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Opfer der NS-Justiz Raimund Biedenbach wäre am 26. November 100 Jahre alt geworden

Hünfeld. Am 26. November wäre Raimund Biedenbach 100 Jahre alt geworden. Seine christliche Haltung wurde dem gebürtigen Hünfelder während der NS-Diktatur zum Verhängnis. Am 20. September 1944 wurde er in Berlin-Spandau standrechtlich erschossen. Zur Erinnerung an Raimund Biedenbach sind in Hünfeld und seinem späteren Wohnort Fulda Straßen nach ihm benannt, die an dieses Opfer der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz erinnern. Raimund Biedenbach wurde als drittes von fünf Kindern einer alt eingesessenen Hünfelder Familie 1910 geboren. Nach seiner Volks- und Lateinschulzeit wechselte er auf das Domgymnasium nach Fulda, wo er 1932 das Abitur ablegen konnte. Es folgte eine Bankausbildung. Privat war Biedenbach sehr kirchlich engagiert und Mitglied der Kolpingfamilie.

1937 heiratete er in Fulda Luise Frohnapfel, mit der er zwei Töchter, Marga und Elvira, hatte. Biedenbach stieg zum Abteilungsleiter und Innenrevisor bei der Landesleihbank Fulda auf, bevor er 1939 zur Wehrmacht einberufen wurde. Dort tat er als Schreiber, Funker und schließlich als Rechnungsführer Dienst. Die Kompanie wurde an die Ostfront verlegt, wo Biedenbach am 23. Oktober 1943 aufgrund einer Denunziation verhaftet wurde. Ein Zimmerkamerad hatte eine schriftliche Meldung über die politischen Äußerungen Biedenbachs verfasst. Vorgeworfen wurde ihm das Abhören von Feindsendern sowie Äußerungen, die eine defätistische und antinationalsozialistische Einstellung erkennen ließen. Vorgeworfen wurden ihm auch, dass er Goebbels als „Teufelsfuß“ bezeichnet hatte und Hitler vorwarf, sich übereilt in den Krieg gestürzt zu haben.

Er glaube nicht an einen Endsieg. Mit dieser Haltung stand der Wehrmachtsangehörige nicht allein. Briefe an seine Kompaniekameraden belegen, dass diese seine Meinung teilten. Allerdings blieb Biedenbach trotz scharfer Verhöre und Misshandlungen stets standhaft und verweigerte die Preisgabe anderer Kameraden, die so dachten wie er. Bis Ende April blieb Biedenbach zunächst in Russland in Haft und wurde dann aufgrund des Vormarsches der Roten Armee in verschiedene Gefängnisse verlegt, zuletzt nach Tano. Dort habe er, wie seine Frau nach dem Krieg zu Protokoll gab, besonders schwer gelitten. Später wurde er ins Moabiter Gefängnis nach Berlin-Charlottenburg verlegt. Seine Frau hatte noch versucht, über zwei Berliner Rechtsanwälte Kontakt mit ihrem Mann zu erhalten.

Erst im Mai 1944 konnte sie unter Aufsicht ihren Mann treffen, den sie schwer abgemagert und gezeichnet von den unmenschlichen Haftbedingungen vorfand. Im Juli 1944 kam es dann schließlich zu einem Prozess vor dem Zentralgericht des Heeres, in dem Biedenbach wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode, zu Unwürdigkeit und zum dauerhaften Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt wurde. Dieses Urteil fiel einen Tag nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler und übertraf sogar die Forderungen der Anklagebehörde, die sich für eine mildere Strafe ausgesprochen hatte. Bis zuletzt hoffte die Familie, das das Urteil nicht vollstreckt würde. Doch Gnadengesuche blieben ergebnislos. Am 20. September 1944 wurde Biedenbach schließlich in Berlin-Spandau standrechtlich erschossen. Der Familie wurde untersagt, in Todesanzeigen oder Nachrufen seiner zu gedenken. Auch der zustehende Unterhalt wurde der  Familie verweigert.

Erst am 3. November 1949 konnten die sterblichen Überreste vom Friedhof Berlin-Spandau nach Fulda überführt und dort würdig beigesetzt werden. Mit seiner unbeirrbaren Haltung und seiner Weigerung, Kameraden, die so dachten wie er, den NS-Schergen preis zu geben, gab Raimund Biedenbach mit aller Konsequenz ein Zeugnis seiner christlichen und menschlichen Haltung. Auch im neu erschienen Buch der Stadt Hünfeld, das zum 700-jährigen Jubiläum der Verleihung der Stadtrechte erschienen ist, wird Raimund Biedenbach ein eigener Beitrag gewidmet.

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