Logo

Bundesweite Rahmenbedingungen der Organspende verbessern – Tag der Organspende am 4. Juni in Frankfurt

Wiesbaden. Derzeit warten rund 12.000 schwer erkrankte Menschen in Deutschland auf ein Spenderorgan, allein 8.000 auf eine Niere. Konnten die Patienten auf der Warteliste in 2010 noch Hoffnung schöpfen, da in Hessen mit 15,7 Spendern pro eine Million Einwohner so viele Organspender wie noch nie gezählt wurden, so ist die Spenderzahl im ersten Quartal 2011 um beinahe 20 Prozent zurück gegangen, dieser Trend ist auch bundesweit auszumachen. Der Hessische Sozialminister Stefan Grüttner forderte daher  in Wiesbaden anlässlich des Tags der Organspende, dass sich die bundesweiten Rahmenbedingungen der Organspende verbessern müssten.

„Wir müssen zu einer erweiterten Widerspruchslösung kommen“, forderte Grüttner. „Mit der erweiterten Widerspruchslösung käme grundsätzlich jeder am Hirntod Verstorbene als Organspender in Betracht – es sei denn, einer Organentnahme wurde ausdrücklich durch die jeweilige Person oder deren Angehörige widersprochen. Diese Maßnahme würde den zahlreichen betroffenen Patienten auf der Warteliste neue Hoffnung geben.“ Die Widerspruchsregelung besteht in den meisten europäischen Ländern, unter anderem in Frankreich, Belgien, Luxemburg, Österreich, Norwegen, Schweden, Italien und Spanien.

Wie wichtig es ist, die Organspende stärker in den Fokus der Öffentlichkeit und Politik zu rücken, machte auch Dr. Thomas Beck, Kaufmännischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), deutlich und wies erneut auf den eklatanten Mangel an Spenderorganen hin: „Die Situation in Deutschland könnte kaum dramatischer sein. Alle acht Stunden stirbt ein Patient auf der Warteliste und dabei dürfen wir nicht länger zusehen. Alarmierend ist vor allem, dass die Organspendezahlen bis April 2011 im Vergleich zum Vorjahr erheblich zurückgegangen sind“, betonte Beck. Der Tag der Organspende sei ein Symbol der Dankbarkeit gegenüber denjenigen Menschen, die sich für eine Organspende entschieden haben, aber auch ein Signal, wie viel man erreichen könnte, wenn alle an einem Strang ziehen und das Thema gemeinsam unterstützen.

Dreiviertel der Menschen in Deutschland seien laut Umfragen bereit, ein Organ zu spenden, so Sozialminister Grüttner, aber nur 25 Prozent dokumentieren ihren Willen in einem Organspendeausweis. „Trotz einer intensiven Aufklärungsarbeit ändert sich hieran seit Jahren nichts wesentlich“, erklärte der Minister. Das bedeutet, dass bei 75 Prozent der Verstorbenen, die als Organspender infrage kommen, die Angehörigen entscheiden müssen, ob eine Organspende erfolgen soll oder nicht. „Man kann von den Angehörigen nicht verlangen, dass sie gleichzeitig die Todesnachricht verarbeiten und eine Entscheidung zur Organspende im Sinne des Verstorbenen treffen.“ Denn dies führt in den meisten Fällen dazu, dass die Angehörigen eine Organspende ablehnen. „In Anbetracht der vielen schwerkranken Menschen, deren Leben durch eine Organtransplantation gerettet werden kann, ist die erweiterte Widerspruchlösung ein guter Weg.“

Einig waren sich Sozialminister Grüttner und DSO-Vorstand Beck darin, dass vor allem auch vom strukturellen Ablauf her ein ganzes Maßnahmenbündel auf den Weg gebracht werden müsse, um die Organspendesituation nachhaltig zu verbessern. Es gehe vor allem darum, die Krankenhäuser mit einzubeziehen. „Hier muss im Transplantationsgesetz für eine Verbesserung des strukturellen und organisatorischen Ablaufs bei der Organspende gesorgt werden“, erklärte der Minister. Dazu gehöre, dass alle Krankenhäuser mit Intensivstation mindestens einen Transplantationsbeauftragten bestellen müssen. Die Erfassung möglicher Organspender müsse verbessert und die Leistung der Krankenhäuser im Bereich Organspende transparenter und vergleichbarer gemacht werden. Im Hinblick darauf sei es aber auch wichtig, dass derzeit geprüft werde, ob die Aufwandsentschädigung der Krankenhäuser für das Engagement beim Organspendeprozess noch ausreichend ist.

Die DSO fordert bereits seit Jahren, dass die Förderung und Steigerung der Organspende als oberstes Ziel in das Transplantationsgesetz aufgenommen wird. Beck wies darauf hin, dass der Knackpunkt nach wie vor die Erkennung potenzieller Organspender in den Krankenhäusern sei und dass immer noch zu viele Krankenhäuser ihrer Verpflichtung zur Organspende nicht nachkämen.

