Fünf Jahre Pflegestift Mediana – Stationäre Hausgemeinschaften als neues Modell für die Altenhilfe etabliert
Fulda. Als im Frühjahr 2003, vor nunmehr fünf Jahren, das Pflegestift Mediana in Fulda eröffnet wurde, betrat man in vielerlei Hinsicht Neuland: Das Pflegestift Mediana war das erste große, freifinanzierte Pflegeheim in Deutschland, das nur noch auf dem Konzept der stationären Hausgemeinschaften basierte. Zuvor gab es Hausgemeinschaften lediglich in kleinen Modellversuchen.
Fotos(112) und Video: Sven Haustein und Max Colin Heydenreich
Doch die Idee, von krankenhausähnlichen Strukturen in der stationären Altenhilfe abzurücken, hat den Verantwortlichen von Anfang an die Richtung gewiesen und ein Stück weit Mut und Zuversicht beim Aufbau einer völlig neuen Art von Pflegeheim gegeben. Die andere große Herausforderung war die Schaffung und die Etablierung des neuen Berufsbildes der Präsenzmitarbeiterin. Denn nur so konnte erreicht werden, dass Pflege, Betreuung und Begleitung zusammenrücken konnten und hauswirtschaftliche Tätigkeiten mit originären Pflegeleistungen enger verzahnt wurden.
Heute steht fest, dass die Einrichtung mit den über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein großes Stück auf diesem Weg zu einer ganzheitlichen bewohner- und angehörigenorientierten Pflege, Betreuung und Begleitung zurückgelegt hat. Die stationären Hausgemeinschaften haben sich bewährt und bieten den Bewohnerinnen und Bewohnern ein ganz besonderes Lebensumfeld, das von Alltagsnormalität und einer besonderen Milieugestaltung geprägt ist und weit weg liegt von einer überkommenen „Anstaltspflege“.
Diese Hinwendung zur Normalität im Heim hat vielleicht auch wieder die ursprüngliche (positiv bewertete) Bedeutung des Wortes Heim zurückkehren lassen, nämlich als das Zeichen für Geborgenheit und sicheres, beschütztes Empfinden. Zahlreiche Auszeichnungen und die bundesweite Beachtung des Fuldaer Pflegeheimes belegen die besondere wie bemerkenswerte Innovation dieser neuen Art von Einrichtung.
Nach fünf Jahren Betrieb wird nunmehr zum einen das erste, kleine „halbrunde“ Jubiläum der Einrichtung am Freitag, 25. April, mit einem Nachmittag der Begegnung und Information gefeiert, zum anderen werden aber auch und vor allem fünf Jahre Hausgemeinschaften in Fulda begangen. Die Bewohnerinnen und Bewohner mit ihren Angehörigen sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigen in der Zeit zwischen 15.00 und 19.00 Uhr, wie sich heutzutage das Leben in einem modernen Pflegeheim darstellt.
Das Pflegestift Mediana wurde im Frühjahr 2003 in Fulda fertig gestellt und ging in Betrieb. Es wurde auf dem Gelände des alten Städtischen Krankenhauses / Mehlergelände / Martin-Luther-Platz errichtet. Hier leben 140 ältere, pflegebedürftige Damen und Herren in 12 stationären Hausgemeinschaften. Zusätzlich gibt es hier das Mediana-Gästezentrum für Kurzzeitpflege und Tagespflege, das gerade im Jubiläumsjahr um weitere Plätze erweitert wird.
Der Hausgemeinschaft im Heim liegt die Idee der alltagsnahen Normalität im Heim zu Grunde, die Einrichtung orientiert sich am Familienleben. Es gibt dabei einen Grundsatz, der sehr einprägsam ist: So viel Selbständigkeit wie möglich und so viel Pflege und Hilfe wie nötig. Dabei hat man sich an internationalen Vorbildern orientiert, z.B. am französischen Cantous (frz. Feuerstelle) und den niederländischen Hofjes, die ähnliche Konzepte wie die deutschen Hausgemeinschaften aufweisen.
Die Idee und das daraus entwickelte Konzept der stationären Hausgemeinschaften wurden in Deutschland seit 1999 in einigen kleingliedrigen Modellversuchen auf ihre Umsetzbarkeit in die Praxis hin erprobt – durchweg mit guten Ergebnissen. Besonders für Menschen mit demenziellen Erkrankungen wirkte sich die überschaubare Größe der Hausgemeinschaften als positiv aus. Das Pflegestift Mediana in Fulda war das erste Haus in Deutschland, das diese Idee auf ein großes und freifinanziertes Pflegeheim übertrug, das nur nach stationären Hausgemeinschaften strukturiert wurde. Damit wurde damals der Startschuss für eine regelhafte Versorgung von pflegebedürftigen Damen und Herren in stationären Hausgemeinschaften gegeben.
