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„Kinder lernen heute anders“ – Erziehungswissenschaftler informiert über neues Lernen und Hirnforschung

Struck Foto 3Fulda. „Erzähle es mir, und ich vergesse. Zeige es mir, und ich erinnere. Lass es mich tun, und ich verstehe.“ Der chinesische Philosoph Konfuzius wusste bereits vor ca. 2500 Jahren, dass der Mensch durch praktisches Tun am besten lernt. Davon überzeugt ist auch der Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Peter Struck von der Universität Hamburg. Ausgehend von diesem Zitat erläuterte er vor zahlreichen interessierten Eltern und Pädagogen in der Richard-Müller-Schule Fulda, wie Erkenntnisse der Hirnforschung bei der Gestaltung des Lernens in der Schule umgesetzt werden können.

Über das große Interesse freuten sich die Schulleiterin der Richard-Müller-Schule Claudia Hümmler-Hille als Gastgeberin und Vorsitzende des Vereins „Zukunft Bildung Region Fulda e.V.“ sowie der Schulleiter der Florenbergschule Gerhard Renner. Die Fördervereine der Florenbergschule, der Richard-Müller-Schule sowie der Freiherr-vom-Stein-Schule hatten die Veranstaltung unterstützt.

Wenig Gutes ließ der populäre Erziehungswissenschaftler an der traditionellen Organisation des Lernens in vielen deutschen Schulen, da wichtige Erkenntnisse der Lernforschung nicht berücksichtigt würden. Um „Hirngerechtes Lernen“ ging es daher in seinem Vortrag, darum, dass Jungen anders lernen als Mädchen, Kinder anders als Jugendliche. Struck plädierte aus diesem Grund für eine Individualisierung und Rhythmisierung des Lernens, für jahrgangsübergreifende Lerngruppen, flexiblere Lernzeiten und Ganztagsschulen.

Struck Foto 2  (1)Ein Problem sieht der Experte auch in der Fächeraufteilung, die das vernetzte Denken behindern würde. „Wir müssen weniger Wissen und dafür mehr Können vermitteln“, sagte er. Handlungsorientiertes Lernen müsse daher an erster Stelle stehen: Lernen durch Ausprobieren, Aussprechen, Präsentieren, Rollenspiel und Bewegung.

Besonders prangerte Struck die deutsche „Beschämungskultur“ an: „Unsere Kinder erleben zu viele Niederlagen, die zu Lernblockaden führen.“ Dazu zählte er aber nicht nur schlechte Noten und Sitzenbleiben in der Schule, sondern auch Missstände im sozialen und familiären Umfeld. Notengebung empfiehlt er erst ab einem Alter von 14 Jahren. Die kurze Grundschulzeit von vier Jahren und die anschließende Aufgliederung des Schulsystems hält er für fatal. Struck mahnte auch einen veränderten Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern an. Das zur Selektion neigende Schulsystem vernachlässige oft Minder- und Hochbegabte gleichermaßen.

Ein Schwerpunkt des Vortrags lag auf den Herausforderungen, die sich durch die digitalen Medien stellten. Das „multimedial vernetzte Kinderzimmer“ führe dazu, dass Kinder heute ganz andere Hirnvernetzungen haben als früher. Deshalb lernen sie auf andere Weise. Durch Ausprobieren und Fehlermachen könne hervorragend gelernt werden, weshalb der Experte einen dosierten Umgang mit dem Computer ausdrücklich empfiehlt. Allerdings verschwieg er nicht die Gefahren der medialen Reizüberflutung: Heutige Kinder und Jugendliche, die sehr viel in der virtuellen Bildschirmwelt leben, könnten nicht mehr gut zuhören, seien stärker gefährdet durch emotionale Verluste, durch Bindungsunfähigkeit gegenüber Menschen und Werten.

Körperliche und künstlerische Aktivitäten seien daher weiterhin für die Entwicklung von Kindern enorm wichtig. Am Ende seiner dreistündigen Ausführungen ergriffen die Zuhörer/-innen die Gelegenheit, sich mit dem Experten über Erziehungsfragen auszutauschen. Bereits am Nachmittag hatten zahlreiche Lehrkräfte aus der Region das Angebot genutzt, sich im Rahmen einer Fortbildung über das Thema „Hirngerechtes Lernen“ zu informieren.

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