„Eine frühzeitige Beteiligung der Koordinierungsstelle im Organspendeprozess und eine regelhafte Einbeziehung der DSO-Koordinatoren zu den Gesprächen mit den Angehörigen sind wichtige Schritte, um die Situation schnell und nachhaltig zu verbessern und gleichzeitig die Krankenhäuser zu entlasten.“ Beck sah den Schlüssel zu mehr Organspenden deshalb in einer aktiveren Rolle der DSO. „Dass wir derzeit nur auf Zuruf tätig werden dürfen, behindert uns bei der Erfüllung unserer Aufgabe, möglichst vielen Patienten mit einer lebensrettenden Transplantation zu helfen.“

Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für eine Änderung, erklärte Grüttner. Derzeit setze die Bundesregierung die EU-Richtlinie über die Qualitäts- und Sicherheitsstandards in der Organspende für das deutsche Transplantationsrecht um.

Tag der Organspende

„Richtig. Wichtig. Lebenswichtig.“ lautet das Motto der zentralen Veranstaltung zum bundesweiten Tag der Organspende am 4. Juni, der erstmals in Frankfurt am Main stattfindet. Ziel des Tages der Organspende ist es, einen Anstoß zu geben, um das Thema Menschen nahe zu bringen und ihnen Hilfestellung bei einer Entscheidung für oder gegen eine Organspende zu geben. Dabei steht am Tag der Organspende vor allem die Aufklärung der Bevölkerung im Mittelpunkt.

Sozialminister Grüttner dankte vor allem den zahlreichen Selbsthilfegruppen, Initiativen und Verbänden für ihren unermüdlichen Einsatz, die Bevölkerung für das Thema Organspende zu sensibilisieren. „Es ist vor allem dem großen Engagement der Selbsthilfeverbände zu verdanken, dass die meisten Menschen der Organspende heute positiv gegenüberstehen“, lobte Grüttner. So ist auch der Tag der Organspende auf Initiative der Patientenverbände entstanden und findet seit 29 Jahren traditionell am ersten Samstag im Juni statt.

Unterstützung bekommen die Veranstalter von Prominenten wie dem Schlagersänger Roland Kaiser, der selbst dank einer Transplantation wieder mitten im Leben steht und im Sommer seine Comeback-Tournee startet. „Jede Entscheidung ist ein weiterer Schritt auf dem Lebensweg. Die Entscheidung für die Transplantation ist ein klares JA zum Leben. Die Entscheidung für Organspende ist auch ein klares JA zum Leben, zum Leben eines Patienten auf der Warteliste. Ich setze mich für das Thema Organspende ein, damit mehr Menschen sich dieser Verantwortung stellen, sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen und am Ende den Mut finden, sich für Organspende zu entscheiden. Ich hatte das Glück, ein solch großartiges Geschenk zu bekommen.“

Ebenso wie Roland Kaiser steht auch Turid Knaak, Fußballerin im Kader der U-20 Nationalmannschaft, hinter dem Thema – vor allem als Sportlerin sieht sie eine Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen: „Im Sport ist Teamgeist und Fairplay angesagt. Dies ist für mich direkt übertragbar auf die Organspende. Die meisten Menschen würden eine Organspende dankbar annehmen, um zu überleben. Das bedeutet aber auch, dass jeder selbst Solidarität zeigt, über Organspende nachdenkt und für sich eine Entscheidung trifft.“

Die zentrale Veranstaltung zum Tag der Organspende am Samstag, 4. Juni, beginnt mit einem ökumenischen Dankgottesdienst in der Paulskirche. Grußworte sprechen Annette Widmann-Mauz, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, Dr. Frank-Walter Steinmeier, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und die Stadträtin Dr. Manuela Rottmann, Dezernentin für Umwelt und Gesundheit der Stadt Frankfurt am Main.

Auf dem „Marktplatz fürs Leben“ an der Hauptwache erwartet die Besucher ein vielfältiges Programm – emotional, informativ und unterhaltsam. Das Thema Organspende wird in allen Facetten beleuchtet. Bei Gesprächen mit Experten und Betroffenen, einem begehbaren Herz- und Nierenmodell und bei vielen Aktionen können sich die Besucher rundum informieren und die verschiedenen Aspekte der Organspende erleben. Für Unterhaltung sorgt das Bühnenprogramm mit der Moderatorin Silvia Stenger von Hit Radio FFH. Bekannte Musiker und Künstler wie Pohlmann, Fools Garden, Johannes Scherer, Barry McGuire und John York engagieren sich für das Thema und verleihen der Organspende ihre Stimme. Abschluss des Tages der Organspende ist die BachVesper, ein Gesprächskonzert mit Gottesdienst, in der Katharinenkirche.

Breite Unterstützung erfährt das Thema auch in den Medien: Begleitet wird die zentrale Veranstaltung von der Kampagne „Hessen sagen Ja zur Organspende“ von Hit Radio FFH und der Deutschen Stiftung Organtransplantation. Prominente Hessen wie Sonya Kraus oder Bodo Bach konnten für Radiospots, Anzeigen und Großflächenplakate gewonnen werden, in denen sie für ein „Ja“ zur Organspende werben.

Veranstalter in Frankfurt sind die Deutsche Stiftung Organtransplantation, die Stiftung FÜRS LEBEN, die Selbsthilfeverbände Bundesverband Niere, Bundesverband der Organtransplantierten, Lebertransplantierte Deutschland, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Deutsche Transplantationsgesellschaft, TransDia sowie die Jungen Helden.

Categories:

Alle Nachrichten, Gesundheit & Medizin