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Im Oberen Sinntal wird Landschaftsgeschichte wieder lebendig

Rhön. Im Beisein vieler Partner wurde jetzt im Informationszentrum „Haus der Schwarzen Berge“ in Wildflecken-Oberbach der 3. Band der Reihe „Historische Kulturlandschaft Rhön“ vorgestellt. Er widmet sich der Gemeinde Riedenberg und der Marktgemeinde Wildflecken im Oberen Sinntal.

In den letzten Jahren wurden im Auftrag der bayerischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön historische Kulturlandschaftselemente in beiden Gemarkungen wissenschaftlich dokumentiert. Diese Dokumentation gibt Auskunft über die menschliche Nutzung der Landschaft und über die sich damit vollziehenden Veränderungen über die Jahrhunderte.

„Man könnte dieses Buch auch mit dem Titel ,Landschaft lesen‘ überschreiben“, meinte die stellvertretende Leiterin der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön, Dr. Doris Pokorny. Das 160 Seiten starke Buch soll die Menschen für all das sensibilisieren, was sich in der Kulturlandschaft Rhön präsentiert, hob sie hervor. Eine Kulturlandschaft wie die Rhön sei immer ein Spiegel der sozioökonomischen Verhältnisse einer Region.

Wenn von historisch wertvollen Elementen die Rede ist, denke man meist zuerst an Gebäude. „Die Landschaft selbst wird bei diesem Begriff bisher eher negiert. Aber die Landnutzung, Wegeverbindungen, Viehtriebe oder die in den Dörfern vorhandene Gewerbestruktur haben Land und Leute maßgeblich geprägt“, betonte Dr. Doris Pokorny. Die verschiedenen Landschaftselemente – dazu gehören auch Bildstöcke, Wegekreuze oder errichtete Steinmauern – hätten ein erhebliches Potential, und zwar auch für den Tourismus. Denn hinter jedem Element verberge sich eine Geschichte.

Genau wie in den beiden vorhergehenden Bänden betrachtet auch der 3. Band der „Historischen Kulturlandschaft Rhön“ einen Zeitraum von rund 150 Jahren, was die Landnutzung angeht. Denn erst um 1850 wurden Bayern und damit auch die Rhön im so genannten „Urkataster“ erfasst, um eine kartographische Zuordnung zwischen Land und Eigentümer zu erhalten.

„Wie haben die Menschen früher gelebt und gewirtschaftet? Was ist heute noch sichtbar? Es ist für uns und für die nachfolgenden Generationen wichtig zu wissen, welche Geschichte die einzelnen Elemente unserer Kulturlandschaft haben. Deshalb sind wir als Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön der Meinung, dass man dies dokumentieren muss. Aus diesem Grund haben wir dieses Projekt angeschoben“, erklärte Dr. Doris Pokorny. Die ursprüngliche Idee dazu habe das Fränkische Freilandmuseum Fladungen gehabt; der Beirat des Biosphärenreservats Rhön habe dann diese Idee aufgegriffen und empfohlen, sie Länder übergreifend umzusetzen. Bislang sei dies jedoch nur auf bayerischer Seite geschehen, mit Mitteln aus dem Bayerischen Umweltministerium.

Die Buchreihe richte sich an historisch Interessierte, an Rhönliebhaber und vor allem an die Kommunalpolitik. Sie gebe Tipps und Empfehlungen darüber, welche Objekte wichtig und erhaltenswert sind, wenn beispielsweise Kommunen Bauleitplanungen erstellen oder bauliche Veränderungen in Dorf und Flur anstehen. Neben dem wissenschaftlichen Teil wird es im nächsten Jahr auch ein Arbeitsheft geben, das vorwiegend in Schulklassen der Sinntalgemeinden, aber auch in der Bildungsarbeit des Informationszentrums „Haus der Schwarzen Berge“ Verwendung finden soll.

