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AOK Hessen sucht schwarze Schafe im Gesundheitswesen

Bad Homburg. Detektivische Arbeit lohnt sich: Die bei der AOK Hessen angesiedelte sechsköpfige Stabstelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen hat 2010 und 2011 fast 1,6 Mio. Euro an Rückforderungen für zu Unrecht abgerechnete Leistungen realisiert. Ob einzelne Ärzte, Heilmittelerbringer, Apotheken oder auch Versicherte – wer sich auf Kosten anderer bereichert, muss mit den AOK-Experten und der Staatsanwaltschaft rechnen. 183 Neufälle kamen in diesem Zeitraum auf den Tisch. Bei insgesamt 49 kam es zu einer Strafanzeige.

Seit nunmehr neun Jahren geht die Task Force der Gesundheitskasse von Eschborn aus Hinweisen nach, um der zweckwidrigen Nutzung von Finanzmitteln auf den Grund zu gehen. In den Jahren 2010 und 2011 kamen 458 Hinweise von anonymer Seite, aber auch von Versicherten, der Kripo oder Praxispersonal. In 169 Fällen gab es schließlich keinen hinreichenden Tatverdacht, doch der größte Teil ist es wert, näher verfolgt zu werden. Die Beispiele sind vielfältig, wie die Solidargemeinschaft geschädigt werden kann. So hatte ein Transportunternehmen höher vergütete Einzelfahrten zu einer ambulanten Operation in eine bestimmte Arztpraxis abgerechnet. Tatsächlich handelte es sich jedoch um weitaus weniger aufwändigere Sammelfahrten. Einige Patienten mussten sogar sehr lange warten, bis der letzte operiert ist, und erst dann konnten alle nach Hause chauffiert werden. Vermutet wurde eine unlautere Absprache zwischen dem Transportunternehmen und dem Facharzt. Gemeinsam  mit der Staatsanwaltschaft konnte ein Vergleich über die Rückzahlung von 20.000 Euro geschlossen werden.

Durch Fingerabdrücke überführt

In einem anderen Fall ging es um Rezeptfälschung. Eine unbekannte Person hätte in einer Apotheke versucht, ein Rezept über Hepsera einzulösen, ein hochpreisiges Medikament zur Behandlung von chronischer Hepatitis B.  Dem Apotheker kam das Rezept verdächtig vor, weil es von einem Gefäßchirurgen ausgestellt war – die Fachrichtung passte nicht. Der Arzt versicherte dem Apotheker telefonisch, den Patienten überhaupt nicht zu kennen, das Rezept nicht ausgestellt zu haben. Der Kunde, konfrontiert mit dieser Aussage, verließ dann fluchtartig die Geschäftsräume. Das kam mehrmals vor, und nach einigen Monaten konnte der Täter anhand von Fingerabdrücken auf der Verordnung identifiziert werden. Seine Wohnung wurde durchsucht und etliche Rezeptvordrucke gesichert. Der Schaden für die AOK Hessen: 6.500 Euro. Es hätte leicht fünfstellig werden können, wenn der Trick niemandem aufgefallen wäre.

Wenn Tote unterschreiben

Ein weiteres Beispiel betrifft eine Physiotherapiepraxis. Hier wurden bei einer betagten AOK-Versicherten 15 Behandlungen nach ihrem Todestag abgerechnet. Unterschriften einer Mitarbeiterin des Pflegeheimes, in dem die Dame wohnte, bestätigten die Leistung – zumindest schien es so. Doch die Pflegerin war an dem Betrug nachweislich nicht beteiligt. Vielmehr wurde ihre Signatur von einer Mitarbeiterin der Physiotherapiepraxis gefälscht. Doch die Behandlungen sollen tatsächlich stattgefunden haben, allerdings vor dem Tod der Versicherten. Die AOK Hessen forderte hier über 2.000 Euro zurück. Der Fall wurde an die Staatsanwaltschaft zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens weitergeleitet.

Ausnahmen von Bedeutung

Fehlverhalten im Gesundheitswesen ist nach wie vor – so die Erkenntnis der Stabsstelle – ein Ausnahmephänomen. Trotzdem kommt Betrug tagtäglich vor, wie in jeder anderen bedeutenden Branche auch. Ohne die Hinweise von Dritten wäre die Arbeit des Teams deutlich schwieriger. So mancher Straftatbestand würde gar nicht erkannt werden. Auch der enge Austausch mit der Kassenärztlichen Vereinigung hat dazu geführt, Straftäter noch frühzeitiger und effektiver zu überführen.

 

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