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Bewegender Abend in Heubach – Heller & Herrchen lasen aus „Adressat unbekannt“

uh_whHeubach. „Adressat unbekannt“: Eine ganz besondere Spannung herrschte in Heubachs ehemaliger Synagoge, als mit diesen Worten die Lesung des gleichnamigen Buchs zu Ende ging. Walter Heller und Uwe-Bernd Herchen hatten diesen unscheinbar dünnen Briefroman aus dem Jahr 1938 mit ihrem Vortrag auf beängstigende Weise real werden lassen.

Katherine Kressmann-Taylor schildert darin, wie Karrierismus, Anpassung und der Druck des beginnenden Nazi-Terrors eine Freundschaft in ihr Gegenteil verkehren. Und sie beschreibt einen subtilen, am Ende erfolgreichen Versuch der Gegenwehr des Juden Max Eisenstein. Denn dessen letzter Brief aus den USA an seinen früheren Freund Martin Schulse in München, der längst eng im Nazi-System-verstrickt ist, kommt mit dem Stempel „Adressat unbekannt“ zurück nach San Francisco. Genauso wie der letzte Brief von Max an seine Schwester, die als jüdische Schauspielerin in Deutschland ein Opfer der Nazi-Gewalt wurde und die im Park des Hauses des „Freundes“ Martin in München von SA-Schergen erschlagen wird.

Diesen zunächst ganz harmlos beginnenden, sich dann aber dramatisch entwickelnden Briefwechsel erweckten Heller und Herchen, mit verteilten Rollen lesend, zum Leben. Bedrückend real erfuhren die Zuhörer in der voll besetzten ehemaligen Synagoge, wie Menschen sich einander entfremden, wie man seine Menschlichkeit verlieren kann. Behutsam eingefügte Zwischenmusiken boten Gelegenheit, das Gehörte zu bedenken.

Ein klug gestaltetes Programmheft gab nicht nur Erläuterungen zu Kressmann-Taylors Buch, sondern stellte es auch in den Kontext zur mörderischen Ideologie des Nationalsozialismus. Die war auch akustisch präsent: Als bewusst brutaler Einstieg hatte die Aufnahme einer Hitler-Rede von 1939 den Abend eröffnet. Darin kündigte der Diktator „die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“ für den Fall eines neuen Krieges an. Auf den Tag 75 Jahre nach dieser Ansprache fand die Veranstaltung in Heubach statt.

Im Namen des Fördervereins der Heubacher Synagoge dankte Hartmut Zimmermann den Vortragenden für den bewegendenden Abend.

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