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132 Kinder und Jugendliche im Vogelsbergkreis haben einen „Lotsen fürs Leben“

VormundVogelsbergkreis. Offiziell heißen sie – etwas angestaubt und bürokratisch – „Vormund“ oder „Pfleger“. Dabei tun sie viel mehr als Akten bearbeiten: Sie kümmern sich mit viel Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl um Kinder und Jugendliche im Kreis. „Ein Vormund macht alles, was sonst die Eltern tun“, erklärt Jugendamtsleiterin Dagmar Scherer. „Wenn die Eltern nicht mehr für das Wohl ihres Kindes sorgen können oder wollen, dann kümmert sich das Jugendamt um einen Vormund, der dafür sorgt, dass es Kindern und Jugendlichen gut geht.“

Ein Vormund hat auch die rechtliche und finanzielle Verantwortung: Er verwaltet das Geld bis zur Volljährigkeit und sorgt dafür, dass das Kind in einer Pflegefamilie, in einem geeigneten Heim oder in einer betreuten Wohnung leben kann. „Ein Vormund hat etwas von einem ‚Schutzengel für das Kind’“, findet Petra Jung vom Jugendamt. Er falle aber nicht vom Himmel. „Da gucken das Familiengericht und das Jugendamt schon ganz genau hin, wer die Vormundschaft und damit die Verantwortung bekommt.“ Oft sei dies der Amtsvormund, der die Interessen des Kindes fest im Blick haben müsse. „Es können aber auch die Großeltern als sogenannter Einzelvormund sein. Wir fragen die Kinder, wem sie besonders vertrauen und wen sie sich als Vormund wünschen“, erklärt Frau Jung, die Leiterin des Sachgebiets „Kindschaftsrecht und Unterhalt“.

Für die Kinder und Jugendlichen sei ein Vormund so etwas wie ein neuer „Lotse fürs Leben“. Fast immer hätten die jungen Menschen vorher Schlimmes erlebt wie die schwere Krankheit eines Elternteils oder gar den Verlust der Eltern. In solchen Fällen komme ein Vormund ins Spiel, „und natürlich auch dann, wenn Eltern sich nicht um ihr Kind kümmern – wenn sie es schlagen oder misshandeln“, sagt Petra Jung. Diese Eltern könnten und dürften dann nicht mehr für das Kind sorgen. In solchen Fällen entscheide sich das Familiengericht dafür, die Verantwortung teilweise oder ganz in die Hände eines Amtsvormunds zu legen. Der ist dann im Hauptjob „Kümmerer ums Kind“ – und zwar für höchstens fünfzig Mündel.

Es komme darauf an, dass der Vormund unabhängig sei und nur die Interessen der Kinder vertrete. Betreuer in einem Heim würden schon deshalb als Vormünder ausscheiden. Entscheidend sei, dass ein Vormund sich Zeit für das Kind nehme. Regelmäßige Besuche seien selbstverständlich und auch gesetzlich vorgeschrieben. Und: Je älter ein Kind werde, desto mehr sollte es auch direkt mitentscheiden. „Ganz wichtig sind die persönlichen Gespräche, genauso wie der regelmäßige Griff zum Telefon oder der Austausch per E-Mail. Reden und zuhören – das ist das A und O“, stellt die Leiterin des Sachgebietes fest. „Der Draht zwischen Kind und Vormund sollte möglichst kurz und unkompliziert sein, denn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist die beste Grundlage für nachhaltige Entscheidungen. Regelungen über den Kopf des Kindes hinweg sind selten gut.“

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