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Nordhang der Wasserkuppe ist seit 1997 Naturschutzgebiet – verbliebenes Radom erinnert an Teilung Europas

Mit Hilfe des verbliebenen Radoms, das seit 2008 Kulturdenkmal des Landes Hessen ist, fällt es leicht, die ökologisch, geschichtlich und einst auch militärisch bedeutsame Wasserkuppe von allen Richtungen aus sofort zu lokalisieren. Foto: Lange

Mit Hilfe des verbliebenen Radoms, das seit 2008 Kulturdenkmal des Landes Hessen ist, fällt es leicht, die ökologisch, geschichtlich und einst auch militärisch bedeutsame Wasserkuppe von allen Richtungen aus sofort zu lokalisieren. Foto: Lange

Wasserkuppe. Zu den jüngeren Naturschutzgebieten in der Rhön gehört das rund 15 Hektar große, nördlich von Gersfeld gelegene Naturschutzgebiet „Nordhang der Wasserkuppe“, das 1997 ausgewiesen wurde. Es handelt sich um einen unter Schutz gestellten Teilbereich der Wasserkuppe, die mit rund 950 Metern höchste Erhebung Hessens und der Rhön darstellt. Wegen des noch vorhandenen Radoms ist dieser Berg schon von weitem aus allen Richtungen leicht zu lokalisieren.

Was die Vegetation betrifft, so sind es vor allem Borstgrasrasen, Zwergstrauchheiden und Goldhaferwiesen, die heute das Plateau der Wasserkuppe kennzeichnen. Da in der hochmit-telalterlichen Kolonialphase (bis etwa 1350) auch die höchsten Lagen der Rhön besiedelt wurden, versuchte man hier Ackerbau zu betreiben. Durch die dazu erforderliche Rodung der Wälder wurde der ursprüngliche Waldbewuchs bis auf kleine Restbestände stark zurück-gedrängt. Obwohl die ackerbauliche Nutzung wegen des nur spärlichen Ertrags während der spätmittelalterlichen Wüstungsperiode schnell wieder aufgegeben wurde, konnte der Wald die betreffenden Areale nicht zurückerobern. Vielmehr wurden sie seit ungefähr 1500 von den umliegenden Dörfern als Weideland bzw. Heuwiesen genutzt. Dadurch entstanden aus-gedehnte, über Jahrhunderte einschürig gemähte oder extensiv beweidete, niedrigwüchsige Borstgrasrasen oder „Matten“, wie sie von den Einheimischen genannt werden.

Diese auf sauren Böden gedeihenden Rasen gelten hinsichtlich ihres floristischen Artenin-ventars europaweit als einmalig. Denn es vermischen sich hier Pflanzen der typischen Borstgrasrasen mit Arten der Kalkmagerrasen und zusätzlich mit Spezies der Goldhaferwie-sen. Das Vegetationsbild wird vervollständigt durch blumenreiche Heuwiesen, die als Storchschnabel-Goldhaferwiesen eingeordnet werden können, sowie durch die ehemals be-weideten, heute aber brachliegenden Flächen, die überwiegend mit Zwergsträuchern be-wachsen sind. Da die Vegetation im Bereich des Wasserkuppenmassivs eine Vielzahl von seltenen und gefährdeten Arten, wie Kugelige Teufelskralle, Arnika, Katzenpfötchen, Wie-sen-Leinblatt, Kreuzblümchen, Silberdistel oder Küchenschelle aufweist, handelt es sich um ausgesprochen schützenswerte Lebensräume.

Neben diesen botanischen und vegetationskundlichen Aspekten bietet die Wasserkuppe weitere interessante Facetten. Unter der Bezeichnung „Berg der Flieger“ ist sie als Geburts-stätte des modernen Segelflugs weit über die Grenzen Hessens bekannt und gilt heute als ein internationaler Treffpunkt für Flugsportler aller Art. Das berühmte, bereits 1923 in Erinne-rung an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Piloten errichtete Fliegerdenkmal ist ein bedeu-tender Anziehungs- und beliebter Aussichtspunkt für Touristen von nah und fern. Darüber hinaus war die höchste Erhebung der Rhön aus militärischer Sicht über viele Jahrzehnte hinweg von großem Interesse. Das verbliebene Radom ist Wahrzeichen und Mahnmal zu-gleich. Es erinnert noch heute an die Zeit der politischen Teilung Europas. Nur wenige Kilo-meter von hier entfernt verlief die Grenze zur ehemaligen DDR und im Innern der Radom-kuppeln wurde der Luftraum militärisch überwacht.

Seit der deutschen Wiedervereinigung ist die Wasserkuppe für die militärische Luftraum-überwachung jedoch bedeutungslos geworden. Mit dem Wandel von einer militärischen zur zivilen Nutzung der Gesamtanlage war auch eine Nutzungsänderung des Radoms verbun-den. Von den ehemals fünf Radomen gibt es heute nur noch eins, das gegenwärtig insbe-sondere von den Drachen- und Gleitschirmfliegern als Vereinsheim sowie für kulturelle Ver-anstaltungen genutzt. Ferner kann die Öffentlichkeit hier einiges über die Geschichte der Wasserkuppe erfahren. Eine begehbare Aussichtsplattform gewährt den zahlreichen Besu-chern zudem einen grenzenlosen Blick in das „Land der offenen Fernen“.

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