Bescherung mit großer Musik auf kleiner Bühne – Die Akkordeonistin Veronika Todorova beim „Gernsehen“
Alle Veranstaltungen der Reihe „Gernsehen und Abendessen“ haben den Besuchern etwas zu bieten. Dennoch nimmt das Weihnachts-Gernsehen noch mal eine ganz besondere Stellung im Jahreszyklus ein, denn die Entertainerin und Initiatorin der Reihe, Marianne Blum, lässt sich gerade zum Jahresabschluss immer ein paar besondere Attraktionen einfallen. Das scheint sich seit letztem Weihnachten herumgesprochen zu haben, denn die Veranstaltung war komplett ausverkauft, ja, es bildeten sich sogar Schlangen vor der Tür, das Telefon im Museumscafé wollte nicht stillstehen.
Fotos (38): Marzena Traber
Recht hatten sie und man kann die Abgewiesenen, die keinen Platz mehr ergattern konnten, nur bedauern, denn dass man für schmale 26 Euro nicht nur ein 3-Gang-Menü und ein unterhaltsames Rahmenprogramm, sondern auch noch so eine Spitzenmusikerin wie Veronika Todorova erleben durfte, das kann man nicht anders als ein Geschenk bezeichnen.
Die zierliche junge Frau, die aus Bulgarien stammt und derzeit in Darmstadt Akkordeon studiert, brachte mit ihrem Instrument die Luft im voll besetzten Museumscafé geradezu zum Vibrieren. Rundtänze aus ihrer balkanischen Heimat, in halsbrecherischem Tempo vorgetragen, herzzerreißende Tangoweisen, cool Jazz, diese Frau beherrscht spielend die verschiedenen Musikstile. Doch es war nicht nur ihre Virtuosität, die beeindruckte. Sie trug die Stücke so voller Leidenschaft vor, dass es einem die Tränen in die Augen trieb. „Ich kenne Libertango von Astor Piazzolla und ich habe ihn schon von vielen Musikern gehört, aber noch nie so“, meinte ein Gast in der Pause ergriffen.
Dabei bewies die zu Recht schon mehrfach preisgekrönte Veronika Todorova nicht nur, dass sie dramatische Gefühle in Musik auszudrücken weiß, sie zeigte auch Humor. Ihr Stück „Balkan Train“ ist die perfekte akustische Imitation einer Zugfahrt und an anderer Stelle erkannte man plötzlich „Mission Impossible“ oder Rihannas ersten Hit „Umbrella“ wieder – als Polka mitten in einem rasenden Balkanstück voller ungerader Rhythmen!
Wie es überhaupt dazu kommt, dass westlich von Wien in der Musik nur noch bis vier gezählt wird, erklärte Marianne Blum in einer ihrer amüsanten Einleitungen übrigen so:„Stellen Sie sich einen Fahrradreifen mit einem Achter vor und dass sie damit fahren, dann fühlen Sie einen 5/8-Rhythmus. So ist der wahrscheinlich auch auf dem Balkan entstanden. Im Westen ist man mit solchen Reifen einfach nicht mehr gefahren…“
Überhaupt gewann der Abend noch einmal eine zusätzliche Note durch das Zusammenspiel der beiden Damen. Zum einen konnte die Blum begleitet von Veronika Todorova ihr eigenes musikalisches Potential kurz aufblitzen lassen, zum anderen wechselten sich die Musikanteile angenehm mit kurzen Wortbeiträgen ab.
Dazu kamen die Auswertung der Umfrage „Wer hat das schrecklichste Weihnachtsgeschenk“ und eine witzige Weihnachtsgeschichte. Als Überraschungsgast trat nämlich im 4. Set Ernst Sporer, einer der Geschäftsführer der Kreuz GmbH, als überzeugender „Weihnachtsmann“ auf. Er gab den Erzähler, während das Gespann Blum/Todorova für die musikalischen Kommentare zum Text sorgte und einzelne Gäste oder Tischgruppen Sprech- und Geräusch-Rollen in dem interaktiven Hörspiel übernahmen und so für schallende Heiterkeitsausbrüche im Publikum sorgten. Der Schluss aber gehörte dem großartigen Gast des Abends. Veronika Todorova gab noch eine umjubelte Zugabe, ehe die Gäste beseelt in die verregnete Dezembernacht enteilten.
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