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Belastende Erfahrungen in den ersten Liebesbeziehungen Jugendlicher: Ergebnisse einer hessischen Studie liegen vor

Fulda. Die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen (76,6 %) zwischen 14 und unter 18 Jahren an staatlichen allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen in Hessen hat bereits Teenager-Beziehungen oder Verabredungen. 65,7 % dieser Schülerinnen und 60,1 % der Schüler haben durch ihren Partner oder ihre Partnerin mindestens einmal irgendeine Form von grenzüberschreitendem Verhalten oder Gewalt erlitten.

Körperliche Gewalthandlungen wurden seltener berichtet als Kontrollverhalten oder der Druck zu ungewollten Handlungen. Haben Jugendliche solche Erfahrungen gemacht, dann berichten sie eine schlechtere Lebensqualität als Nichtbetroffene. Verstärkt sind diejenigen betroffen, die in ihrem familiären Umfeld Gewalt erlebten oder bezeugten. Der Blick auf die negativen Auswirkungen der Erfahrungen auf das Wohlbefinden und die Frequenz solcher Ereignisse zeigt eine stärkere Betroffenheit von Mädchen im Vergleich zu Jungen. Ausgeübt wurden die Grenzüberschreitungen zu 56,9 % von männlichen Jugendlichen. Hilfe würden sich Jugendliche überwiegend bei ihren Freundinnen und Freunden holen, erst an zweiter und dritter Stelle bei Eltern oder Geschwistern.

Zu diesen Ergebnissen kommt „TeDaVi“, eine vom Land Hessen finanzierte Studie der Hochschule Fulda. 509 Schülerinnen und Schüler aus zehn hessischen Schulen nahmen an der Befragung teil. Von 271 Mädchen und 191 Jungen liegen auswertbare Daten vor. Da die Stichprobe nicht der erwarteten Verteilung entsprach, wurden die Daten nach Geschlecht, Alter und Schulart gewichtet. Dies erlaubt eine Verallgemeinerung der Ergebnisse. 354 der Befragten bejahten die Fragen nach ersten Erfahrungen mit Dates oder Beziehungen, darunter waren 181 Schülerinnen (78,4 %) und 173 Schüler (74,9 %).

Die Studie orientierte sich an einer 2009 veröffentliche Untersuchung aus Großbritannien von Barter und Kolleginnen. Dort berichteten 80 % der Mädchen und 51 % der Jungen von emotionaler Gewalt; 30 % der Mädchen und 6 % der Jungen gaben negative Folgen für das Wohlbefinden an. 25 % der Mädchen und 18 % der Jungen berichteten von körperlicher Gewalt, negativ auf das Wohlbefinden wirkte sich dies auf 76 % der betroffenen Mädchen und 14 % der Jungen aus. Sexualisierte Gewalt berichteten 31 % der Schülerinnen und 16 % der Schüler. Betroffene Mädchen erlebten zu 70 % negative Auswirkungen, betroffene Jungen zu 13 %.

In der hessischen Studie berichteten 61,3  % der Mädchen und 56,6 % der Jungen mindestens eine emotional schwierige Situation (Kontrolle, verbale Aggressionen, Zwang oder Drohung); unter den Betroffenen gaben 75,0 % der Mädchen und 51,0 % der Jungen negative Folgen für das Wohlbefinden an. 10,5 % der Mädchen und 10,4 % der Jungen berichteten von körperlicher Gewalt; negative Folgen auf das Wohlbefinden hatte dies auf 85,0 % der betroffenen Mädchen und 44,0 % der betroffenen Jungen. Sexualisierte Gewalt berichteten 26,0 % der Mädchen und 12,7 % der Jungen; von diesen erlebten 72 % der Mädchen und 23 % der Jungen negative Auswirkungen.

„Will man die weitere Chronifizierung von Gewalt verhindern, müssen Jugendliche lernen, wie man bei Dates oder in Beziehungen respektvoll miteinander umgeht.“ fasst die Projektleitung Prof. Dr. Beate Blättner die Schlussfolgerungen aus der Studie TeDaVi zusammen. „Es gibt international gut evaluierte Programme und gute Beispiele aus Deutschland, die aber verstetigt und bundesweit etabliert werden müssten. Die Maßnahmen sollten Jugendliche spätestens im Alter von etwa 14 Jahren erreichen, denn überwiegend wurden solche Erfahrungen erstmals in der 8. oder 9. Klasse gemacht. Peers könnten zentrale Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden.“

An der Studie beteiligt waren außerdem Dr. Petra Brzank (SOPHI Berlin), Katharina Liepe und Kristin Schultes (Hochschule Fulda).

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