Hausgemeinschaften verabschiedeten sich damit von der stationären Sonderform und der beschützten Laborsituation der Modellversuche. Unzählige Besuchergruppen und Fachleute haben das Pflegestift besichtigt und sich hier wichtige Anregungen holen können. Die Artikel und die Berichte in der Fachpresse sind Legion. Und ebenso erfreulich ist, dass das Pflegestift Mediana mehrfach ausgezeichnet wurde: mit dem bpa-Quality Award 2003, beim Innovationswettbewerb des deutschen Industrie- und Handelstages 2004 und schließlich bei der Initiative unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Horst Köhler „Deutschland Land der Ideen“ 2007.
Die Pflegeapartments im Pflegestift Mediana sind alle mit einem eigenen Badezimmer ausgestattet und liegen mit knapp 30 Quadratmetern Wohnfläche deutlich über allen Forderungen der gesetzlichen Heimmindestbauverordnung. Jeweils 10 Pflegeapartments werden zu einer stationären Hausgemeinschaft zusammengefasst. Herzstück einer jeden Hausgemeinschaft ist die Wohnküche mit anschließendem Wohnzimmer. Außerdem gibt es für jede Hausgemeinschaft einen großflächigen Balkon bzw. Freisitz. Als Funktionsräume stehen jeder Hausgemeinschaft ein Lager für die Küche, Wäscheräume, Sanitärräume und Abstellräume zur Verfügung. Von daher kann jede Gruppe weitgehend autark arbeiten.
Nicht nur der Experte sieht mit einem Blick: Diese Konzeption hat nichts mehr mit den stationären Einrichtungen alter Prägung zu tun. Im Pflegestift hat vielmehr „normales Bauen für jedermann“ Pate gestanden.
Der Wohnküche mit Wohnzimmer, als zentrale, wichtigste Räume der Hausgemeinschaft, fallen konzeptionell wichtige Funktionen zu. Hier vollzieht sich das „normale Alltagsleben“. Hier wird die Gemeinschaft organisiert, hier spielt sich das Leben ab. Hier wird gekocht, hier wird kommuniziert, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern, aber natürlich auch mit Angehörigen und Gästen. Diese Alltagsnormalität liegt fern der gähnenden „Langeweile“ oder der künstlich produzierten Animation in anderen Einrichtungen.
Die Organisationsform der stationären Hausgemeinschaften und das Konzept von Alltagsnormalität bedingen auch die Schaffung neuer Berufsbilder innerhalb der Altenhilfe, nämlich die der so genannten Präsenzmitarbeiter(innen). Diese Mitarbeiter(innen) begleiten und betreuen die Bewohnerinnen und Bewohner einer Hausgemeinschaft. Sie organisieren – manche sprechen auch von „managen“ – den Alltag in einer Hausgemeinschaft. Noch gibt es für diese Art von Beruf bzw. Berufsbild keine definierten Rahmenbedingungen. Mediana hat von daher ein eigenes Schulungs- und Ausbildungsprogramm entwickelt.
Marktplätze verbinden die einzelnen Hausgemeinschaften – architektonisch aber auch konzeptionell – miteinander. Sie sind damit zum einen Funktionsfläche aber auch Kommunikationsraum für alle Bewohnerinnen und Bewohner, für Besucher, Gäste und Angehörige.
Die professionelle pflegerische Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegestiftes liegt im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Fachpflegedienstes des Hauses. Im Fachpflegedienst sind alle Pflegekräfte (Altenpflegerinnen, Krankenschwestern, Krankenpfleger etc.) organisatorisch zusammengefasst. Ihre Diensträume befinden sich außerhalb der Hausgemeinschaften, jeweils in den Marktplätzen an zentraler Stelle positioniert.
Der stationäre Fachpflegedienst des Pflegestiftes weist eine ambulante Organisationsstruktur auf. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen also immer nur dann zum Einsatz, wenn sie in den Hausgemeinschaften vonnöten sind. Dauer und Intensität dieser pflegerischen Versorgung richten sich nach der individuellen Pflegebedürftigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner, nach der daraus entwickelten Pflegeplanung und den Absprachen mit den Hausärzten. Aber auch die Informationen und Wünsche der Präsenzmitarbeiterinnen fließen in den Einsatzplan des Fachpflegedienstes mit ein.
Das Pflegestift Mediana – nach Hausgemeinschaften organisiert und strukturiert – geht seit nunmehr fünf Jahren neue Wege in der stationären Altenpflege. Die Philosophie der Alltagsnormalität bricht die starre Institution Heim auf – mittlerweile Vorbild für viele andere Heime in der Region und in Deutschland. Aber auch aus Österreich und der Schweiz waren Altenhilfefachleute vor Ort in Fulda und holten sich im Pflegestift wichtige Anregungen für neue Einrichtungen im deutschsprachigen Raum.
Das Leitbild der Familie hilft, den Bewohnerinnen und Bewohnern Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln. Und das sind – so die Meinung der Verantwortlichen im Pflegestift – die Zeichen und Perspektiven, die das Heim braucht. Denn eines dürfe man nicht vergessen: Heute müssen die Modelle und die Strukturen für die (stationäre) Pflege der Zukunft entworfen werden.
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