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Erneuerbare Energie: Wie gut vertragen das die deutschen Tourismusregionen?

dialogforum_gesprächRhön. Zwei Tage lang beschäftigten sich Vertreter der Tourismusbranche, von Naturschutzorganisationen, Ferienregionen, Planungsbüros sowie der Energiewirtschaft und verschiedenen staatlichen Einrichtungen aus der ganzen Bundesrepublik mit dem Thema der erneuerbaren Energien in Tourismusregionen. Dazu hatte die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ins Rhön-Park Hotel in Hausen eingeladen. Die Tagung wurde vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Unterstützt wurde das Dialogforum vom Deutschen Tourismusverband e.V. und der Bayerischen Verwaltungsstelle des UNESCO- Biosphärenreservats Rhön.

„Erneuerbare Energien in Tourismusregionen – Chancen, Risiken und Grenzen“ lautete der genaue Titel des Dialogforums. „Wir haben in diesen beiden Tagen viel darüber diskutiert, in welcher Form eine Tourismusregion mit erneuerbaren Energien gut leben kann und wo erneuerbare Energie auch kontraproduktiv für den Tourismus sein kann, beispielsweise wenn Windräder das Landschaftsbild verändern“, sagte die stellvertretende Leiterin der Bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön, Dr. Doris Pokorny, die während des Treffens selbst an einem der angebotenen Workshops teilnahm.

Jede Region sei speziell und müsse das Thema erneuerbare Energien in ihr Nachhaltigkeitsbild integrieren; eine Schablone gebe es nicht. „Der Hintergrund dieser Veranstaltung war ganz klar die bundesweite Energiewende, die ja bereits längst begonnen hat, und auch wir als Biosphärenreservat Rhön und als Tourismusregion müssen diesbezüglich einen Weg finden, der nicht auf einen schlechten Kompromiss herausläuft, sondern mit dem alle leben können“, meinte Dr. Pokorny.

dialogforum_teilnehmerEs gehe in den kommenden Jahren darum, auch im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön länderübergreifend eine gute Balance zu schaffen – zwischen dem Anteil erneuerbarer Energien in ihren verschiedenen Formen, den Ansprüchen des Tourismus, den Erwartungen der Urlauber und der Aufgabe, die einmalige Kulturlandschaft der Rhön auch für zukünftige Generationen zu erhalten.  „Der Beitrag, den eine Region in puncto Erneuerbare Energien leisten kann, muss auf der Basis eines integrierten Gesamtkonzeptes für eine nachhaltige Entwicklung ermittelt werden. Die Fortschreibung des Rahmenkonzeptes für das Biosphärenreservat bietet hier eine wichtige länderübergreifende Grundlage.

Dabei muss beachtet werden, dass durch die erneuerbaren Energien – die grundsätzlich positiv zu sehen sind – die Qualität der Landschaft nicht kaputt gemacht wird. Denn die Landschaft der Rhön ist das Kapital für die Tourismuswirtschaft“, hob Dr. Doris Pokorny mit Blick auf das Thema der Tagung hervor. Bei der Bewertung von Nachhaltigkeit müsse berücksichtigt werden, ob eine Biogasanlage beispielsweise in einen gesamtbetrieblichen Stoffkreislauf integriert sei. Wenn  landwirtschaftliche Reststoffe samt Abwärme verwertet würden, sei das ein zukunftsfähiger Weg. Dagegen sei Biogas, auf der Basis von Mais, welcher großflächig und in enger Fruchtfolge vielleicht auch noch in hängigem Gelände angebaut würde, kein Beitrag zu einer wirklich nachhaltigen Entwicklung und habe zudem auf das Landschaftsbild negative Nebenwirkungen.

Einer der Teilnehmer am Dialogforum war auch der stellvertretende Leiter der Hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön, Martin Kremer. „Mir ist auf diesem Treffen klar geworden, dass wir unbedingt mehr in Richtung Energieeffizienz tun müssen“, sagte er. Gerade in den Hotel- und Pensionsbereichen der Region könne aus seiner Sicht viel Energie eingespart werden. Kremer nennt noch einen weiteren Aspekt, um den sich die ganze Rhön in den nächsten Monaten dringend kümmern muss: die geplante Höchstspannungstrasse von Mecklar nach Grafenrheinfeld, die erneuerbare Energie aus dem Norden in den Süden Deutschlands transportieren und die nach bisher vorliegenden Korridorplanungen durch die Rhön führen soll.

„Für dieses Thema gibt es momentan in der Rhön noch kein öffentliches Bewusstsein. Wir werden daher im Verein Natur- und Lebensraum Rhön eine entsprechende Position erarbeiten, und auch der Rhönklub sollte sich mit dieser Problematik intensiv beschäftigen“, regte Kremer an. Bereits im Frühjahr 2014 sollen bezüglich der Ferntrasse die Anhörungen laufen – viel Zeit bleibe der Region also nicht, um zu handeln. „Diese Ferntrasse wäre ohne Zweifel ein Eingriff in die Landschaft und könnte auch Auswirkungen auf den Tourismus haben“, gab Kremer zu bedenken.

Aus Sicht des stellvertretenden Leiters der Hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön werde es in Deutschland aller Wahrscheinlichkeit nach in Zukunft Regionen geben, die in punkto erneuerbarer Energie sehr intensiv genutzt werden, und solche, die eher einen Hauch von „heiler Landschaft“ besitzen. „Auch bei uns in der Rhön sollte technisch nicht alles realisiert werden, was möglich ist. Wir müssen uns fragen, wie viel Maisanbau lassen wir zu und wie viele Windkraftanlagen.“ Auf der anderen Seite könne für den ländlichen Raum durch die gesellschaftlich gewollte Energiewende auch ein Potential dahingehend entstehen, erneuerbare Energie zu erzeugen und diese an Ballungsräume zu verkaufen.

Die Landschaft sei das Gut, das die Touristiker als Erlebnis vermarkten, sagte zum Abschluss des Dialogforums Prof. Dr. Markus Reinke von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Auch hieraus begründe sich die Forderung einer  landschaftsverträglichen Umsetzung der Energiewende. Mögliche Ansätze für eine landschaftsverträgliche Produktion von Erneuerbaren Energien könnten auch darin bestehen, Gewerbegebiete mit schnellwachsender und regelmäßig genutzter Biomasse einzugrünen oder den Bereich von Autobahntrassen zur Bündelung von Leitungen zu nutzen, da dort ohnehin schon ein Eingriff in die Landschaft vorhanden sei. In einigen Regionen in Deutschland könnten erneuerbare Energien auch ein neues, wenn auch kleines Klientel an Touristen erschließen, beispielsweise beim Windmühlenklettern oder mit Solarbooten. Auch die touristische Nutzung von Pumpspeicherseen als Naherholungsgebiete sei eine Option.

Weiter hieß es, dass sich der Tourismus aktiver in die Planung größerer Projekte bezüglich erneuerbarer Energien einbringen müsse. Allerdings sei das auf lokaler Ebene oft schwierig, da das Personal knapp ist. Daher müsse das auf der regionalen Schiene bewältigt werden. Ganz wichtig sei es zudem, die Diskussionen um erneuerbare Energien zu versachlichen und einen ständigen Dialog zu führen. Emotionen und damit Polemik müssten außen vor gelassen werden. (Fotos: Carsten Kallenbach)

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