwahrnehmung im Interesse der Arbeitsuchenden.“

Eigenartig sei jedoch, welche Konsequenzen der neue Bundesarbeitsminister Olaf Scholz aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ziehe. Statt wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, einheitliche Verwaltungsstrukturen mit klaren Personal- und Organisationsverantwortungen einzuführen, stelle der Bundesarbeitsminister ein Organisationsmodell heraus, das es nach dem Gesetz überhaupt nicht geben dürfte. Er lobe „erfolgreiche Vorbilder in 21 Landkreisen, in denen die Arbeitsvermittlung durch die Bundesagentur und sonstige Aufgaben von den Kommunen getrennt wahrgenommen werden“.

Dieses vermeintliche Vorbild führe, so Landrat Woide, in der praktischen Umsetzung dazu, dass der Auftrag des Gesetzgebers, Arbeitsuchenden Hilfen aus einer Hand zu gewähren, unterlaufen werde. Bei der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II müsse ein Hilfesuchender bei zwei Behörden eigenständige Anträge stellen und habe zwei unterschiedliche Ansprechpartner. Komplizierte und für den Betroffenen unübersichtliche Verwaltungsabläufe seien die Folge.

Landrat Woide fordert alle politischen Kräfte in der Region Fulda und Osthessen auf, ihren Einfluss auf Bundesarbeitsminister Scholz dahingehend geltend zu machen, solche unpraktikablen und unsachgemäßen Vorschläge zurückzunehmen. Es handele sich hierbei nicht um einen parteipolitischen Richtungsstreit, sondern ganz einfach um die Frage, „was ist richtig und was ist falsch“. Woide: „Jetzt sind klare Entscheidungen gefragt und kein neuer `Verwaltungs-Wirrwarr`“.

Der Landkreis Fulda sehe sich gemeinsam mit anderen Optionskommunen, wie dem Main-Kinzig-Kreis, dem Vogelsbergkreis und dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg, auf dem richtigen Weg. Die wichtige Arbeit dieser Optionskommunen sollte auch vom Bund zur Kenntnis genommen werden, anstatt immer wieder Versuche zu unternehmen, die Kommunen aus ihrer Verantwortung zu drängen. „Nur sie haben aufgrund ihrer dezentralen Struktur vor Ort die Möglichkeit, Hilfesuchenden passgenaue Angebot zu unterbreiten.“

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