Ihren Dank richtete die stellvertretende Leiterin der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön in erster Linie an die den Markt Wildflecken und die Gemeinde Riedenberg, an die beteiligten Autoren sowie die zahlreichen Ämter und Institutionen, die Informationen zulieferten. Besonders hob sie das Engagement von Gerwin Kellermann aus Oberbach hervor, der bereits schon vor einigen Jahren für das Obere Sinntal ehrenamtlich die Ortschroniken erstellte und sein umfangreiches Wissen auch mit in die Teilprojekte Riedenberg und Wildflecken und das neue Buch einbrachte. Aufbauend auf diesem bereits vorhandenen Schatz konnten ergänzende Themen aufgearbeitet werden, etwa die Landnutzung im Truppenübungsplatz. Auch der in jedem Dorf einberufene „Rat der Weisen“, der aus Ortskundigen bestand – darunter vielen Senioren, war ein wichtiger Bestandteil und eine große Unterstützung für das Projekt. Finanziell beteiligte sich das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege am 3. Band der „Historischen Kulturlandschaft Rhön“.

„Es war nicht nur ein reines Abarbeiten eines Auftrags, sondern bei dieser Arbeit lernt man die Landschaft und ihre Menschen kennen und schätzen“, sagte Dr. Thomas Büttner, einer der beteiligten Autoren. Das Projekt, eine Kulturlandschaft derart zu beleuchten und zu erforschen, sei einzigartig für alle deutschen Biosphärenreservate.

„Bedauerlicherweise haben wir es bisher nur auf bayerischer Seite geschafft, die Empfehlung des Beirats des Biosphärenreservats Rhön umzusetzen. Es wäre gut, wenn sich Hessen und Thüringen dieser Initiative anschließen“, unterstrich der Landrat des Landkreises Bad Kissingen, Thomas Bold. „Wenn wir uns im Biosphärenreservat Rhön Gedanken machen, wie wir das Zusammenleben weiter entwickeln, dann ist es wichtig, die Geschichte zu kennen. Wenn man die Geschichte nicht festhält, geht Wissen verloren.“ Deshalb ist es nach Ansicht von Bold dringend notwendig, diese Serie fortzusetzen. In den vergangenen Jahrhunderten habe es noch nie so viel Wandel wie in den letzten Jahrzehnten gegeben. „Wir sind daher gefordert, das zu erhalten, was wir noch haben. Das ist ein Beitrag zur Verwurzelung in der Heimat“, hob der Landrat hervor.

Die Kommunen wollen die vorliegende Dokumentation nutzen, um zumindest teilweise die gegebenen Empfehlungen umzusetzen, sagte der Bürgermeister der Marktgemeinde Wildflecken, Alfred Schrenk. „Das Entstehen unserer Heimat zu dokumentieren, ist sehr wichtig. Und es ist gut, dass das mit dem Blick von außen aufgearbeitet wird“, meinte der Bürgermeister der Gemeinde Riedenberg, Dr. Robert Römmelt.

Es sei nicht einfach gewesen, für ein solches Thema einen geeigneten Verlag zu finden, in dessen Profil eine derartige Reihe passe, sagte Dr. Doris Pokorny. Der Imhof-Verlag in Petersberg sei für das Projekt des Biosphärenreservats Rhön jedoch der ideale Partner. Die Reihe ist im Buchhandel sowie im Informationszentrum „Haus der Schwarzen Berge“ in Wildflecken-Oberbach, im Informationszentrum „Haus der Langen Rhön“ in Oberelsbach, im Freilandmuseum Fladungen und in der Infostelle am Schwarzen Moor erhältlich. Der soeben erschienene 3. Band kann außerdem bei der Verwaltungsgemeinschaft Bad Brückenau und bei der Gemeindeverwaltung in Wildflecken zum Preis von 16,80 Euro erworben werden. Die ISBN-Nummer lautet 978-3-86568-888-0. „Dieses Werk eignet sich auch als Geschenk für Weihnachten“, meinte Dr. Doris Pokorny abschließend.

 

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