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Bischof Algermissen predigte an Silvester im Fuldaer Dom

Fulda. „Es ist eine meiner größten Sorgen als Bischof, daß die Zahl der Bewerber für das Priesteramt in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Das kann uns wegen der grundlegenden Bedeutung des Priesteramtes für Gemeinde, Bistum und Gesamtkirche nicht gleichgültig sein! Denn Priester sind durch nichts und niemanden zu ersetzen, nur durch andere Priester!“ Dies stellte Bischof Heinz Josef Algermissen am Montagabend in seiner Silvesterpredigt im Fuldaer Dom heraus. Man müsse sich fragen, woran es liege, daß sich nur so wenige junge Männer in diesen Dienst rufen ließen. Mit einfachen Antworten sei es nicht getan.

Es gebe verschiedene Erklärungen, die in Kirche und Gesellschaft, im privaten und öffentlichen Leben lägen, fuhr der Oberhirte fort. Sicher seien die Bedingungen, dem Ruf in den Dienst als Priester zu folgen, schwieriger geworden. Für eine Einschätzung der gegenwärtigen Situation müßte alle in die Suche nach einer Antwort mit einbezogen werden.

„Berufungen sind immer auch ein Spiegelbild des kirchlichen Lebens und der Zuversicht, die wir als Christen ausstrahlen“, gab Algermissen zu bedenken. Deshalb müsse sich ein jeder fragen, ob er so lebe, daß andere neugierig darauf würden, was der Grund der Hoffnung der Christen sei. „Sprechen wir junge Menschen ermunternd auf ihre Zukunft an, auf das, was sie mit ihrem Leben vorhaben, auf ihre Möglichkeiten und Pläne? Geben wir ihnen zu erkennen, daß wir sie uns im Priesterberuf sehr gut vorstellen können?“ Wichtig sei es auch, zu einem Klima in den Gemeinden beizutragen, in welchem Berufungen wachsen könnten.

Am Silvesterabend schwinge vieles mit und komme manches aus der Seele hoch, was keine Uhr und kein Kalender anzeigen könnten, hatte der Bischof zu Beginn seiner Predigt herausgestellt. Der Sekundenzeiger, der auf Mitternacht vorrücke, werde zum erhobenen Zeigefinger, der einem zuzurufen scheine: „Denk daran, Mensch, daß deine Lebenszeit dir als begrenzte zugemessen ist und daß keiner jene Stunde kennt, in der der Herr kommt“.

Die Zeitrechnung ab der Geburt Christi verweise darauf, daß die Stunde des Heils, „in der Gott in diese Welt und unser Leben gekommen ist“, der Angelpunkt der ganzen Menschheitsgeschichte sei. Infolgedessen werde für die Christen jedes Jahr zu einem Jahr des Heiles. Aus der Perspektive, daß Gott mit den Menschen sei, hätten im zu Ende gehenden Jahr viele im Bistum Fulda gehandelt. Dafür sprach Algermissen seinen Dank aus, besonders an die Frauen und Männer in den Pfarrgemeinde- und Verwaltungsräten, auch in den Verbänden und Gruppen, „die mitgetragen haben und den seit 2002 währenden Pastoralen Prozeß in Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden als Möglichkeit zur Neumissionierung verstehen“.

Es dürften auch die nicht vergessen werden, die sich in den Kirchengemeinden für Menschen in Krankheit und Not einsetzten, oft still und unerkannt. „Auf Augenhöhe mit der Not unserer Zeit erinnern sie auch daran, daß unsere festlichen Gottesdienste ohne konsequenten Dienst am Menschen nur mehr äußeres Spiel blieben.“ Die Feier der Hl. Eucharistie und der Dienst der Fußwaschung gehörten untrennbar zusammen.

