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Hessischer Preis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ beim Hessentag in Kassel verliehen

Bei der Preisverleihung von links: Ministerpräsident Volker Bouffier, Herr Gerhard König und Frau Petra Hannig von der Patenschaftsstelle „Ostdeutsches Lied“, Herr Bürgermeister Manfred Wagner aus Wetzlar, Herr Dr. Wendelin Mangold, Frau Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf und Sozialminister Stefan Grüttner

Bei der Preisverleihung von links: Ministerpräsident Volker Bouffier, Herr Gerhard König und Frau Petra Hannig von der Patenschaftsstelle „Ostdeutsches Lied“, Herr Bürgermeister Manfred Wagner aus Wetzlar, Herr Dr. Wendelin Mangold, Frau Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf und Sozialminister Stefan Grüttner

Kassel. Zum zweiten Mal wurde der Hessische Preis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ von der Hessischen Landesregierung ausgelobt und beim Brauchtumsnachmittag des Bundes der Vertriebenen anlässlich des Hessentages in Kassel durch Herrn Sozialminister Stefan Grüttner verliehen. Der Preis ist mit 7.500 € dotiert und zeichnet Arbeiten im thematischen Zusammenhang mit der Vertreibung und Aussiedlung von Deutschen sowie der deutschen Kultur der Vertreibungsgebiete aus. In diesem Jahr wurde der Preis wegen der besonderen geschichtlichen Verknüpfung zwischen dem Land Hessen und den Wolgadeutschen anlässlich des 250-jährigen Gedenkens der Auswanderung nach Russland unter das Thema „Hessen und die Russlanddeutschen“ gestellt.

Sozialminister Stefan Grüttner führte in die Verleihung des Preises ein und stellte fest, dass mit dem Preis der hohe geschichtliche Stellenwert der im Jahr 1950 verabschiedeten Charta der deutschen Heimatvertriebenen hervorgehoben werden soll. Auch heute sei die Charta ein großes Friedensdokument und eine herausragende Leistung der deutschen Heimatvertriebenen. Im Hinblick auf den ausdrücklichen Gewaltverzicht wurde die Charta im In- und Ausland als klares Zeichen der Versöhnung anerkannt. Auch über 60 Jahre nach der Unterzeichnung stelle die Charta einen Meilenstein deutscher und europäischer Geschichte dar. Außerdem habe sie den Grundstein für die Gestaltung einer gemeinsamen europäischen Zukunft gelegt. Rund ein Drittel aller in Hessen lebenden Bürgerinnen und Bürger habe entweder Flucht oder Vertreibung selbst erlebt, sei durch das Schicksal der nächsten Angehörigen betroffen oder lebe als Spätaussieder hier. Insoweit sei es konsequent gewesen, die Erinnerung an die Leistungen der Vertriebenen über die Vergabe des Preises wach zu halten.

Die Geschichte Hessens sei mit dem Schicksal eines großen Teils der Russlanddeutschen eng verknüpft. Im Jahr 2013 sei es 250 Jahre her, dass Zarin Katharina II. das Einladungsmanifest verabschiedete. Dieses Jubiläum solle mit dem Preis in diesem Jahr besonders gewürdigt werden. Etwa 20.000 Auswanderer aus Hessen seien seinerzeit dem Ruf der Zarin gefolgt. Infolge der Veränderungen in der ehemaligen Sowjetunion zum Ende des letzten Jahrhunderts seien viele Nachkommen wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

„Ich freue mich, dass mit 51 Bewerbungen exakt die gleiche Zahl erreicht wurde wie vor zwei Jahren. Die Jury hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, da viele preiswürdige Vorschläge eingereicht wurden. Ich danke allen Personen und Institutionen, die sich an dem Preis beteiligt haben. Mein besonderer Dank richtet sich an den ersten Preisträger Dr. Wendelin Mangold (5.000 €) für sein literarisches Wirken und an den zweiten Preisträger die Stadt Wetzlar (2.500 €) für die Übernahme der „Patenschaft für das Ostdeutsche Lied“, so Sozialminister Grüttner.

Die Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, stellte in ihrer Laudatio zunächst den ersten Preisträger Dr. Wendelin Mangold vor. Die Jury habe den Preis einstimmig Herrn Dr. Mangold sowohl für die Tragikomödie „Vom Schicksal gezeichnet und geadelt“ als auch für sein gesamtes schriftstellerisches Werk und seine Leistungen auf dem Gebiet der Integration seiner Landsleute verliehen. Er habe sich längst weit über den Kreis der Russlanddeutschen hinaus als literarische Instanz etabliert. Wie kaum ein anderer Autor sei er mit der politischen und literarischen, mit der theologischen und philosophischen Geschichte der Deutschen aus Russland vertraut.

Das Theaterstück „Vom Schicksal gezeichnet und geadelt“ stelle die 250-jährige Geschichte der Deutschen aus dem Wolgagebiet nach – von der Anwerbung in Büdingen zur Ansiedlung an der Wolga bis zur Verschleppung nach Sibirien und dem schwierigen Anfang in der neuen Heimat. Das Theaterstück zeige auf originelle Weise, dass man sich der schwierigen Problematik mit einem weinenden aber auch lachenden Auge nähern kann. Es sei besonders als Arbeitsmaterial den Schulen zu empfehlen. Mit dem Preis ebenfalls gewürdigt werde das gesamte schriftstellerische Wirken von Herrn Dr. Wendelin Mangold und seine soziale Arbeit bei der Integration seiner Landsleute. „Herr Dr. Wendelin Mangold ist auf Grund seines Lebenswerkes und seines unermüdlichen Wirkens ein herausragender Preisträger“, so die Landesbeauftragte.

In ihrer Laudatio zum zweiten Preisträger, der Stadt Wetzlar, würdigte die Landesbeauftragte die Übernahme der „Patenschaft für das Ostdeutsche Lied“ vor über 50 Jahren. In Wetzlar werde eine dauerhafte Kulturarbeit geleistet und eine außerordentliche Leistung für die Erhaltung des ostdeutschen Kulturgutes erbracht. In der Patenschaftstelle seien inzwischen ca. 1.800 Liederbücher und ca. 1.500 Liederblätter gesammelt worden. Die elektronische Lieddatei enthalte mittlerweile ca. 65.000 Einträge. Bei einem nicht unwesentlichen Teil der Lieder handele es sich um das Liedgut der Russlanddeutschen. Damit werde das diesjährige Thema des Preises im besonderen Maße getroffen. „Diese Sachpatenschaft ist einmalig und beispielhaft in Hessen und ganz Deutschland und hat somit die Auszeichnung verdient“, so Frau Ziegler-Raschdorf am Ende der Laudatio.

Herr Dr. Wendelin Mangold bedankte sich für den Preis bei allen, die ihn unterstützt haben. Es sei ihm eine Ehre, den Preis entgegenzunehmen, denn damit sei seine Volksgruppe gemeint, die er repräsentiere. Er dankte weiterhin der Hessischen Landesregierung, der Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, und dem Bund der Vertriebenen, dass diesmal der Preis an einen Russlanddeutschen vergeben worden sei.

Herr Bürgermeister Wagner von der Stadt Wetzlar erinnerte in seiner Dankesrede daran, dass rund 3.000 Heimatvertriebene nach dem Krieg in Wetzlar Aufnahme gefunden hätten. Die Preisverleihung sei für alle Beteiligten Motivation, die Arbeit der Patenschaft fortzusetzen.

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