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Markierte Treppenstufen, veränderbare Schriftgrößen und „beinlose“ Tische: Trotz Seheinschränkungen im Alter selbstständig bleiben

Bonn/Berlin. Stolperfallen in Wohnung und Verkehr, Fahrpläne in Miniaturschrift, unleserliche Behördenformulare, eine nicht entzifferbare Tageszeitung – Senioren mit Sehbehinderungen stoßen in ihrem Alltag überall an Grenzen. Durch die schwindende Sehkraft fühlen sich die betroffenen Menschen häufig in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt, Rückzug und Isolation drohen. Wie ein altersgerechtes Wohnumfeld und veränderbare Schriftgrößen in Informationsmedien helfen können, Sehbeeinträchtigungen auszugleichen, und welche Möglichkeiten es darüber hinaus gibt, sehbehinderten Seniorinnen und Senioren möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben im vertrauten Umfeld zu ermöglichen, diskutieren Professor Dr. Ursula Lehr, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) und ehemalige Bundesministerin sowie weitere Experten auf einer Pressekonferenz am 27. Juni 2014 im Rahmen der Fachtagung „Sehen im Alter“ in Bonn.

„Sehen ist ein Tor zur Welt“, sagt die BAGSO-Vorsitzende. „Wir müssen deshalb alles tun, damit auch sehbehinderte und blinde Menschen voll am Leben teilhaben können.“ Rasche Hilfe tut hier Not, denn Deutschland altert im Eiltempo: Im Jahr 2010 lag die Zahl von Menschen mit 65 Jahren und älter bei 16,8 Millionen, Hochrechnungen zufolge leben im Jahr 2030 hierzulande etwa 22,4 Millionen. Entsprechend rechnen Experten mit einem starken Anstieg altersbedingter Augenerkrankungen und Sehstörungen.

In behindertengerecht ausgestatteten Wohnungen bleibt die Selbstständigkeit der Bewohner länger erhalten, das zeigen Studien. „Gebäudenormen müssen deshalb systematisch überprüft und das Einrichtungsdesign an die geänderten Bedürfnisse angepasst werden“, fordert die ehemalige Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Ursula Lehr. So helfen beispielsweise Tische mit einem Zentralfuß statt vier Beinen, Stürze zu vermeiden. Aber auch im Wohnumfeld sieht sie Verbesserungsbedarf: „Markierte erste und letzte Treppenstufen beugen Unfällen vor, ebenso Handläufe auf beiden Seiten der Stufen“, betont die Expertin.

Um lesbar zu sein, müsse die Schrift auf Straßennamen, Hausnummern und Verkehrsschildern kontrastreich und ausreichend groß sein. Dies gelte auch für jedwede Lesemedien im Alltag von Senioren, gleich ob Überweisungsformular, Internetseite oder Erläuterungstext zu einem Kunstwerk im Museum. „Schriftgröße, Zeilenabstände und Kontraste“ müssen stimmen, so Professor Lehr. Wie genau Schriften konzipiert sein müssen, um auch für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen lesbar zu bleiben, erklärt die vom DBSV herausgegebene Broschüre „Klartext“.

Die Verbesserungsmaßnahmen sollten durchdacht sein und jeweils die gesamte Anwendung umfassen, fordern die Experten. Denn immer wieder, so berichtet die Alternswissenschaftlerin, scheitere die Nutzung sogenannter altersgerechter Assistenzsysteme (AAL) daran, dass die Beschriftung zu klein beziehungsweise zu undeutlich ist. Was Gesellschaft und Politik tun können, damit Vorsorgeangebote, neue Therapien und individuell abgestimmte Hilfen zukünftig besser beim Patienten ankommen und welche Vorteile eine Vernetzung aller mit dem Thema Befassten bringen kann, ist Gegenstand der Pressekonferenz am 27. Juni in Bonn zur DBSV-Fachtagung „Sehen im Alter“.

Die Fachtagung des DBSV „Sehen im Alter: Neue Herausforderungen – gemeinsame Antworten“findet in Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) und mit Unterstützung von Aktion Mensch, Bayer HealthCare und der Stiftung Auge statt. Ausführliche Informationen finden Sie auf der Internet-Seite des DBSV: www.sehenimalter.org

Die Broschüre „Klartext“ ist abrufbar unter: www.dbsv.org/fileadmin/publikationen/20_265_Testwarenkorb/DBSV_Klartext.pdf

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