Das Jubiläumsjahr der hl. Elisabeth von Thüringen habe deutlich gemacht, daß in unserer Gesellschaft ein neues Bewußtsein für die Armen notwendig sei, betonte der Bischof. „Armut ist mitten unter uns. Seit einiger Zeit wird uns das immer klarer: verwahrloste Elternhäuser, Kinderarmut, Jugendarbeitslosigkeit, die zunehmende Zahl von Hartz-IV-Empfängern und auch vereinsamte alte Menschen, die wochenlang tot in ihrer Wohnung liegen, ohne daß es jemand merkt“. Statt die Augen vor dem Elend zu verschließen, müsse man genauer hinschauen. Es gehe um einen Mentalitätswandel, der durch ein Absehen von sich selbst und ein neues Zuwenden zum Nächsten gekennzeichnet sei. Elisabeth, Konpatronin des Bistums Fulda, könne einem „über Brot und Rosen hinaus diesen neuen, befreienden Blick schenken“.

Mit besonderer Dankbarkeit erinnerte sich der Oberhirte an die vier festlichen Weihegottesdienste im Jahr 2007: elf Kandidaten konnte er zu Priestern weihen, sechs davon für das Bistum Fulda, sieben empfingen die Diakonenweihe auf dem Weg zum priesterlichen Dienst. „Das war eine tief beglückende Erfahrung, die mir allerdings auch die Tatsache hart ins Bewußtsein bringt, daß wir in den kommenden Jahren unter einem dramatischen Mangel zu leiden haben werden – in unserem Bistum wie in allen deutschen Bistümern.“

Bischof Algermissen zeigte sich überzeugt, daß Gott auch heute Menschen rufe. Die Frage sei aber, „ob wir diesen Berufungen auch einen Raum geben, in dem sie sich entwickeln und zur Entscheidung heranreifen können“. Berufungen könnten nicht erzwungen werden. Sie seien von Gott gegeben, und es sei immer Jesus Christus selbst, der jeden in seine Nachfolge rufe.

„Wir können aber ein Klima schaffen, in dem Berufungen erkannt werden und heranreifen können“, hob Algermissen hervor und erinnerte an seinen Fastenhirtenbrief 2003. Damals hatte er die Priester und Gemeinden des Bistums zu einem „Bündnis für Berufungen“ aufgerufen. Diesen dringenden Aufruf wolle er wiederholen und auch noch einmal die Bitte aussprechen, um geistliche Berufe, besonders um Priesterberufungen zu beten. „Die Priester bitte ich eindringlich darauf zu achten, wie sie die Berufung anderer fördern und unterstützen können.“

Der aaronitische Segen „Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil“ weise entscheidend darauf hin, daß die Menschen Glück und Heil der persönlichen Zuwendung Gottes verdankten. Durch den Segen könnten die Menschen begreifen, daß sie nicht der Unberechenbarkeit eines blinden Schicksals ausgeliefert seien, sondern sich der liebevollen Fürsorge Gottes anvertrauen könnten, der sich ihnen „wie ein guter Vater und wie eine gute Mutter“ zuneige. „Was auch geschehen mag, sei es schmerzvoll oder beglückend, wir sind nicht allein, Gott ist für uns da!“

Diese große Verheißung treffe sich mit der Namensgebung des neugeborenen Kindes; die Gottesmutter habe dafür Sorge getragen, daß es den Namen erhalte, den schon der Engel ihr angekündigt hatte: Jesus. Dieser Name bedeute „Gott hilft“ oder „Gott rettet“ und sei damit die „tiefe Erfüllung des aaronitischen Segens“. „In Jesus Christus, dem Kind in der Krippe wie dem Gekreuzigten und Auferstandenen, ist die Zeit erfüllt, hat ein für allemal ihren tiefen Sinn gefunden“, stellte der Bischof heraus.

Von Ihm her sei die menschliche Lebenszeit keine diffuse Addition von im Grunde sinnlosen Tagen, sondern auf Ihn hin werde sich am Ende alles vollenden. „Wenn Gott nun also in Jesus, seinem fleischgewordenen Wort, helfend und rettend bei uns ist, komme, was da wolle, können wir doch ohne Angst in die Zukunft eines neuen Jahres gehen“, unterstrich Bischof Algermissen zum Abschluß.

Der Fuldaer Domchor sowie der Jugendkathedralchor unter Leitung von Domkapellmeister Franz-Peter Huber sangen Chorsätze von F. Mendelssohn-Bartholdy, A. Bruckner, C. Thiel und C. Saint-Saëns. An der Domorgel spielte Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser, der zum Auszug das „Präludium in Es-Dur“ von J. S. Bach intonierte.
 

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