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Produktionsschule der Grümel gGmbH erhielt nach erfolgreicher Zertifizierung das Qualitätssiegel QPS

v.l.: Martin Mertens (Bundesverband Produktionsschulen), Anna Hupfeld (Sozialer Dienst, Grümel), Viktoria Braun und Susanne Flamme-Brüne (Sozialer Dienst Grümel), Tobias Leibold (Werkstattpädagoge Grümel)

v.l.: Martin Mertens (Bundesverband Produktionsschulen), Anna Hupfeld (Sozialer Dienst, Grümel), Viktoria Braun und Susanne Flamme-Brüne (Sozialer Dienst Grümel), Tobias Leibold (Werkstattpädagoge Grümel)

Fulda. Die Produktionsschule der Grümel gGmbH hat vom Bundesverband Produktionsschulen das Qualitätssiegel QPS verliehen bekommen. Die Einrichtung, die aus den im Oktober 2000 gegründeten Jugendwerkstätten Holz und Start des Fuldaer Bildungsträgers hervorgegangen ist, hatte sich zu Beginn dieses Jahres für die Zertifizierung beworben. Nach der im April erfolgten Qualitätsprüfung freuen sich nun Grümel-Geschäftsführer Matthias Kraft, Werkstattpädagoge Tobias Leibold und die betreuenden Sozialpädagoginnen Anna Hupfeld, Susanne Flamme-Brüne und Viktoria Braun ( in Elternzeit) über die Anerkennung. Produktionsschulen „nach dänischem Vorbild“ sind Bildungseinrichtungen, die den Lern- und Produktions-prozess nach anerkannten didaktischen Gesichtspunkten gestalten und in denen es in erster Linie um die soziale Integration gesellschaftlicher Gruppen geht.

Das Qualitätssiegel QPS bescheinigt der Produktionsschule Grümel, dass das erreichte Arbeits- und Entwicklungsniveau bei Grümel den Anforderungen des Bundesverbandes Produktionsschulen entspricht. Dabei geht es um das Miteinander pädagogisch gelebter Praxis einer Produktionsschule und den theoretisch formulierten Qualitätsstandards in Hinblick auf den Rahmen und die Inhalte einer neuen Form von „Schule“.

Als oberstes Ziel der Produktionsschule nennt Leiter Tobias Leibold die persönliche Stabilisierung der Teilnehmer, die in der Regel zwischen 16 und 23 Jahre alt sind: „Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Verbindlichkeit und Ausdauer sind wichtige Kompetenzen, die die Jugendlichen für ihren weiteren Lebensweg bei uns erwerben oder festigen sollen. Im praktischen Teil der Holzwerkstatt werden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die von den jungen Erwachsenen zum Bearbeiten der Kundenaufträge benötigt werden. Hierzu zählen sowohl theoretische Inhalte, als auch handwerkliche Fertigkeiten wie zum Beispiel der Umgang mit Handmaschinen zur Holzbearbeitung.“

In der Holzwerkstatt der Produktionsschule werden einfache Produkte rund um den Werkstoff Holz wie z.B Regale oder einfache Möbel hergestellt, als Dienstleistung wird zum Beispiel das Aufarbeiten von Gartenmöbeln aus Holz incl. Abhol- und Bringservice angeboten. Mit der Firma BMB-Möbelschreinerei Balzer aus Fulda-Zell besteht  seit längerem eine Partnerschaft. Produktionsschüler können dort ein Praktikum absolvieren, zwei Jugendliche sind bereits in Ausbildung übernommen worden und auch im Bereich der Kundenaufträge findet ein Austausch statt.

In der Großküche des Grümelzentrums und der Grümelwäscherei als Partnerabteilungen können die Produktionsschüler auch einen anderen fachlichen Schwerpunkt erleben, die pädagogische Betreuung erfolgt dann aber weiterhin über die Produktionsschule.

