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Neun Landwirte beteiligen sich mit 25 Hektar an Öko-Projekt des Fachdienstes Natur und Landschaft der Kreisverwaltung

457-Wildpflanzen1Landkreis Fulda. Ein Feld, auf dem sich Falter, Käfer und Hasen nahezu ungestört wohlfühlen können – und das Landwirte zu Gewinnung von Biomasse nutzen? Was für die einen nach träumerischem Idyll klingt, ist längst Realität. Der Fachdienst Natur und Landschaft des Landkreises Fulda versucht mit dem gezielten Anbau von Wildpflanzen neue Akzente in der Biogasgewinnung zu setzen. Dabei geht es um eine einzigartige Vernetzung der Ziele von Naturschutz und Landwirtschaft. „Ausschlaggebend für das Projekt war ein Besuch des Fachdienstleiters Martin Seuring auf dem Hof von Werner Kuhn in Güntersleben, der ein Pionier und mittlerweile Experte auf dem Gebiet der Wildpflanzen ist“, erzählt Rieke Trittin. Sie ist von Seiten des Landkreises für die Koordination zuständig. Vor zwei Jahren hat der Fachdienst die Landwirte angesprochen, die zugleich eine Biogasanlage betreiben. Neun Landwirte sagten zu und ließen sich auf das Experiment ein, nachdem sie zuvor meist auf die Substrate Mais, Grassilage und gesetzt hatten.

457-Wildpflanzen2Seit dem vergangenen Jahr säen sie auf insgesamt 25 Hektar ihrer Flächen einheimische mehrjährige Stauden wie Beifuß und schwarze Flockenblumen sowie einjährige Blühpflanzen aus. Ökologisch hat das Projekt in mehrerlei Hinsicht Vorteile: Die Biodiversität wird gefördert, es werden weniger Betriebsmittel eingesetzt, die Fruchtfolge wird aufgelockert, die Pflanzen liefern den Bienen Nahrung und im Winter Tieren Unterschlupf. Die Ernte erfolgt zudem nur einmal im Jahr – zu einem Zeitpunkt, wenn die Risiken für Bodenbrüter und Jungtiere geringer sind. Nur einmal im Jahr zu ernten, hat für den Landwirt auch ökonomische Vorteile. Zudem können die Wildpflanzen auch auf für andere Kulturpflanzen weniger geeigneten Flächen angebaut werden.

In diesem Jahr haben die am Versuch beteiligten Landwirte die zweite Ernte eingefahren: „Die Ertragsergebnisse sind sehr unterschiedlich“, bilanziert Trittin und fügt hinzu: „Im ersten Jahr gab es auf einigen Flächen aufgrund der starken Wüchsigkeit der Sonnenblumen Ernteschwierigkeiten. Jetzt, im zweiten Jahr, sind diese einjährigen Pflanzen nicht mehr dabei und die Ernte verlief positiv. Im Durchschnitt sind wir zufrieden, aber es gibt noch Verbesserungspotential, vor allem in Hinblick auf die Mischungszusammensetzung und die Anbauverfahren. Aber alle Landwirte sind neugierig auf den weiteren Verlauf, so dass sie dabei bleiben.“ Für die Projektverantwortliche ist die Ausweitung der Anbaufläche das Ziel. Jederzeit könnten noch neue, interessierte Biogasanlagenbetreiber teilnehmen.

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Die Fachdienste Natur und Landschaft sowie Landwirtschaft blicken schon über den eigenen Tellerrand hinaus: „Wir engagieren uns seit 2012 im bundesweiten Projekt Netzwerk Lebensraum Feldflur“, erklären die Fachdienstleiter Martin Seuring und Martin Sudbrock. In diesem Netzwerk haben sich 18 Verbandsvertreter aus den Bereichen Jagd, Naturschutz und Energiewirtschaft zusammengeschlossen. Mehrmals im Jahr finden Informationstreffen statt. Ein greifbares Ergebnis: Durch die vernetzte Zusammenarbeit konnte bereits ein Praxisratgeber für Landwirte entwickelt werden. Die Beteiligten tauschen darüber hinaus Versuchsergebnisse aus und planen gemeinsame Auftritte zum Beispiel bei Messen.

„Auch setzen wir uns in der politischen Debatte dafür ein, dass die Flächen innerhalb des Greenings berücksichtigt werden“, wirft Sudbrock einen Blick in die Zukunft. Im Rahmen der EU-Agrarpolitik sollen laut Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ab dem Jahr 2015 Direktzahlungen an Landwirte stärker als bislang an erbrachte Umweltleistungen geknüpft werden. Zum Beispiel sind Landwirte dann in der Pflicht, fünf Prozent ihrer Ackerflächen als sogenannte ökologische Vorrangflächen bereitzustellen. Ein Feld, auf dem Wildpflanzen Heimat für Insekten, Falter und Hasen bieten, könnte die geforderten Kriterien erfüllen – und würde sich für die Landwirte über den Nutzen für die eigene Biogasanlage hinaus bezahlt machen.

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