„Begabung und Hochbegabung“: Psychologe Götz Müller vermittelte praxisrelevantes Wissen für Pädagogen und Eltern
Hanau. Noch interessanter als das Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft war für rund 120 Pädagogen aus Hessen am Donnerstagabend die Frage, wie sie Kinder und Jugendliche noch besser bei der Entfaltung ihrer Potenziale unterstützen können. Auf Einladung der Karg-Stiftung und der Kathinka-Platzhoff-Stiftung kamen sie in das Heraeus Casino in Hanau, um sich beim Vortrag des Limburger Psychologen Götz Müller näher über „Begabung und Hochbegabung“ zu informieren.
Fotos (63): Max Colin Heydenreich
Nach einer einführenden Klärung der Begriffe Begabung, Intelligenz und Hochbegabung erläuterte Müller alltagsrelevantes Wissen über Bedürfnisse besonders begabter Kinder, diagnostische Methoden und angemessene Fördermaßnahmen. Als Kinder- und Jugendlichentherapeut verfügt er über langjährige Erfahrung in den Bereichen Hochbegabung, ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) und Teilleistungsstörungen.
Was hochbegabte Kinder brauchen, unterscheide sich im wesentlichen kaum von pädagogischen Prinzipien, die generell gültig sind, betonte Müller. Offenheit für unkonventionelle Lernwege und die Fähigkeit, auch bei heterogenen Klassen individuell vorzugehen, sei entscheidend für guten Unterricht. Die Bereitschaft von Pädagogen „Grenzen zu sprengen“ sei jedoch insbesondere für Hochbegabte relevant. Denn sie sind in besonderem Maße lernfähig. Sie können neue Informationen schneller verarbeiten und komplexe Zusammenhänge besser erfassen. Damit auch sie höhere Lernstrategien entwickeln, sei es wichtig, ihnen Herausforderungen zu stellen.
Das gelte allerdings nicht nur für Kindergarten und Schule, sondern auch für den familiären Bereich. Wenn Eltern ihren Kindern ausreichend Entfaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stellten und Lernmöglichkeiten böten, funktioniere Förderung in der Regel wie von selbst. „Kinder bleiben dann automatisch an dem hängen, was sie interessiert“, sagte Müller.
Doch was tun, wenn begabte Kinder Schulprobleme haben, war eine der Fragen aus dem Publikum. Dann sei es notwendig, sich der tatsächlichen Ursachen klar zu werden und dem Kind dabei zu helfen, wieder Motivation und Selbstvertrauen in sich zu gewinnen. Ihm dabei die eigenen Stärken zu verdeutlichen, sei dabei ein wesentlicher Schritt. Denn Begabung ist nicht automatisch gleichzusetzen mit Leistung. Auch Interesse, Ausdauer, das Verhältnis des Schülers zur Lehrkraft sowie die familiäre Situation beeinflussen seine Schulleistung.
Der Fortbildungsabend war der zweite im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Förderung hochbegabter Kinder“. Mit ihr möchten die beiden Stiftungen Pädagogen aus hessischen Bildungseinrichtungen – in der Mehrzahl Erzieherinnen und Lehrkräfte – Anlass geben, ihr Bewusstsein für besondere Begabung und Hochbegabung zu schärfen. Der nächste Themenabend aus der Reihe wird im Herbst 2008 stattfinden, wiederum in Hanau.