Dank finanzieller Förderung durch Kreisjobcenter, Europäischen Sozialfonds, Stadt Fulda und Land Hessen kann Grümel zurzeit in der Produktionsschule Holz zwölf Plätze anbieten. Die Jugendlichen sind jeden Tag in der Einrichtung – insgesamt 35 Stunden pro Woche. In den teilweise verpflichtenden Pausen wird regelmäßig zusammen mit der Werkstattleitung und den beiden Pädagoginnen, die sich dort eine Stelle teilen, gefrühstückt. Abwechselnd sind immer jeweils zwei Jugendliche für Organisation und Durchführung des Frühstücks verantwortlich. Zusätzlich zum Werkstattalltag gibt es Stützunterricht in Deutsch, Mathematik und EDV sowie sozialpädagogische Angebote, wie z.B Bewerbungstraining, Präventionsarbeit, Teamtraining und auch Sport.

Nach der Stabilisierungs- und Orientierungsphase lotet das Produktionsschul-Team mit den Jugendlichen ihre Möglichkeiten aus und legt weitere Ziele fest: beispielsweise die Teilnahme an einer weiterführenden Maßnahme, bei der sie den Hauptschulabschluss nachholen können, oder die Vermittlung in Arbeit oder im besten Fall in eine Ausbildung. „Durch verschiedene Angebote und Rituale wie gemeinsame Mahlzeiten, Geburtstagsfeiern, Verabschiedungen, Morgen- und Abschlussrunden sowie kulturelle Angebote – etwa ein Besuch im „Wortreich“ in Bad Hersfeld – werden den Jugendlichen Strukturen gegeben, die ihnen ein Stück Heimat vermitteln sollen“, sagt Tobias Leibold.

Bei seiner Arbeit geht es ihm nur am Rande darum, Jugendliche für eine Ausbildung zum Schreiner zu gewinnen – wenngleich über die Jahre gesehen der Anteil der Teilnehmenden, die anschließend eine Holzausbildung absolvierten, zwischen 15 und 20 Prozent  lag. Der Werkstattleiter erklärt: „Die Arbeit mit Holz ist eher ein Mittel zum Erreichen unserer Ziele. Wichtiger ist, dass die Produktionsschüler über die Durchführung realer, das heißt bezahlter Kundenaufträge eine Wertschätzung ihrer Arbeit erfahren, dadurch ihr Selbstwertgefühl gestärkt wird und damit auch ihre Motivation steigt, ihre momentane Situation zu verbessern.“

Die Idee, die Jugendwerkstätten  in eine Produktionsschule übergehen zu lassen, existierte bei Grümel schon einige Jahre. Konkreter wurde sie, als Tobias Leibold im Sommer 2011 eine 18-monatige Fortbildung zum Produktionsschulpädagogen abschloss. Grümel-Geschäftsführer Matthias Kraft erklärt: „Als der Bundesverband Produktionsschulen dann ein Zertifizierungsverfahren für Produktionsschulen entwickelte, entschlossen wir uns im Sommer 2012, diese Zertifizierung anzustreben und die Jugendwerkstätten in eine Produktionsschule umzuwandeln. Seit Sommer 2012 haben wir einen 30-seitigen Selbstreport erstellt, den wir im Anschluss an die offizielle Bewerbung den  Prüfern im März 2013 vorlegten, um dann im April im Rahmen eines zweitägigen Audits das Zertifizierungsverfahren zu durchlaufen.“

Und das mit großem Erfolg. Tobias Leibold erläutert:  „Von 33 beschriebenen Kriterien zur Zertifizierung wie beispielsweise Verbindung der Lern- und Arbeitsprozesse, Qualifizierungsbausteine, Regeln und Rituale wurden 32 von uns erfüllt, 24 wären nötig gewesen.“ Lediglich die fehlende Möglichkeit, den Hauptschulabschluss intern in der Produktionsschule zu erlangen, habe Grümel einen Punkt gekostet. Wegen der geringen Platzzahl von zwölf Teilnehmern sei eine interne Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss aber finanziell nicht durchführbar.

Der Werkstattleiter freut sich über erfolgreiche Zertifizierung und die künftige Arbeit mit seinem Team und den jungen Erwachsenen in der Produktionsschule, die im Grümel-Zentrum in der Steubenalle 6 untergebracht ist: „Wenn es uns gelingt, den Kundenauftrag zum Auftrag der Jugendlichen zu machen und wir ihnen gleichzeitig ein Stück Heimat bieten können, dann haben wir fast schon gewonnen.“

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